Tränen aus Gold
Königin duldete nicht, daß man sie mit Ausflüchten bei der Zurechtweisung dieses Mannes unterbrach. »Erklärt Euch.«
»Ich habe Angehörige, die sich den Schatz meines Vaters aneignen wollen«, erklärte Elise. »Ich konnte ihnen entkommen, nachdem ich endlosen Verhören und Schikanen ausgesetzt war. Hätten mich Lord Seymours Leute nicht entführt, so hätte meine Tante Cassandra mich sicher wieder in ihre Gewalt gebracht, um das Versteck meines Vaters zu erpressen.«
»Eine Missetat entschuldigt keine zweite«, gab Elizabeth zurück. »Lord Seymour unternahm keinen Versuch, Euch wieder nach Hause zu bringen oder Eure Ehre wiederherzustellen.«
»Im Gegenteil, Euer Majestät, genau dies hat er getan«, erwiderte Elise mit unsicherer Stimme, wohl wissend, daß sie das Wohlwollen der Königin auf eine harte Probe stellte. »Er bot mir mit seinem Namen Ehre und Schutz und setzte wiederholt sein Leben für mich aufs Spiel. Ich jedenfalls schätze mich glücklich, daß mich seine Diener verwechselten, und sehe in meiner Entführung eine göttliche Fügung.«
»Pah! Törichtes Frauenzimmer, Ihr seid verliebt in diesen Spitzbuben und werdet zu seiner Verteidigung alles mögliche vorbringen«, tat Elizabeth ihre Worte ab. Gleich darauf wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Maxim zu, als dieser das Mädchen mit einem zärtlichen Blick bedachte. Die Arme auf die Sessellehnen stützend, fragte Elizabeth mit Nachdruck: »Bradbury, was bedeutet Euch das Mädchen?«
Verwirrt sah Maxim die Monarchin an und bestätigte, was Elise angedeutet hatte. »Majestät, sie ist meine Gemahlin.«
»Ihr habt Euch ohne meine Erlaubnis vermählt?« bohrte die Monarchin weiter. »Was empfindet Ihr für sie?«
»Ich liebe sie«, gestand er verhalten.
Walsingham schickte einen flehenden Blick zum Himmel und hörte im Geiste schon die Totenglocken für Maxim läuten.
»Liebe!« sagte Elizabeth verächtlich. »Was wisst Ihr schon von Liebe? Jetzt betet Ihr die eine an und im nächsten Augenblick schon die andere. Unvermählt wart Ihr mir lieber.«
Walsingham verbarg nur mit Mühe ein Lächeln. Es war allgemein bekannt, daß Elizabeth sich lange Zeit die Aufmerksamkeiten mancher Kavaliere ihres Hofstaates sehr gern hatte gefallen lassen. Auch in vorgerückten Jahren hatte sie sich ein Auge für gutaussehende Männer wie Seymour bewahrt und sah es nicht gern, wenn einer sich Ehefesseln anlegen ließ.
»Daß ich mein Leben in Eurem Dienst wiederholt aufs Spiel gesetzt habe, Euer Majestät, ist doch wohl ausreichender Beweis für die Liebe und Hochachtung, die ich Euch entgegenbringe«, sagte Maxim beherzt, als er sah, daß die Königin den Blick grübelnd gesenkt hielt. »Und wenn ich unter Einsatz meines Lebens dafür sorgte, daß Elise vor denen sicher ist, die ihr übel wollen, beweist es nicht meine Hingabe an sie?«
»Ihr habt mir treu gedient«, räumte Elizabeth ein. »Und die Vorstellung, daß Ihr zum Verräter geworden sein solltet, war für mich sehr schmerzlich.« Sie seufzte und gab sich geschlagen. »Ich mache meinen Erlass rückgängig, Bradbury. Daher sollt Ihr Titel und Besitz wiederbekommen. Geht jetzt mit meinem Segen.«
Elise stieß einen Freudenschrei aus und wäre Maxim am liebsten gleich um den Hals gefallen, doch als sie ihn zögern sah, wußte sie, daß noch nicht alles ausgestanden war. Der Wagemut ihres Gatten ließ ihr Herz zittern, denn er blieb abwartend stehen, als die Königin sich ermattet in ihrem hohen Sessel zurücklehnte. Sie schloß die Augen und strich sich über die Schläfen.
»Nun? Was wollt Ihr noch? Habe ich Euch nicht genug gewahrt?« fragte sie, da Maxim keine Anstalten machte zu gehen.
»Euer Majestät, was wird aus Kapitän von Reijn?« sagte er leise.
In ihren Augen blitzte es kurz auf, dann besänftigte sie sich und lachte plötzlich. »Wenn das bekannt wird, dann ist es um meinen Ruf, stets weise Entscheidungen zu treffen, geschehen. Eure Hartnäckigkeit soll belohnt werden, Bradbury. Ich begnadige Euren Freund und gebe ihm Schiff und Ladung zurück. Und jetzt entfernt Euch. Ich bin müde.«
29
Atemlos flehte Elise ihn, von heftigen Lachanfällen unterbrochen, an, vorsichtiger zu sein, als Maxim sie im Laufschritt über die weitläufigen gepflegten Rasenflächen von Whitehall zog. Am Fluss angekommen, wurden sie von Fitch und Spence empfangen, die vor Freude und Erleichterung über seine Rückkehr nicht an sich halten konnten. Kaum hatte Maxim sich ihrer Begrüßung entzogen, nahm
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