Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
noch am Nachbarbett.
»Und sie sind sich alle in ihrer Diagnose ganz sicher
und einig«,
fragte der Professor in die Runde. Amy sagte nichts aber die
anderen nickten,
am eifrigsten Robert.
»Dann beglückwünsche ich sie zu diesem falschen
Resultat. Wenn sie der
Patientin aufgrund dieser Diagnose zu einer Blinddarm Entfernung
geraten
hätten, dann erlebt die Dame den heutigen Tag mit Sicherheit
nicht mehr. Weil
damit ihre Beschwerden auf keinen Fall beseitigt wären .«
Betretene Gesichter schauten ihn erschrocken an.
Da Robert, wie Amy schon gleich in den ersten Tagen
bemerkt hatte,
einen Hang zur Überheblichkeit aufwies und auch seine
Fähigkeiten sehr oft
überschätzte traf ihn diese Aussage wie ein Schlag ins Gesicht.
Betreten blickte er zu Boden.
»Amy«, sagte der Professor, »kommen sie doch bitte
näher und stellen
sie mir ihre Diagnose vor. Woran denken sie leidet diese
Patientin«, fragte er
und musterte sie dabei wohlwollend.
Von allen neuen Anwärtern brillierte sie jedes Mal mit
ihrer richtigen
Einschätzung. Sie schien ein intuitives Gespür dafür zu haben.
Langsam und
vorsichtig begann sie mit der Untersuchung.
Nachdem sie auch den Lanz–Punkt abgetastet hatte,
wanderten ihre Hände
jedoch weiter runter.
Sie untersuchte den kompletten unteren Bauchbereich bis
in den Rücken
hinein und stellte der Frau verschiedene Fragen zum komplexen
Ablauf des
Schmerzes.
Danach schloss sie die Augen, ließ ihre Hände aber
sanft auf dem
Bauchnabel der Patientin liegen.
Ja, die innere Eingebung ihrer Vision sagte ihr
dasselbe wie ihr
praktisches Wissen es durch das äußerliche Abtasten auch
herausgefunden hatte.
Langsam öffnete sie die Augen. »Ich bin mir sicher,
dass die Patientin
an Divertikulitis leidet .«
Verblüfft über die Richtigkeit ihrer Aussage, fordertet
der Professor
sie auf: »Bitte erklären sie uns das Amy, wie sie zu dieser
Schlussfolgerung
gekommen sind .« Auch die anderen aus
der Gruppe,
einschließlich Robert, warfen ihr nun überraschte Blicke zu.
Keiner von ihnen hätte auch nur ansatzweise in Betracht
gezogen, dass
es sich hier um eine Darmerkrankung handelte.
Kurz und sachlich fasste sie ihre
Untersuchungsergebnisse zusammen.
»Der Lanz–Punkt war eine gute Idee meines Kollegen«,
sagte Amy, »aber
mit dem Stethoskop hörte ich mit einem Mal Darmgeräusche die
ganz untypisch für
eine ausbrechende Blinddarmentzündung sind und auch die leicht
ausstrahlenden
Schmerzen in der Rückengegend waren nicht typisch.
Die Austrocknung der Schleimhäute im Mund deutet auch
eher auf eine
komplikationsbehaftete Divertikelkrankheit des Darmes hin. Diese
Schmerzen
äußern sich sehr ähnlich wie ein Blinddarmdurchbruch aber sie
sind
Schleimhautausstülpungen im Muskelrücken der Darmwand.
Dafür steht auch der Druck- und Loslass-Schmerz, als
Zeichen einer
Bauchfellreizung. Was sowohl im rechten oder wie hier bei dieser
Patientin,
vermehrt im linken Unterbauch durchgebrochen ist .«
Wilson nickte zustimmend.
»Gut, sehr gut gemacht«, sagte er und begab sich
schwungvoll zum
nächsten Bett.
»Miss Alison. Sie werden von Monat zu Monat schöner,
wie machen sie
das nur ?«
Der Professor deutete einen Handkuss an. Alison
errötete mädchenhaft
und konterte dann: »Aber Herr Professor sie Charmeur, wenn ich
dreißig Jahre
jünger wäre, dann könnte ich mich sehr wahrscheinlich für sie
interessieren.
Aber so sind sie mir doch noch ein kleines bisschen zu jung und
zu unreif .«
Sie kicherte in ihr Kopfkissen und machte sich danach
bereit für die
sieben Untersuchungen die nun folgten.
Sie nannte diese Prozedur immer sehr salopp
„Arzt–Hopping“.
Diesmal gab es überhaupt keine eindeutige Diagnose.
Das Resultat der Studenten reichte von Arthrose,
Rheuma, Morbus
Bechterew bis hin zum Carpal–Tunnel–Syndrom.
Alle diese Ergebnisse hatte Alison schon so oft in
ihren jahrelangen
Krankenhausaufenthalten vernommen.
Jeder Assistenzarzt lag bis jetzt immer falsch. Sie
war, wie Wilson
auch, gespannt was für eine Theorie Amy zu bieten hatte.
Erwartungsvoll schaute
sie ihr in die Augen.
»Und Kindchen, was denken Sie über meinen immer noch
knackigen
Körper?«
Amy verbiss sich krampfhaft ein Lachen und trat
vorsichtig näher an
das Bett heran. Ihre Hände waren angenehm warm. Zart fast wie
ein Federhauch
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