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Traeum weiter, Mann

Traeum weiter, Mann

Titel: Traeum weiter, Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nebe
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jetzt?
    »Nee, muss ich persönlich abgeben«, behauptet Gerald und verzieht sein Gesicht zu einer Grimasse, »die machen einen auf ›oberwichtig‹.«
    Der Mann nickt, das kennt er zur Genüge!
    »Du weißt, wo Maria sitzt?«
    »Nee.«
    »Haus vier, Zimmer 207, gleich da hinten rechts.«
    Er deutet auf einen schmucklosen Neubauquader. Gerald springt zurück in den Landrover, die Schranke geht hoch. Dass es Maria Butenschön tatsächlich gibt und sie hier arbeitet, ist schon mal sicher. Gerald ist aufgeregt wie ein Kind zu Weihnachten. Auf dem Gelände schaut er jedem Menschen genau in die Augen, in der Hoffnung, einen Promi zu entdecken. Ohne Erfolg, Berühmtheiten schlafen um diese Zeit wohl noch. Er parkt den Wagen vor dem vierstöckigen Neubau. Hinein durch die Glastür. Soll er den Aufzug nehmen? Oder zu Fuß in den zweiten Stock laufen? Der Aufzug dauert ihm zu lange, er nimmt zwei Stufen auf einmal und ist ziemlich außer Atem, als er oben ankommt. Auf der Glastür zu den Büros steht Abteilung Honorare und Lizenzen . Das muss falsch sein, hier arbeiten die Aktenlurche aus der Verwaltung, nicht die Künstler! Oder Deuters versteckt sich hier vor dem Rummel, was ziemlich raffiniert wäre!
    Gerald reißt die Tür auf. Eine ältere Frau mit rot gefärbten Haaren kommt mit einem Pott Kaffee in der Hand auf ihn zu: »Kann ich helfen?«
    »Ich bin wohl falsch hier. Ich suche einen Herrn Deuters.«
    Falls der hier nicht unter Pseudonym arbeitet.
    »Heiner? Der ist im Urlaub an der Ostsee.«
    »Dann müsste ich zu Frau Butenschön.«
    Die Frau deutet auf einen Raum direkt neben der Teeküche und begleitet ihn zur 207.
    »Maria, Besuch für dich!«
    »Ja?«
    Gerald geht in ein winziges Büro und gibt einer gelangweilt dreinblickenden Frau in einem hässlichen, braunen Rollkragenpullover die Hand. Gerald staunt, sie ist ungefähr dreißig, am Telefon kam sie älter rüber. Ihre strubbeligen, kurzen Locken decken sich mit der Farbe des Pullovers, nur ihre grauen Augen und der blasse, unreine Teint stehen im deutlichen Kontrast dazu. Sie stiert Gerald abweisend an. Aber von draußen fällt immer noch dasselbe wunderbare Licht herein, das ihm schon heute Morgen im Pensionszimmer aufgefallen ist. Als ob dieser Tag gesegnet wäre.
    »Peter Förster, mein Name, Sie müssen Maria Butenschön sein.«
    »Ja.«
    Wenn er seinen echten Namen sagte, würde ihr auffallen, dass sie heute schon einmal telefoniert haben. Womöglich würde sie ihn dann als aufdringlich empfinden und hinauswerfen.
    »Heiner hat mir viel von Ihnen erzählt, ich bin sein Cousin.«
    Gerald erkennt in ihrem Gesicht Ungläubigkeit, das war vielleicht etwas dicke. Wer weiß, vielleicht liegt sie mit Deuters im Dauerclinch, kann ja sein.
    »Er ist nicht da«, sagt sie unfreundlich.
    Gerald schenkt ihr sein strahlendstes Verkäuferlächeln.
    »Aber Heiner arbeitet doch hier als Schriftsteller?«
    Sie lacht laut los. »Der und Schriftsteller ...« Es ist ein ehrliches, befreiendes Lachen, sie wirkt wie ein vollkommen anderer Mensch. »Sind Sie zufällig der Schulfreund, der vorhin angerufen hat?«
    »Oder als Drehbuchautor?«, schiebt Gerald schnell nach, um sicherzugehen.
    Maria Butenschön faltet ihre Hände genüsslich über der Schreibtischplatte zusammen. »Herr Deuters ist aus einem einzigen Grund hier eingestellt worden«, erklärt sie lächelnd. »Weil er absolut keine Phantasie besitzt!«
    Gerald staunt. »Verstehe ich nicht.«
    »Er soll nüchtern alle Zahlen addieren, die er bekommt, mehr nicht.«
    Gerald fragt noch einmal nach, sicher ist sicher: »Er ist also kein Schriftsteller?«
    Plötzlich wird sie misstrauisch. »Wieso wissen Sie das alles nicht, wenn Sie sein Cousin sind und vor kurzem mit ihm telefoniert haben?«
    Gerald lächelt entspannt. »So eng sind wir leider nicht miteinander. Manchmal spinnt er am Telefon ziemlich herum, ich konnte es selbst nicht glauben.«
    »Er hat behauptet, dass er Schriftsteller ist?«
    Gerald nickt mit traurigem Blick. »Ja, und dass er unter einem Pseudonym Romane schreibt.«
    Sie schüttelt besorgt den Kopf. »Niemals!«
    »Kann ich ihm eine Nachricht in seinem Büro hinterlassen?«, fragt Gerald.
    »Gerne.«
    Sie gibt ihm einen Zettel und einen Schreiber. Dann führt sie Gerald zu Raum 208, der gleich nebenan liegt. Auf dem Türschild steht H. Deuters und darunter Controlling . Es ist ein Loch von Büro, eng und nüchtern, der Schreibtisch steht zur Wand. Über dem Computer ist ein gerahmtes Foto von Sabine

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