Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
dem ersten Kiefernbaum auf der Lichtung wahr.
Mit der Hand über
den Augen suchte sie die Umgebung ab. Konnte aber nichts mehr
sehen oder
erkennen. Taylor hatte sie die ganze Zeit über beobachtet.
»Was hast du bemerkt, Amy ?«
»Ich dachte dass ich einen Schatten dort drüben, hinter
den Bäumen
wahrgenommen habe. Aber jetzt ich kann nichts mehr sehen«, sagte
sie
stirnrunzelnd.
»Deine Auffassungsgabe und dein Gespür sind wirklich
immer wieder
beeindruckend. Komm mit. Ich möchte dich mit Jemand bekannt
machen .«
Er nahm sie an die Hand und führte sie zu der
Waldlichtung. Zwischen
den Bäumen trat auf einmal eine junge Indianerin auf sie zu.
Groß und von der
grazilen Anmut einer edlen Katze stand sie vor ihnen und blickte
Amy offen an.
Ihre schulterlangen dunklen Haare fielen ihr lockig ins
Gesicht. Sie
schien sich viel im Freien aufzuhalten, wovon ihre fast
bronzefarbene Haut
zeugte.
Ihre grauen und aufmerksam blickenden Augen in dem
leicht burschikosen
Gesicht, betrachteten sie unbewegt. Amy schätzte sie auf
vielleicht zwanzig
Jahre. Fragend sah sie Taylor an.
Dieser strich dem jungen Mädchen fast zärtlich über die
Wange und
umarmte sie dann.
»Amy, ich möchte dir meine Freundin und zukünftige Frau
vorstellen.
Das ist Suletu und sie ist, wie auch unsere Familie eine
Auserwählte aus der
Welt der Gezeiten. Ich habe sie vor etwa eineinhalb Jahren
kennen gelernt.
Kannst du dich noch erinnern, als du damals im Hope–Center
angefangen hast und
Michael war die ersten drei Wochen nicht da ?«
Sie nickte bestätigend.
»Er war in diesen Tagen nach New Mexico gekommen um
mich zu retten, er
hat mich wieder zusammengeflickt und mich dann zurück gebracht.
Die Dogianer hatten Atcitty in New Mexico aufgespürt
und mich als
Vorhut dorthin geschickt. Bis sie mich erkannten und mich dann
sehr schwer
verletzt hatten. Sie haben mich damals ziemlich übel
zugerichtet. Wir sind zwar
unsterblich, aber auch unsere Wunden brauchen etwas Zeit, um zu
heilen. Bevor
Michael mich holen kam, kümmerten sich Suletu und ihr Clan um
meine
Verletzungen. Seitdem sind wir zusammen. Wenn das hier
irgendwann einmal
beendet sein wird, dann werden wir heiraten .«
Liebevoll lächelte er das Mädchen an und drehte er sich
dann etwas
verlegen von seinem ungewohnten Gefühlsausbruch, wieder zu Amy
um.
»Sie bleibt in den nächsten Tagen bei uns, um dich im
Klettern
auszubilden. Darin ist sie einsame Spitze. Warum, das wird sie
dir sicherlich
selber erzählen. Ich lass euch jetzt mal ein wenig alleine,
damit ihr euch ein
bisschen beschnuppern könnt«, mit diesen Worten tippte sich an
seinen Cowboyhut
und entfernte sich langsam.
Suletu streckte ihr die Hand zur Begrüßung hin. Amy
ergriff die
feingliedrigen Finger, die jedoch einen
außerordentlichen und sehr kraftvollen Griff hatten.
»Entschuldigung, ich vergesse immer wie viel Kraft in
meinem Körper
steckt«, lachte sie verlegen auf.
»Wenn du Lust hast dann lass uns ein wenig spazieren
gehen und uns
dabei gegenseitig ein wenig beschnuppern .«
Ganz selbstverständlich hackte sie sich bei Amy unter.
»Wir müssen uns kennenlernen, alles voneinander wissen,
um eine
vollkommende und ehrliche Vertrauensbasis schaffen zu können.
Nur wenn du mir
zu einhundert Prozent vertrauen kannst, nur dann wirst du deinem
Körper
gestatten, sich bedingungslos auf meine Kommandos einzulassen.
Wenn du das zulässt, dann kann ich dich leeren wie eine
Eidechse von
Baum zu Baum zu springen. Deinen Körper gegen die
Anziehungskraft der Erde zu
überwinden. Denn nur, wenn du mir mit deine Seele anvertraust,
nur dann kannst
du dich auch vollkommen fallenlassen .«
Gemächlich gingen sie im Schatten der Bäume spazieren.
Suletu kramte in
ihren Taschen, bis sie schließlich eine verbeulte
Zigarettenpackung zutage
förderte, setzte sich dann in das weiche Büffelgras und klopfte
mit der Hand
einladend neben sich.
»Komm Amy, lass uns ein bisschen ausruhen. Dein Tag
heute wird noch
hart genug werden. Stört es dich übrigens, wenn ich rauche ?«
»Nein, nicht hier im Freien.«
»Gut, es ist das einzige Laster, das ich nicht lassen
kann. Taylor
hasst es übrigens bis aufs Blut, darum vermeide ich es auch
immer in seiner
Gegenwart .«
Sie legte ihren Zeigefinger an die Lippen und zog dann
genüsslich den
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