Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)
geben kann. Ich kann dir nur meinen Körper anbieten und dir
sinnliche Freuden schenken. Aber ich kann dir keine Liebe vortäuschen. Außerdem
reise ich bald wieder ab und du hast dein Leben hier auf der Insel.«
Sébastien hasste sich dafür, ihr
wehzutun, aber seine Angst vor einer erneuten Enttäuschung saß einfach zu tief.
Schmerzgepeinigt berührte er seine Narbe und blickte stumm auf das aufschäumende
Meer.
»Du bist ein verdammter Idiot,
der Angst vor dem wirklichen Leben hat«, schrie sie ihm zu. »Ich würde Koh Lanta
jederzeit verlassen, um woanders zu leben. Denn mein Herz ist da zuhause, wo die
Liebe ist - und nicht wo die schönsten Palmen wachsen.«
Zutiefst enttäuscht stand sie auf
und lief durch den sintflutartigen Regen. Sie musste ihren Körper hart gegen den
Wind stemmen, um gegen den entgegenkommenden Sturm vorwärts zu kommen.
Sebastien blickte ihr einsam
hinterher. Es war das erste Mal, dass er sie fluchen gehört hatte.
Die Erkenntnis
A m nächsten Morgen kam
Sébastien zum ersten Mal unrasiert zum gemeinsamen Frühstück. Calda warf ihm
einen verwunderten Blick zu, aber ein Wink von Milton sagte ihr, keinen
Kommentar abzugeben. Als die Rezeptionistin anklopfte und ein Telefonat aus
Bangkok anmeldete, stand er wie unter Strom auf und stürzte zur Rezeption.
Endlich war es Michael durch eine
größere Geldsumme gelungen, den zuständigen Beamten zu bestechen und so an die
Geburtsakten und Sterbefälle der letzen 400 Jahre seit Bestehen der
Aufzeichnungen auf Koh Lanta zu kommen.
»Es wird einige Tage Zeit
brauchen, um sich durch die dicken Aktenberge zu wühlen«, teilte Michael ihm
mit. Aber er war guter Hoffnung.
Als Sébastien vom dem Telefonat
zurückkam und die Ergebnisse von Michaels Recherchen berichtete, nickte Milton
ihm dankend zu. Plötzlich schlich sich ein Gedanke durch Sébastiens Inneres und
eine Vision erwachte. Unbewusst hatte er es schon lange gespürt, dass es mehr
als nur ein Täter war und Michael Informationen hatten ihn soeben in seiner
Intuition noch bestätigt.
Hastig begab er sich nochmals an
die Rezeption des Resorts und klopfte stürmisch an Malees Bürotür.
»Ich möchte«, sagte er, als er
den Raum betrat, »dass Sie alle verfügbaren Personen, zu denen Sie vollstes
Vertrauen haben, losschicken. Sie sollen herausfinden, wo sich alle
Inseleinwohner an einem Mittwoch, den elften Tag eines jeden Monats und an einem
Freitag, dem sechsten Tag im Monat, aufgehalten haben. Nur die letzen letzten 24
Monate, seitdem die Morde mit den Männern anfingen, sind für uns relevant.
Vielleicht erinnert sich irgendjemand an einen Mord in seinem näheren Umfeld.
Oder im Zusammenhang mit einer Kindstötung. Auch wenn es niemals offiziell
gemeldet wurde. Die Nachbarn wissen vielleicht irgendwas und haben entweder aus
Angst oder aus Mitleid gegenüber den Müttern geschwiegen.«
Müde fuhr er sich übers Gesicht
und fügte aus einem Instinkt heraus hinzu: »Malee, ich weiß, dass ich jetzt viel
von Ihnen verlange. Aber ich möchte außerdem, dass Sie die Anwesenheitslisten
aller hier im Resort arbeitenden Angestellten durchgehen und uns sagen, wer an
den bestimmten Tagen nicht zur Arbeit erschienen ist.«
Dimension der Emotionen
S ie waren alle im Büro der
Hoteldirektorin versammelt. »Haben Sie schon etwas herausgefunden?«, fragte
Milton angespannt. Malee schüttelte den Kopf und blickte von dem großen Buch
auf.
»Wissen Sie, wir sind ein
saisonales Hotel. Wir haben ständig wechselndes Personal und auch viele
Praktikanten, die von den umliegenden Inseln kommen. Diese sind teilweise nur
für wenige Wochen bei uns im Hotel, um Erfahrungen zu sammeln. Es gibt also
nicht so etwas wie ein Stammpersonal. Dann wäre es um ein Vielfaches leichter
herauszufinden, wer an diesen bestimmten Tagen anwesend war und wer nicht. Und
außer dem Hotelpersonal kommen noch die Angestellten der verschiedenen Shops
dazu. Sie zahlen Miete hier und sind selbstständig. Das sind dann nochmal sieben
Bücher, in denen sie ihre eigenen Anwesenheitslisten separat vermerkt haben.«
Seufzend setzte sie wieder ihre Brille auf und studierte weiter die Liste der
Mitarbeiter.
Jai setzte sich zu ihr auf die
Tischkante und schob nachdenklich seine Lippe hoch.
»Und außerdem wissen wir nicht
mit Bestimmtheit, dass es ein Hotelangestellter ist. Ich tippe ja immer noch auf
die Legende.«
Milton zuckte die Schultern und
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