Traeum weiter, Mann
erleichtert. Der Schmerz klingt langsam ab. Vorsichtig versucht er, die angespannten Beine auf dem quietschenden Bett wieder etwas auszustrecken. Mit Erfolg. Selig stöhnend schließt er die Augen.
Wieder muss er an Schöning denken. War die Aktion auf der Steilküste wirklich ein Attentatsversuch? Heiner beschließt, das Gegenteil zu glauben. Er will sich nicht weiter aufregen, denn aufregen bedeutet Schmerzen.
Sie haben einen Spaziergang gemacht, das war alles. Dieser Makler ist ein eifersüchtiger Idiot, aber doch kein Mörder. Nach der Sache mit Steff ist ja klar, dass er ihn nicht mag. Aber umgekehrt kann Heiner ihn ja auch nicht ausstehen. Also warum sich weiter aufregen?
Beeindruckt von seiner eigenen Großherzigkeit rutscht Heiner vorsichtig auf dem Bett hin und her, spürt aber sofort wieder die wachsende Spannung in seinem Rücken und verharrt weiter in seiner alten Stellung.
Verzweifelt fragt er sich, ob er nachher wieder sitzen kann. Er ist schließlich nur hier, um mit seinem Roman weiterzukommen. Was, wenn er den Rest seiner zwei Wochen mit schiefem Rücken durch das Hotel schleichen muss?
Heiner schüttelt den Kopf. Nein, das darf nicht passieren. Er muss auf die Wirkung des Schmerzmittels vertrauen und sich endlich beruhigen. Der dicke Arzt hat ihm versprochen, dass bald alles wieder in Ordnung ist. Vielleicht kann er schon heute wieder in den Wintergarten gehen, zu –
Es klopft an der Tür. Heiner ist so überrascht, dass er wieder zusammenzuckt, was prompt mit einer neuen Attacke auf sein Rückgrat bestraft wird.
»Ja?«, röchelt er leise.
»Herr Deuters? Ich bin’s, Steff. Kann ich reinkommen?«, hört er eine leise Stimme. Steffs Stimme!
Blitzartig richtet Heiner sich auf und schwingt sich auf die Bettkante. »Natürlich.«
Die Tür öffnet sich vorsichtig, und Steff betritt das Zimmer, noch in ihrer privaten Kleidung, die Haare nach hinten zusammengebunden. Sie sieht hinreißend aus!
»Hallo, das ist ja eine nette Überraschung«, stottert Heiner und versucht trotz der Schmerzen Haltung zu zeigen.
»Sie Armer! Meine Mutter hat mir erzählt, was mit Ihnen passiert ist.«
»Ja?«, stammelt Heiner und kann nicht glauben, was gerade passiert. Steff in seinem Zimmer! Verlegen sieht er aus den Augenwinkeln zu seinem offenen Koffer. Er hat seine Sachen immer noch nicht eingeräumt, stattdessen liegen sie überall auf dem Boden herum.
Aber Steff hat gerade nur Augen für ihn. Besorgt setzt sie sich neben ihn aufs Bett. So weich wie es ist, biegt es sich dramatisch weit nach unten. Heiner hat das Gefühl, eine lange Nadel wird in seinen Rücken gestoßen. Trotzdem presst er die Lippen aufeinander und versucht, sich nichts anmerken zu lassen.
»Ein Hexenschuss, ausgerechnet auf der Steilküste. Was haben Sie denn da oben getrieben? Bei dem Wind?« Steff sieht ihn vorwurfsvoll an.
»Nur ein kleiner Spaziergang ...« Heiner findet nicht, dass Steff Einzelheiten wissen muss.
»Erst fahren Sie ziellos in der Gegend rum, und dann klettern sie ausgerechnet bei diesem Wetter auf den Felsen – sieht so das Leben eines Schriftstellers aus?«
Heiner lächelt stumm und zuckt kaum merkbar mit den Schultern.
»Haben Sie noch schlimme Schmerzen?«
»Halb so wild«, erwidert Heiner. Eine Schweißperle läuft ihm die Stirn herunter.
»Haben Sie das öfter?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Bestimmt bewegen Sie sich nicht genug. Als Autor sitzen Sie doch sonst den ganzen Tag nur hinter dem Computer, habe ich recht?«
»Ich finde schon, dass ich mich genug bewege«, stottert Heiner verlegen.
»So? Welchen Sport machen Sie?«
»Ich jogge. Schwimmen. Manchmal spiele ich auch Fußball.« Eine glatte Lüge. Aber er sitzt neben einer attraktiven jungen Frau. Soll sie ihn etwa für einen unsportlichen Stubenhocker halten? Schlimm genug, dass sie ihn hier mit seinem schiefen Rücken erwischt hat. Sexy sieht er im Moment bestimmt nicht aus.
In der tiefen Bettkuhle sitzt Steff direkt neben ihm. Heiner kann wieder ihren Frühlingsduft riechen. Er nimmt sich fest vor, sie später nach dem Namen ihres Parfüms zu fragen.
»So, so, Joggen, Schwimmen und Fußball.« Steff glaubt ihm kein Wort. Trotzdem lächelt sie. »Da machen Sie ja mehr als ich.«
Heiner weicht ihrem Blick verlegen aus. Er kann nicht glauben, was gerade passiert. Wann hat das letzte Mal eine so attraktive Frau neben ihm auf dem Bett gesessen?
Angestrengt sucht er nach einer charmanten Bemerkung, vielleicht über ihre Haare? Oder
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