Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
dem Tisch lag und
auf seine
Obduktion wartete, würde es wohl nicht mehr stören. Die
Alkoholwolke würde ihn
nicht mehr umwehen und auch nicht mehr zum Leben erwecken. Ihr
fielen die Worte
ihres alten Doktorvaters in Montana wieder ein.
Nur mit einer Prise schwarzen Humor hält man die Arbeit
in der
Pathologie aus und bleibt dabei ein guter Arzt. Energisch zog
sie sich die
grüne Plastikschürze über und machte sich bereit um der
Pathologin zu
assistieren.
Cynthia setzte zielsicher ihr Skalpell an und gemeinsam
begannen sie
die Obduktion an dem Mann, der einem Herzanfall erlegen war. Es
war reine
Routinearbeit.
Als sie fertig waren, blickte die Ärztin sie aus den
Augenwinkeln an
und stellte beinahe wie zufällig ihre Frage. »Hast du eigentlich
schon mal
Doktor Atcitty bei einen seiner Operationen assistiert ?«
»Nein, ich bin immer Doktor Newell zugeteilt - warum ?«
»Weil ich glaube, dass mit ihm irgendetwas nicht
koscher ist«,
murmelte sie leise. »Ich habe in den letzten Monaten drei seiner
Patienten hier
auf meinem Tisch gehabt. Alle sind bei einfachen Operationen
gestorben.
Unerwartete Komplikationen hieß es jedes Mal lapidar.
Einmal Blinddarm, einmal eine Gallenentfernung und
einmal einen
Milzriss. Routineoperationen wenn du so willst. Aber jetzt
schaue dir das hier
mal an .« Sie ging zu dem riesigen,
stählernen Kühlhaus
und öffnete das mittlere Fach.
Amy folgte ihr langsam sah sie etwas ratlos an.
Cynthia fragte: »Wo setzt du den Operationsschnitt an,
wenn du die
Gallenblase erreichen willst oder den Appendix oder die Milz ?«
Abwartend und mit ernster Miene blickte sie hoch. Amy
begann daraufhin
zögerlich die jeweiligen Stellen mit dem Finger oberflächlich am
Körper des
Toten anzuzeigen.
Cynthia nickte und zog dann das grüne Tuch weg, so dass
sie den ganzen
Oberkörper des Toten sehen konnten. »Alle Körper, der bei den
Routineoperationen Verstorbenen, weisen frisch operierte Narben
im Bereich der
Nieren auf. Jeweils beide Nieren wurden bei allen diesen drei
Toten entfernt .«
Sprachlos starrte sie Cynthia an.
»Warum gehen sie nicht zur Klinikleitung? Warum tut er
das? Sie müssen
ihn doch aufhalten .«
Cynthia lacht laut auf.
»Du kennst doch den Arztkodex. Unter Kollegen hackt
keine Krähe der
anderen ein Auge aus.
Außerdem hat Blake Atcitty, nachdem ich ihn darauf
ansprach, absolut
selbstsicher gewirkt.
Er hat mir sofort die Einwilligungserklärung der
Patienten für eine
eventuelle Organspende, gezeigt.
Die Nieren sollten also als Spenderorgan entnommen
werden, sie waren
dann aber bei der Entnahme, angeblich doch nicht mehr
verwertbar. Komische
Sache, nicht wahr ?«
Nachdenklich zuckte sie mit den Schultern.
»Aber vielleicht waren es ja doch nur drei, aus welchen
Gründen auch
immer aufeinanderfolgende und fehlgeschlagene Eingriffe«,
murmelte sie vor sich
hin und schob die Kühlschublade wieder zu. Amy wusste nicht ob
es die Kälte des
offenen Kühlfaches war oder die kalte Beklemmung, die sie tief
in ihren Inneren
spürte. Fragend blickte sie Cynthia an. »Hatten alle drei
eigentlich
Familienangehörige oder waren sie alleinstehend ?«
Soweit ich weiß Kindchen, waren sie Mutterseelen
alleine. Auf jeden
Fall hat kein Angehöriger je nach ihnen gefragt .« Dann
drehte sie sich um und goss sich ein großes Glas Wasser ein.
Zu mindestens sah es wie Wasser aus…
Am Abend, zurück auf der Station, ging Amy gleich ins
Ärztezimmer.
Ihr blieb noch eine halbe Stunde bis zum ersehnten
Feierabend. Die
wollte sie nutzen, um ihren Arbeitsplan für die folgende Woche
zu studieren.
Die Tür öffnete sich wieder und Amy spürte sofort ohne sich
umzudrehen, wer es
war. Schweigend begann sie ihre Sachen zusammen zupacken. Er kam
näher heran
und blieb dann ganz dicht hinter ihr stehen.
»Amy«, sagte er, »wir sollten mit den Spielchen
aufhören. Sie fangen
an mich unsagbar zu langweilen .«
Langsam drehte sie sich zu ihm um. »Doktor Atcitty, ich
denke nicht,
dass ich sie auch nur in irgendeiner Weise zum Spielen ermuntert
habe. Nichts
liegt mir nämlich ferner als das .«
Er lachte bösartig auf. »Eines Tages werde ich deinen
Körper und noch
viel mehr von dir besitzen. Dann wirst du ganz und gar und tief
in mir drin
sein. Glaube mir, für immer und ewig. Denn wenn ich etwas will,
dann
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