Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
Tempel der Gezeiten.
Der Stammsitz der Dogianer, dem weisen Rat dieser vier
Welten. Nur
ihre spirituellen Kräfte und ihr Urteil waren das Maß aller
Dinge an diesem
Ort.
Ihr Wort war das heilige und oberste Gesetzt.
Eingebettet in die Felsformation und herausgearbeitet
aus einem
einzigen gewaltigen Berg aus rotglühenden Sandstein. Das Dach
wurde getragen
von zwölf Säulen.
Jede einzelne Säule stellte ein aus dunklen Ebenholz gefertigtes Totemtier dar.
Eines für jeden Geburtsmonat.
Detailgetreu und filigran von Hand geschnitzt.
Der rechte Eingang wurde eingerahmt von dem Totem des
Falken, der im
weltlichen Horoskop den Widder darstellte. Auf der linken Seite
wachte das
hölzerne Totem des Braunbären, der die Jungfrau symbolisierte.
Hohe steinerne Stufen führten hinauf zum Tempeleingang.
Im Vorhof plätscherte leise das Thermalwasser aus den
unzähligen
Wandbrunnen.
Es lief in kleinen, glitzernden Kaskaden zurück in die
Bodenkanäle und
floss so aus den Tempel heraus und wieder hinein.
So wie der immer wiederkehrende Kreislauf der Natur,
dem Sinnbild
aller Indianer.
Vom Vorhof aus gelangte man schließlich in den
gewaltigen Innenraum,
der hell erleuchtet wurde vom Schein der unzähligen Fackeln.
Die rostfarbenen Sandsteinwände waren kunstvoll
verziert mit
Petroglyphen.
Die indianischen Steinritzungen zeichneten Tiere,
Menschen,
Lebensabschnitte und die Natur auf eindrucksvolle und filigrane
Weise wieder.
Die magischen Felszeichnungen spiegelten sich in dem langen
Wasserlauf der
Kanäle.
Dicke und rustikale Holzbalken stützten die meterhohe
Decke die einem
Baldachin glich.
Abertausende winzig kleine Steinchen aus goldenen und
blauen
Glassplitt bedeckten die gewölbte und kuppelartige Decke. Wie
Diamanten
schimmerten sie im Feuerschein um die Wette. Sie stellten das
Firmament des
Himmels dar.
In der Mitte des Saales standen, im Halbkreis
aufgestellt,
neunundvierzig Säulen.
Sie alle verkörperten die Krafttiere des jeweiligen
Clans der
Geisterkrieger.
Aus Granit gemeißelt, unvergänglich und für die
Ewigkeit geschaffen.
Aus einer Nebenhöhle erklang jetzt das rhythmische
Geräusch der
Trommeln. Die Rasseln vermischten sich mit dem Echo der Grotten
zu den heiligen
und sakralen Gesängen.
Die Zeremonie begann.
Als erstes betrat der Eyanpaher, der Ausrufer und
Verkünder, den Saal
und trat in die Mitte.
»Die Versammlung ist eröffnet. Hier kommen die
Dogianer, der heilige
und weise Rat der Gezeiten. Die Herrscher der vier Welten und
die erhabenen
Hüter aller Lilien.«
Vier Männer, Indianer von stolzer hoher Gestalt,
alterslos und mit
schlohweißen langen Haaren betraten den Saal. Den langen
verschlungenen Stab
der Weisheit in der Hand, gingen sie nach vorne und setzten sich
auf die
langen, rechteckigen Steinquader in der alkovenartigen Anhöhe
des Saales.
Nun verkündete und begrüßte der Eyanpaher die anderen
Anwesenden.
»Milton Cheveyo und sein Sohn Michael, vom Stamm der
Lilydoga.«
Sie verbeugten sich respektvoll vor dem heiligen Rat und nahmen
dann ihren
angestammten Platz unter ihrer Säule des weißen Pumas ein.
Der nächste Clan war der der Agleska, der Eidechsen.
Der Vater von Suletu trat vor, ohne seinen Sohn Lanu.
Keine sagte oder fragte etwas, denn sie alle wussten
über das
Schicksal seines Sohnes Bescheid.
Es folgten die Stämme der Sunka, Sungila, der Wanblis,
Tatanka, Keya,
Maga Ksica und der Igmu Tanka.
Alle Clans wurden aufgerufen und begrüßt. Danach nahmen
sie alle unter
ihrer Säule des Krafttier-Totems Platz.
Schließlich erhob sich Tohu, der Älteste des weisen
Rates und begann
mit ausdrucksstarker und kraftvoller Stimme zu sprechen.
»Ya´at´eeh, ich begrüße euch meine Brüder.
Ich danke euch, dass ihr alle erschienen seid.
Denn wie ihr wisst, haben wir seit über einem Jahr mit
einem großen
Problem zu kämpfen. Blake Tohopka Atcitty vom Stamm der Kildaner
und die
Aussaat seiner zwölf Söhne. Wir haben euch heute gerufen weil
die Zeit nun
gekommen ist.
Denn er ist auf dem Weg um sein Ritual zu vollziehen.
In der ersten
Nacht des Vollmondes, vor dem Frühlingsanfang also in genau drei
Monaten, will
er die Macht des Bösen endgültig erlangen.
Damit will er uns besiegen und unsterblich werden. Wenn
er in dieser
Nacht zusammen mit seinen Söhnen, die Niere einer Jungfrau zu
sich
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