Traeum weiter, Mann
werden!«
Gerald lächelt gequält, seine Handwerker sind sämtlich auf einer Großbaustelle in Mecklenburg-Vorpommern, wo ein Spa-Wellness-Dorf gebaut wird. Zwar hat er den Leuten mächtig Dampf gemacht, aber gegen den Neubau eines ganzen Dorfes bringt ein einzelnes Haus zu wenig in die Kasse. Er wird also noch länger in der Pension Möwenwind wohnen müssen, was momentan schöner ist, als er sich es je hätte träumen lassen.
Trotzdem will er so schnell wie möglich die Einweihung seines Hauses feiern, zu zweit mit Steff!
Plötzlich sieht er, wie draußen jemand am Fenster vorbeihuscht. Er kann es nicht fassen, das ist ein Mensch gewordener Alptraum: Heiner Deuters ist auf seinem Grundstück!
Wie kommt der hierher?
Woher weiß der überhaupt, dass er hier wohnt?
Und vor allem: Was will der hier?
An liebsten würde Gerald die Polizei rufen, er kennt den Dorfsheriff noch von der Schule, Holgi Lüders würde ein Riesenspektakel veranstalten wegen Hausfriedensbruch. Aber das würde Gerald vor Steff schlecht aussehen lassen. Steff hat Deuters noch nicht entdeckt. Gleich sind die letzten Sekunden der Zweisamkeit mit Steff vorbei. Gerald möchte gerne etwas Bedeutendes sagen, das ihr später nachgeht, aber er ist einfach kein Mann des Wortes. Anders als der erfolgreiche Schriftsteller, dem gehen mit Sicherheit nie die schlauen Sprüche aus.
»Hallihallo!«, ruft es erneut von draußen.
Steff schaut Gerald freundlich an. »Da kommen sie, deine Handwerker!«
Dann steht Deuters in der Tür. Er trägt immer noch den grauen Anzug und das weiße Hemd.
»Herr Deuters!«, staunt Steff.
»Was machen Sie denn hier?«, raunzt Gerald ihn abweisend an.
»Ich fuhr hier zufällig vorbei, da sah ich Ihren Landrover und dachte, ich schaue mal vorbei.«
Alles klar.
Das Haus ist derartig schwer einsehbar von der Dorfstraße, und überhaupt ... Langsam müsste auch Steff schnallen, was hier abgeht. Peinlich!
Oder nicht?
»Hallo«, meldet sich erneut eine Männerstimme von draußen.
Gerald geht zur Tür. Vor ihm steht ein braungebrannter, bärtiger Kerl mit Ohrring und Zimmermannskluft.
»Ich komm wegen der Holzdielen«, brummt der Mann freundlich, »wo sollen die hin?«
Gerald überlegt.
»Erst einmal fahre ich dich nach Büthow«, sagt er zu Steff, »dann komme ich wieder.«
Deuters meldet sich zu Wort: »Aber das ist doch gar kein Problem, ich kann Frau Schmidt mitnehmen.«
»Nein«, weist ihn Gerald mit drohendem Unterton zurück.
Steff legt ihre Hand auf Geralds Schulter, was er als Zeichen von Vertrautheit wertet.
»Mann, Gerald, das ist total nett von dir, aber du wirst hier gebraucht. Und wenn Herr Deuters so nett ist ...«
»Gerne!«, erklärt Deuters grinsend.
Sie wirft dem Schriftsteller einen liebevollen Blick zu. In diesem Moment hat sich die Stimmung zu seinen Ungunsten gedreht, das spürt Gerald deutlich. Wie kann das sein, angesichts eines schlecht aussehenden Zwerges in einem schlecht sitzenden Anzug? Dieser Schreiber macht ihn in seiner eigenen Burg zum Knecht, Gerald würde ihn am liebsten kräftig durchschütteln.
Für ihn ist das eine Kriegserklärung, ab jetzt wird zurückgeschossen und zwar mit großem Kaliber!
7
Reifeprüfung
Er kann es selbst nicht glauben.
Er hat es geschafft!
Wie der Held in einem ganz großen Drama. Einer klassischen Liebesgeschichte. Wie Dustin Hoffman in Die Reifeprüfung , als er Katherine Ross im letzten Moment vom Traualltag weg entführt.
Er hat Steff aus den Fängen dieses Angebers gerettet. Nicht mit Gewalt und miesen Tricks, sondern mit Energie und Köpfchen.
Dabei schien vor einer halben Stunde noch alles verloren, auf diesem Parkplatz vor dem Hotel, als er sein Auto abwürgte und die blöde Scheißkiste nicht mehr anspringen wollte. Was hatte er geflucht und auf den Lenker eingeschlagen, als dieser großkotzige Makler mit seinem dicken Jeep davonfuhr.
Endlich sprang der Golf wieder an. Sofort versuchte Heiner die beiden einzuholen. Natürlich war diese ganze Verfolgungsjagd ein bisschen würdelos für einen erwachsenen Mann und für einen gebildeten wie ihn besonders. Aber er durfte Steff doch nicht einfach in den Armen dieses nach Rauch stinkenden Machos lassen!
Und der liebe Gott stand auf seiner Seite. Der umgestürzte Baum mitten auf der Straße, der dem flüchtenden Schöning den Weg versperrte – ein eindeutigeres Zeichen konnte es ja wohl nicht geben!
Trotzdem war der Kerl mit seinem Jeep plötzlich über den Acker davon gerauscht. Aber
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