Traeum weiter Baby
flüssig vor sich hin geplätschert war, kapierte ich den Zusammenhang nicht sofort. Was sollte die Frage? Wollte er wissen, ob ich vorhatte, in den Klamotten ins Bett zu gehen? Sascha half mir auf die Sprünge.
»Warst du in den Klamotten aus?«
Ich nickte. Dachte er etwa, ich hatte mich im Treppenhaus umgezogen?
»Klar, in welchen denn sonst?«
Daß eine Unterhaltung schwachsinnig war, hatte Sascha noch nie gestört. Wahrscheinlich bemerkte er es nicht einmal.
»Hast du dich gut amüsiert«, fragte er dann mit sanfter Stimme, »ohne mich?«
Er lächelte die Wand oberhalb meines Kopfes an, bis ihm die Lider wieder schwer wurden.
»Es war ganz nett«, sagte ich zu seinen geschlossenen Augen.
Es sah so aus, als sei er diesmal zu kaputt, um sich aufzuregen, doch man konnte nie sicher sein, ob er sich nicht noch mal berappelte. Er konnte innerhalb von Sekunden von null auf hundert beschleunigen, denn seine Wut mußte irgendwie raus.
Diesmal wollte ich stark bleiben, keine Schwäche zeigen, die Wut einfach an mir abprallen lassen. Vielleicht flog sie dann ja wie ein Bumerang zu ihm zurück.
»Es war bestimmt besonders nett, weil ich nicht dabei war!«
Die Wut war noch da. Brodelnde Lava, die sich durch das Gestein frißt. Der Berg explodiert, die Lava ergießt sich über die umliegenden Dörfer und begräbt sie unter sich. Nachdem sich der Staub gelegt hat, sieht man nichts als schwarze Krusten. Verbrannte Erde.
»War Matthias auch da?« Sascha drückte meinen Arm jetzt fester.
Mein Herz raste, und es dröhnte so laut in meinen Ohren, |42| daß ich an nichts denken konnte. Ich fühlte nur den Schmerz in meinem Arm.
»Sascha, laß mich los!«
Er reagierte nicht. Ich wußte, daß er nicht von mir ablassen würde, bis ich etwas sagte, das ihm als Zündstoff für seine Wut diente, so daß sie explodierte und er von ihr befreit war.
Er stand regungslos vor mir und erwartete eine Antwort. Ich spürte, daß mir die Tränen in die Augen traten. Bloß nicht weinen, dachte ich und schluckte. Wenn Sascha dicht war, haßte er es, wenn ich weinte. Heulsuse, sagte er dann, du bist eine erwachsene Frau, also heul nicht wie ein Kind.
»Antworte. War er da oder nicht?«
Er war ungeduldig geworden. Sein Kopf war die ganze Zeit keinen Zentimeter von meinem Gesicht gewichen. Er erwartete jetzt eine Aussage. Sofort. Wenn er dicht war, hatte er das Gefühl, daß er nicht an mich rankam. Wenn du ewig nicht antwortest, obwohl ich dich etwas frage, brauchst du dich nicht zu wundern, daß ich aggressiv werde! Er hatte kein Problem zuzugeben, daß er aggressiv werden konnte, weil es nicht seine Schuld war. Es war meine. Hast du schon mal darüber nachgedacht, warum ich aggressiv werde, hatte er gefragt. Ich dachte oft darüber nach und hatte nur eine Erklärung dafür: Es war das Koks. Seit er das Puder nahm, war er ein anderer Mensch geworden. Aber Sascha sah die Schuld bei mir. Du machst mich aggressiv, sagte er, mit deinem arroganten Schweigen. So was treibt jeden auf die Palme.
Also nahm ich mir vor, wenn er wieder mal dicht war, mit ihm zu reden, aber das ist leichter gesagt als getan, wenn einem jemand den Arm zerquetscht. Auch diesmal schaffte ich es nicht.
Ich weiß nicht, wie lange wir so regungslos voreinander standen, es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Schließlich räusperte Sascha sich.
|43| »Aha, ist es wieder soweit«, sagte er dann mit dem pseudo-nachsichtigen Tonfall eines Lehrers einer bockigen Schülerin gegenüber, »du redest also nicht mehr mit mir. Wie du willst.«
Er ließ meinen Arm mit einer ruckartigen Bewegung los, dann ging er einen Schritt zurück und fixierte mich mit seinen glasigen Augen.
»Ich hatte jedenfalls einen tollen Abend! Im Club.«
Natürlich, dachte ich, wo denn sonst? Du lebst ja praktisch im Club, denn nur dort wird der Film gespielt, in dem du die strahlende Hauptrolle hast. Du bist der Held der Nacht, du läßt die Puppen tanzen, und sie danken es dir mit der Portion Bewunderung und Achtung, die du so dringend brauchst wie das Gift, das du dir die Nase hochjubelst. Außer mir weiß keiner, wie du bist, wenn die Wirkung nachläßt.
»Schön für dich«, sagte ich und krampfte mir ein Lächeln ab.
Das war der Auslöser. Die Ader an seinem Hals schwoll an.
»Lach nicht so hochnäsig«, brüllte er, »das kann ich nicht ab!«
Mein Herz raste wie wild.
»Warum warst du nicht hier, als ich gekommen bin? Du hast mich abgehängt, damit du den Abend mit deinem Ex verbringen
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