Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)
trotz aller Unterschiede verbindet die
unterschiedlichen Pole von Stadt und Land seit Urgedenken der Glaube an den
Buddhismus. So kommt es, dass Geisterhäuschen auf den Hochhausdächern von
verspiegelten Finanzgebäuden errichtet wurden und heilige Bäume den Verlauf von
Straßen bestimmen.«
Amy verflocht ihre Finger mit
Michaels und beugte sich näher an seinen Körper. Als sie ihm ins Ohr flüsterte,
spürte er ihren sanften Atem an seinem Hals, was ihn erschauern ließ.
»Ich freue mich darauf, das alles
mit dir zusammen zu entdecken.« Verschwörerisch streifte dabei ihre Hand kurz
über seinen Oberschenkel und Michael zog scharf die Luft ein.
»Mein Liebling, ich verspreche
dir, dass ich dich heute Nacht sehr lange und sehr ausführlich lieben werde.«
Die letzten Worte kamen leise, fast lautlos über seine Lippen. Als er ihrem
verdunkelten, smaragdgrünen Blick begegnete, fühlte er an seiner Hand Amys
schnellen Puls.
Unterdessen waren sie auf dem
äußeren Hof angelangt. Von hier aus bot sich ihnen ein herrliches Panorama des
Wat Phra Keo, der sich mit seinen vergoldeten Chedi und den aufragenden Prangs
hinter einer hohen weißen Mauer erhob. Kurz darauf erreichten sie das Doppeltor
zum Palast. Khrojing führte sie an einem mit Prunk überladenden Tempellabyrinth
vorbei, das eines der prächtigsten Architektur-Ensembles der Welt war. Neben den
vier Denkmälern der Chakri-Könige erhob sich das Wahrzeichen des Wat Phra Keo –
der Goldene Chedi - am westlichen Ende des Ganges.
Auf einem runden Postament mit
vier Eingangspforten sitzt eine umgestülpte Glocke, die an ihrem Ende einen
spitz zulaufenden Helm trägt. Der vergoldete Turm ist der höchste im ganzen
Tempel und erstrahlte an diesem Nachmittag im überirdischen Glanz durch die
Abertausenden vergoldeten Fayencen, die ihn bedeckten.
Hinter den verborgenen vier
Türen, die normalerweise für die Öffentlichkeit verschlossen waren, führte der
Mönch sie zu dem schwarzen, inneren Chedi, in dem sich die Reliquie Buddhas
befand. Vor den Türen, vor den Füßen der Altäre und Statuen spürten Amy und
Michael den tiefen Glauben der Bevölkerung.
Denn überall sahen sie
Räucherstäbchen, Speisen und Blumen, die Gläubige dort niedergelegt hatten.
Khrojing erklärte ihnen in seiner singenden Sprache, dass sie sich jetzt
rechterhand dem Allerheiligsten näherten. Das größte Heiligtum des Landes - dem
Smaragd-Buddha. Das Äußere war mit verschwenderischer Pracht ausgestattet. Die
Fenster und Türrahmen waren aus blau-goldenem Stuck und mit bunten Glasmosaiken
verziert.
Unter den verschnörkelten
Giebelfenstern war der Hindugott Vishnu mit seinem Reittier Garuda dargestellt.
Glänzende Perlmutt-Intarsien schmückten den Treppenaufgang, der je von zwei
Naga-Schlangen eingefasst war.
Am Eingang zogen sie ihre Schuhe
aus und betraten andächtig das hallenartige Bot. Dann bedeutete Khrojing ihnen
sich hinzusetzen und flüsterte ihnen leise zu, darauf zu achten, dass ihre
Fußsohlen nicht dem Buddha-Bildnis zugewandt waren.
Ihre Blicke wurden fast magisch
von dem grünen Smaragd-Buddha angezogen, der auf einem vergoldeten hohen Sockel
unter einem seidenen Baldachin thronte. Um ihn herum standen zehn bronzene und
ein silberner Buddha, um ihn zu beschützen. Leise erklärte Khrojing ihnen, dass
es drei Gewänder für die heiligste aller Statuen gab.
Entsprechend der Jahreszeit wird
das Gewand vom König persönlich gewechselt. Im März ist es von goldglänzender
Farbe. Für die Regenzeit ab Juli wird es gegen ein Gewand aus blau-kristallenem
Gepräge ausgewechselt.
Und ab November erhält der
Smaragd-Buddha dann ein weiß-kristallenes Gewand.
Noch lange blieben sie versunken
in dem stillen Tempel sitzen. Irgendwann stand der alte Mönch langsam auf. Mit
gütigen Augen sah er sie lange an.
»Ich spüre eine ganz besondere
Seelenverbundenheit zwischen euch, die nur wenigen Auserwählten beschieden ist.
Buddha ist bei euch und wird euch immer beschützen.« Dankend verbeugten sie sich
vor dem heiligen Mann.
Als sie auf den Ausgang zugingen,
sah Michael ihr ergriffenes, geliebtes Gesicht. Und auch er hatte Mühe seine
Beherrschung wiederzufinden.
Rendezvous mit einer Hexe
S ébastien trat aus der
Fledermaus-Höhle ins Sonnenlicht hinaus und entfernte die Ohrstöpsel mit einem
Plopp. Nur widerwillig folgte er Michaels Anweisungen. Aber er war rangmäßig
höher gestellt und das musste
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