Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
chemischen Weg
hergestellt sind, haben
eine viel festere Konsistenz. Darum ziehen sie meistens auch
sehr schnell ein.
Unsere Naturpasten sind bedeutend flüssiger. Die Wunde
wird so von
außen vollkommen mit den Wirkstoffen durchtränkt. Es ist darum
besser, wenn sie
bei John den Verband kreuzweise abwickeln. Dann läuft die
Heilpaste nicht so
schnell aus. Kommen sie zu mir, ich zeige es ihnen .«
Verwundert schaute Amy ihn an. Er schien mit einem Mal
eine gute
Minute zu haben.
»Jetzt probieren sie es selber aus .«
Er hatte die Hälfte des riesigen Verbandes kreuzförmig
gewickelt und
sie griff nun nach der noch verbliebenden Verbandsrolle. Dabei
berührten sich
ihre Finger kurz. Amy durchrann ein warmes Gefühl. Aber Michael
zuckte zusammen
und seufzte leicht gequält auf. Es klang fast wie ein leises
Jaulen und
unergründlich begegnete er ihrem Blick. Dann schloss er kurz
seine Augen und
drehte sich abrupt um. »Wenn sie mit John fertig sind Amy, dann
können sie für
heute Feierabend machen .«
Seine Stimme klirrte fast wie Eis in einem Glas.
Sprachlos starrte sie
ihm nach aber er hatte das Krankenzimmer schon verlassen.
Auf dem Weg zum Parkplatz überquerte sie die friedvolle
und
schattenspendende Krankenhausveranda. Dort stand Mahu und hängte
gerade frisch
gepflückte Blätter und bunte, gebundene Kräutersträuße zum
trocknen auf die
Wäscheleine.
Als sie Amy kommen sah, hielt sie inne. »Wie war dein
Tag heute, meine
Tochter«, fragte sie liebevoll.
»Gut, wenn man davon absieht mit welcher
herzerfrischenden Art ihr
Sohn mit mir umgeht- «, antwortete sie mit immer noch leicht
verdrossener
Stimme.
Verstehend nickte die alte Dame ihr zu.
»Gib ihm Zeit Amy, warte ab. Er meint es nicht so. Es
gibt immer für
alles eine Erklärung aber nur der Wartende wird belohnt .«
Mahu liebte es sie mit der indianischen Sprache und
deren vielen
Sprichworten vertraut zu machen. Schon wieder etwas
versöhnlicher, lächelte Amy
sie an. In dem Moment hielt ein großer, silberfarbener Tucson
vor dem
Eingangsportal. Vier Männer stiegen aus und Mahus Gesicht wurde
plötzlich sehr
ernst.
»Amy«, sagte sie, »darf ich sie mit meiner Familie
bekannt machen. Das
ist Milton, mein Mann .« Ein
wettergegerbtes,
tiefbraunes Gesicht mit schlohweißen Haaren und den gleichen
warmen und
eisblauen Augen wie Michael, blickten auf sie herunter. Er nahm
den Hut ab und
gab ihr die Hand.
»Hallo Amy. Meine Frau hat uns schon so viel von ihnen
erzählt .«
»Nur, dass sie so verteufelt hübsch ist, das hat Mutter
verschwiegen -
«, feigste ein etwa 18 jähriger, ebenso dunkelhäutiger Junge
neben ihm. Die
anderen zwei lachten und Mahu schüttelte tadelnd den Kopf.
»Leider hat meine Erziehung nicht bei allen die
gleichen Früchte
getragen«, sagte sie gutmütig lächelnd.
»Das hier ist Ben, mein jüngster Sohn und auch
gleichzeitig der vorlauteste.
Und das sind Frank, mein zweitjüngster und Taylor. Er ist nur
ein Jahr jünger
als Michael .«
Die Jungen verbeugten sich artig und dann kam Michael
auf die Veranda.
Mit einem Schlag wurden die Männer ernst.
»Michael«, sagte sein Vater mit sorgenvoller Miene, »es
ist soweit, es
beginnt…«
Dieser nickte ihm leicht zu, küsste seine Mutter auf
die Stirn und
bedachte Amy mit einen nicht zu deutenden, undurchdringlichen
Blick. Dann ging
er, mit seinem Vater und den Brüdern zusammen zum Wagen, der
sodann rasend
schnell vom Parkplatz fuhr.
»Was hat das zu bedeuten, Mahu ?« ratlos sah
sie dem schnell davonfahrenden Wagen nach.
»Gehe nach Hause, meine Tochter«, sagte diese mit
leiser Stimme. »Am
richtigen Ort und zu der bestimmten Zeit wirst du alles erfahren .«
Michael saß neben seinen Vater. Seine Brüder hatten auf
der Rückbank
Platz genommen. Erschöpft lehnte er sich in seinem Autositz
zurück und schloss
die Augen.
Er sah Amys traurigen, nicht verstehenden
Gesichtsausdruck wieder vor
sich als sie sich beim Verbandswechsel zufällig berührt hatten
und er sie so
abrupt zurückgewiesen hatte. Aber wann immer er sie ansah oder
gar berührte,
durchfuhr seinen Körper ein brennendes und alles loderndes
Feuer.
Alles an ihr war eine einzige mystische Macht, die ihn
wie von
unsichtbaren Fäden geleitet zu ihr zog. Schweigend blickte er
durch die
Windschutzscheibe und erinnerte
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