Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
völlige Unordnung. Überall lagen Taue, Segel, Tauchgeräte, Säcke voll Zucker und Kisten voll Tee. An der Wand hingen Seekarten, an einer Kordel baumelte ein Aborigine-Brustschild aus Perlmutt. In einer Ecke stand noch ein Schreibtisch mit Stuhl. Dort füllte Ahmed gerade wasserdichte Kanister mit Currypulver und anderen exotischen Gewürzen, die den Raum mit wunderbaren Düften erfüllten.
    Olivia war sprachlos.
    Tyndall zog langsam die Füße vom Tisch und erhob sich. »Prägen Sie sich diesen Anblick gut ins Gedächtnis, Mrs. Hennessy. Dies ist der Grundstein eines Wirtschaftsimperiums. Können Sie schon den süßen Duft des Erfolgs riechen?« Er sprach mit übertriebener Feierlichkeit.
    »Wenn ich ehrlich bin, rieche ich nur Curry«, sagte Olivia und lächelte. »Was ist das hier alles?«
    »Partieware. Der Kerl, der uns das Boot verkauft hat, hatte für das ganze keine Verwendung mehr. Das ist Händlerschicksal. Ich habe es ihm heute morgen für ein Butterbrot und ein Ei abgekauft«, erklärte Tyndall vergnügt.
    »War dazu wieder eine Flasche Whisky erforderlich?« fragte Olivia spitz und hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen.
    Tyndall sah sie einen langen Moment schweigend an. Dann erwiderte er verstimmt: »Wenn Sie es genau wissen wollen, ja, so war es.«
    »Ich versuche nur dahinterzukommen, wie hier Geschäfte getätigt werden«, meinte Olivia leichthin. Es lag ihr viel daran, die Situation zu entschärfen, der sie sich nicht gewachsen fühlte. »Wer hat sich den Namen für die Firma ausgedacht? Er ist hübsch, aber vielleicht hätte ich auch einen Vorschlag zu machen gehabt.«
    Tyndall kochte innerlich. Er hatte gerade aufatmen wollen, weil sie das Thema gewechselt hatte, da verpaßte sie ihm den nächsten Schlag. Ruhig bleiben, sagte er sich. Noch nie hatte eine Frau ihn so durcheinandergebracht. »Es war meine Idee. Conrad hat es mir überlassen … Ich dachte nicht, daß Sie das interessiert, also habe ich nicht gefragt.«
    »Olivia …« unterbrach Conrad, doch Olivia überging ihn einfach. Sie fuhr fort, als hätte sie ihn nicht gehört.
    »Es interessiert mich sogar sehr, Kapitän Tyndall. Ich bin ebenfalls eine Partnerin in diesem Geschäft. Das war so mit meinem Mann besprochen. Er weiß, daß ich gerne beteiligt werden möchte, so unbedeutend mein Beitrag auch sein mag. Ich habe schließlich sonst kaum etwas, mit dem ich mich beschäftigen kann.«
    Tyndall verstand das als Anspielung auf den Verlust ihres Kindes. Aber er merkte auch, daß in der jungen Frau mehr steckte, als er gedacht hätte. Hinter ihrer Jugend verbarg sich eine ungeahnte Stärke, die nach Entfaltung drängte.
    Mit ruhiger Höflichkeit sagte er: »Verzeihen Sie mir. Es war gedankenlos.«
    Olivia gab sich versöhnlich. »Es ist ein hübscher Name. Ich hoffe, er bringt uns Glück.«
    »Wie war die Teegesellschaft?« fragte Conrad, bemüht, das Thema zu wechseln. Die direkte Art seiner Frau war ihm etwas peinlich. »Waren die Damen nett?«
    »Ja. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, in diesen Breiten die Anstandsregeln beachten zu müssen. Man erwartet von mir, in den nächsten Wochen allen Damen einen Besuch abzustatten. Das wird mir Gelegenheit geben, sie besser kennenzulernen. Auf jeden Fall scheinen sie sich alle zu freuen, mal wieder ausgiebig klatschen zu können.«
    »Und Sie müssen unbedingt einem Klub beitreten, Conrad. Es täte dem Geschäft gut und wäre auch für das gesellschaftliche Leben von Nutzen«, bemerkte Tyndall.
    Conrad nickte zustimmend. »Ja, der Richter schlug mir bereits die Freimaurer vor. Ich dachte mir, ich sollte vielleicht Mitglied im Kricketklub werden. Mir geht es dabei vor allem um den Sport. Ich habe lange keinen Kricketschläger mehr geschwungen.«
    »Sind Sie auch in einem Klub?« fragte Olivia Tyndall.
    »Ich hatte noch keine Gelegenheit dazu. Außerdem hält man mich hier immer noch für einen Herumtreiber. Aber wenn ich einmal zur Ruhe gekommen bin, werde ich bestimmt in einen Klub eintreten.«
    Er grinste. Olivia konnte sich kaum vorstellen, das es ihm ernst damit war, einem Klub der weißen Elite anzugehören. Soweit sie es beurteilen konnte, lebte Tyndall sein eigenes zurückgezogenes Leben. Er schien sich an Land nicht besonders wohl zu fühlen. Man hatte immer den Eindruck, er sei hier nur zu Besuch. Am glücklichsten war er auf See auf seinem Schoner.
    »Ich werde die Küste runtersegeln zu den Aborigines, die mir die Muschelbänke gezeigt haben. Wahrscheinlich heuere ich

Weitere Kostenlose Bücher