Traeume Aus 1001 Nacht Band 04
und man würde den Safe öffnen. Soll ich?“
Anna wurde rot. „Nein, nein, natürlich nicht! Sie können doch den Prinzen nicht mit so etwas behelligen!“
Und so verstrich ein weiterer Tag.
Scheich Gazi hatte ihr aus den Boutiquen in der Stadt genügend Kleider zuschicken lassen, sodass sie sich dem Klima entsprechend anziehen konnte. Allerdings trug sie tagsüber kaum etwas anderes als einen Badeanzug mit einem Kaftan darüber. Sie verließ ja niemals das Haus und hatte bis jetzt auch nicht das Bedürfnis danach gehabt. Konnte es etwas Schöneres geben, als jederzeit einfach den Kaftan abzustreifen und in die kühlen Fluten zu tauchen?
Manchmal, wenn sie auf ihrem Liegestuhl lag und die Strahlen der Sonne auf ihrer Haut spürte, überkam sie ein solches Verlangen nach Scheich Gazi, dass sie überzeugt war, er würde wie magisch von ihr angezogen gleich zu ihr kommen. Doch wenn sie dann aufblickte, war er wie immer mit seinem Computer beschäftigt oder er telefonierte. Und wenn er tatsächlich in ihre Richtung blickte, wirkte er angespannt und sein Gesichtsausdruck war missbilligend.
Jeden Abend kleidete Anna sich mit der lässigen Eleganz, die ihre neue Garderobe ihr ermöglichte, fürs Abendessen um. Sie machte sich so schön wie möglich und versuchte dabei, sich nicht zu wünschen, sie könnte jemals eine ernsthafte Konkurrentin für eine Frau wie Sacha Delavel sein. Aber wenn sein Blick ihr doch nur einmal signalisieren würde, dass sie attraktiv genug war, um ihn aus der Ruhe zu bringen!
Immer wieder rief Anna sich jene Augenblicke in Erinnerung, als er sie geküsst hatte. Seine Umarmung war so leidenschaftlich gewesen, seine Lippen so heiß, sein Kuss so fordernd, sein Blick so voller Verlangen.
Mittlerweile fragte sie sich, ob das alles nur gespielt gewesen war, denn jetzt schien er so merkwürdig nüchtern und reserviert zu sein. Sie aber wollte seine Unnahbarkeit überwinden, mehr noch, sie wollte an sein Herz rühren und nicht einfach nur heißen Sex mit ihm haben. Nur das hielt sie davon ab, den ersten Schritt zu tun und ihm ihr Interesse zu signalisieren.
Die Dinner bei Kerzenlicht hatten etwas eigenartig Intimes, und Anna wurde dabei immer ganz sehnsüchtig. Sie war sich auch fast sicher, in seltenen und kurzen Augenblicken Begehren und Bewunderung in seinen Augen aufflackern zu sehen.
Manchmal schienen seine Worte wie ein Auftakt zu mehr zu sein. Aber der Moment war stets nur von kurzer Dauer. Irgendwie verhielt er sich so, dass sie die ganze Zeit innerlich bebte vor Erwartung und Verlangen, doch er berührte sie kein einziges Mal. Und wenn sie es tat und im Gespräch die Hand spontan auf seinen Arm legte, dann wich er unmerklich zurück und sah sie mit einem solch undurchdringlichen Ausdruck an, dass sie die Hand rasch wieder zurückzog.
Dass Scheich Gazi ein bemerkenswert guter Zuhörer war, machte es Anna nicht leichter, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Er zeigte sich ehrlich interessiert an allem, was sie sagte, und brachte sie dazu, offen über sich, ihre Ansichten und ihre Träume zu sprechen. Besonders interessiert war er an allem, was ihre Arbeit betraf, und an ihren Beweggründen, die Häuser von Engländern mit Motiven aus dem Kulturraum des Mittelmeers zu schmücken.
Sein Haus war die reinste Offenbarung für kunstinteressierte Menschen. In jedem Raum waren wundervolle handgearbeitete Möbel und meisterhafte Schnitzereien zu sehen. Die farbigen Muster in den Mosaikböden zeugten von einer unglaublichen Kunstfertigkeit. Anna verbrachte Stunden damit, durch die Räume zu wandern und all diese Schätze zu bewundern.
„Wie kommt es, dass Sie so viel darüber wissen?“, fragte sie ihn einmal, als Scheich Gazi ihr ausführlich erklärte, wie die Fliesen für ein bestimmtes Mosaik gefärbt und gebrannt worden waren.
„Das alles ist Teil unserer Kultur“, erwiderte er und schien sich über ihre Frage zu wundern. „Jeder Barakati ist damit vertraut, genauso wie jeder Engländer mehr oder weniger mit den Werken Shakespeares vertraut ist. Außerdem gehört es zu meiner Arbeit, darüber Bescheid zu wissen.“
Die Eindrücke, die sie von hier mitnehmen würde, würden ihr sicher über Jahre hinweg eine Quelle der Inspiration sein. Wenn nur nicht die Sehnsucht nach dem faszinierenden Mann gewesen wäre, der ihr Zutritt zu dieser Welt verschafft hatte …
10. KAPITEL
Es muss endlich etwas geschehen, dachte Anna, nachdem sie mehrere Tage mit Warten verbracht hatte.
Scheich
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