Traeume Aus 1001 Nacht Band 04
hatte. Natürlich hatte er ihr das alles nur vorgespielt. Noch nie zuvor war sie einem so umfassend informierten Mann mit einem so scharfsinnigen Verstand begegnet wie ihm. Scheich Gazi sprach mindestens drei Sprachen fließend. Was war nur in sie gefahren, zu glauben, dass er wirklich so wenig Ahnung von der westlichen Kultur haben könnte?
Im Nachhinein wurde ihr klar, dass er mit diesem Spiel erst begonnen hatte, nachdem sie seine Einladung zu bleiben abgelehnt hatte. Wie naiv sie doch gewesen war. Bestimmt war eine äußerst effiziente Organisation nötig gewesen, um sie und das Baby aus der Klinik zu entführen. Alles hatte reibungslos geklappt. Innerhalb weniger Stunden hatte er sie in seine Gewalt gebracht und England mit ihr und dem Baby verlassen.
Offenbar hatte er ein exzellentes Team. Dennoch hatte er ihr vorgemacht, er sei nicht im Stande, ihren Wohnungsschlüssel aus der Klinik zu holen, nachdem er zuvor sogar sie und das Baby unbemerkt von dort entführt hatte!
Warum? Was wollte er von ihr? Warum glaubte er immer noch, dass sie in ein Verbrechen verwickelt war? Und vor allem, warum wollte er, dass sie hierblieb?
„Flieht mit mir!“
„Oh, zu gerne würde ich mit Euch fliehen, Liebste. Aber wohin können wir fliehen, wo nicht Euer Vater herrscht oder mein Prinz?“
„Nach Indien“, hauchte sie.
Er lächelte traurig. Sie wusste offenbar nicht mehr über die ses Land als den Namen. „Indien ist sehr weit weg.“
„Um Eurer Liebe willen würde ich wirklich alles auf mich nehmen.“
„Geliebte, wenn man uns fängt, bevor wir Indien erreichen, wird man uns nicht leben lassen.“
Jetzt lächelte sie. „Dann wählt die schnellsten Hengste aus, mein Löwe!“
Er wandte sich ab und blickte zum Horizont. „Und wenn ich sagen würde, bleibt hier und gehorcht Eurem Schicksal?“
„Eher werde ich mich von diesen Zinnen stürzen, als dass ich seine Frau werde.“
Er drehte sich um, zog sie an sich und blickte ihr tief in die Augen. Welch süße Qual war diese Liebe, denn er wusste, es war ihm nicht bestimmt, in ihr Erfüllung zu finden. Aber das konnte er ihr, der Frau seines Herzens, nicht sagen. Sacht drückte er seine Lippen auf ihre, und es lag schon ein Vorgeschmack des Todes in diesem Kuss.
„O ja, Geliebte, lasst uns nach Indien fliehen.“
11. KAPITEL
Diese Träume hatten etwas Beängstigendes, obwohl Anna sich eigentlich nie genau an sie erinnerte. Aber sie wachte danach immer mit einer unendlichen Sehnsucht auf. Ihr Herz pochte so wild, dass sie es im ganzen Körper spürte, und ihr schmerzliches Verlangen war so stark, dass sie meinte, den Geliebten aus ihrem Traum neben sich zu spüren, so als ob er sie gerade eben noch tatsächlich in den Armen gehalten hätte.
„Ich habe eben einen Anruf bekommen“, erklärte Gazi an diesem Tag beim Frühstück. „Ihr Pass wurde aus Ihrer Wohnung geholt. Heute können Sie, wenn Sie es wünschen, zurück nach London fliegen. Ich werde dafür sorgen, dass man Sie am Stansted Airport empfängt und Ihnen Ihren Pass übergibt.“
Skeptisch hob Anna eine Braue. „Wenn ich es wünsche? Natürlich wünsche ich es!“
„Sie sind also wirklich dazu entschlossen?“, fragte er sanft. „War mein Haus nicht eine Stätte der Erholung für Sie nach Ihrem Unfall und nach all Ihren Kümmernissen?“ Sie saßen auf dem Balkon mit Blick auf den sonnenbeschienenen Innenhof, und er machte eine weit ausholende Geste.
„Ob Sie es glauben oder nicht, eine Woche ist genug“, erwiderte sie. Sämtliche Alarmglocken schrillten in ihrem Kopf. Was hatte Scheich Gazi jetzt vor?
Gazi nahm einen weiteren Schluck aus seiner Kaffeetasse und setzte sie dann sorgfältig auf der Untertasse ab. „Anna, ich möchte Ihnen etwas erklären.“
„Mit der Absicht, mich noch einmal zum Bleiben zu bewegen?“
Er zögerte. „Vielleicht. Nein, nicht unbedingt. Aber in der Hoffnung, dass das, was ich Ihnen mitteilen werde, Sie davon abhalten wird, gewisse Dinge zu tun oder zu sagen.“
„Gegenüber der Presse?“
„Unter anderem.“
Ann war neugierig geworden. „Und wenn das, was Sie mir mitteilen, mich von gar nichts abhalten wird?“
Gazi hob die Schultern. „Dann habe ich Pech gehabt.“
Anna konnte es nicht glauben. Was für eine neue Intrige hatte er sich ausgedacht? Aber wenigstens würde sie etwas über seine Beweggründe erfahren. Das konnte nur von Vorteil sein. „Schießen Sie los“, sagte sie mit einer Lässigkeit, die sie keineswegs empfand.
„Nadia,
Weitere Kostenlose Bücher