Tränen aus Gold
dieses Hansekapitäns zu verwenden. Ich bin der Meinung, daß dieser Mann Eurer Fürsprache nicht wert ist.«
»Wenn es unter einigen Hansemitgliedern Verschwörer gab, so heißt das nicht, daß alle Kaufleute und Kapitäne beteiligt sind.« Elise versuchte an den Gerechtigkeitssinn Walsinghams zu appellieren. »Kapitän von Reijn half uns bei der Flucht aus Lübeck, als Karl Hillert und die Hanse uns nach dem Leben trachteten. Er war den Engländern ein guter Freund. Würde ich zulassen, daß man ihn hinrichtet oder in Newgate dahinsiechen läßt, ohne daß ich mich für ihn einsetze, dann verlöre ich jegliche Achtung vor mir selbst. Daß ich an Bord seines Schiffes war, ist der einzige Grund, warum Captain Sinclair ihn festnahm und sein Schiff beschlagnahmte. Vergebt mir, Sir Francis, ich kann nicht umhin, für ihn einzutreten, denn ich bin überzeugt, daß Kapitän von Reijn zu Unrecht festgehalten wird.«
»Vielleicht kann der Mann, der im Vorzimmer wartet, den Fall aufklären. Ich bin sicher, meine Liebe, Ihr kennt ihn gut und seid erleichtert zu sehen, daß er am Leben ist.« Walsingham wandte sich an Elizabeth. »Majestät, der Gentleman bittet um Erlaubnis, vor Euch treten zu dürfen. Ich war der Meinung, Ihr würdet ihn unter vier Augen eher empfangen… und über sein Schicksal entscheiden…«
»Soso! Der Schurke wagt es zurückzukommen, seinen Nacken unter meine Klinge zu beugen und mein Urteil zu erwarten… oder erwartet er am Ende von mir Pardon?« Sie machte eine gebieterische Handbewegung. »Lasst den Kerl eintreten, damit ich ihn um Gnade flehen höre!«
Sir Francis verbeugte sich schwungvoll und ging an die Tür, öffnete sie und kündigte beiseite tretend an: »Der Marquis von Bradbury, Euer Majestät!«
Elises Herz drohte zu zerspringen. Außer sich vor Freude und gleichzeitig in banger Erwartung tat sie ein paar stockende Schritte auf die Tür zu; als sie aber rasch näher kommende Schritte hörte, hielt sie inne, damit die Königin nicht Anstoß an ihrer Begrüßung nähme. Tatsächlich war die Angst der einzige Grund, der sie daran hinderte, sich ihrem Gemahl beim Eintreten in die Arme zu werfen. Er trug eine schwarze Pluderhose, Strümpfe, niedrige Schuhe und ein Samtwams. Seine dunkle Kleidung wurde durch weiße Manschetten und eine weiße Halskrause aufgelockert. Seine Schultern waren in ein schwarzes Cape gehüllt, das an Kragen und Saum mit Silberfäden bestickt war. Seine Haut schimmerte goldbraun und verlieh seinen Augen noch mehr Lebendigkeit. Gleich nach dem Eintreten fiel Maxims Blick auf Elise, so daß er erstaunt innehielt. Obwohl kein Wort über seine Lippen kam, fühlte sie sich sofort von der Wärme seines Blickes umfangen.
Maxim, der seine Fassung gleich wiedergewann, wandte sich an die Königin. »Euer Majestät!« Klar klang seine Stimme durch den Raum, als er eine Verbeugung vollführte.
Die Monarchin, die nervös mit den Fingern auf der Armlehne trommelte, zog ihre dünnen Brauen zusammen. Nur einem Blinden wäre der Blickwechsel des Paares entgangen. Obgleich Elizabeths die tiefe und wahre Bedeutung nicht erfassen konnte, blieb der Vorfall in ihrem Gedächtnis haften. Eine Erklärung wollte sie zu einem späteren Zeitpunkt suchen. Im Moment hatte sie mit diesem Mann andere, viel wichtigere Dinge zu besprechen. »Seht an, mögt Ihr auch ein Schurke sein, so seid Ihr doch zurückgekehrt wie versprochen!«
»Sehr wohl, Majestät, und mit guter Nachricht. Ich konnte den Anstifter der Verschwörung gegen Euch von Lübeck weglocken. Karl Hillert befindet sich im Kerker von Newgate und erwartet Euren Urteilsspruch.«
»Hat er den Mord an meinem Spitzel gestanden?« fragte Elizabeth erwartungsvoll.
»Nein, Euer Majestät, auch ist er nicht derjenige, der ihn beging«, wehrte Maxim ab. »Der Mörder ist ein Engländer, dessen Name mir unbekannt ist. Liebhaber einer Eurer Hofdamen.«
»Was zum Teufel redet Ihr da?« rief die Königin aus. »Nun, wir werden uns anhören, was meine Damen dazu zu sagen haben. Ich kann ein so ruchloses Verhalten unter meinem Gefolge nicht dulden.«
»Wir finden den Mann«, versprach Walsingham. »Und wir werden ihn in Ketten legen.«
»Leider ist es derselbe, der Sir Ramsey gefangen hält«, eröffnete Maxim ihnen.
»Dann müssen wir mit größerer Vorsicht vorgehen.« Elizabeth stützte ihr Kinn auf zwei schlanke Finger, den Blick direkt auf Maxim gerichtet. »Was schlagt Ihr vor?«
»Wenn Ihr Eure Damen zur Rede stellt, Majestät, so
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