Traeume Aus 1001 Nacht Band 04
Blick waren so hart und abweisend. Sie zuckte zurück. Ihre Gedanken überschlugen sich. „Du lieber Himmel, Sie glauben also immer noch …“ Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. „Ich bin jetzt schon fast eine ganze Woche hier und warte darauf, dass jemand einen einfachen Botengang für mich macht, den Lisbet innerhalb einer Stunde erledigt hätte. Sie haben die Sache absichtlich hinausgezögert. Warum? Was geht hier vor?“
„Ich dachte, so wäre es leichter.“
„Leichter für Sie“, entgegnete sie empört. „Leichter für Sie, mich gegen meinen Willen hier festzuhalten. Haben Sie heute Nachmittag noch einmal in der Botschaft angerufen?“
Gazi schlug sich mit der Hand an die Stirn. „Oh, nein! Ich habe es vergessen!“ Er sah auf seine Armbanduhr. „Jetzt ist es zu spät. In London ist es schon nach sieben Uhr.“
„Sie haben es vergessen, und heute ist Freitag. Ich nehme an, die Botschaft von Barakat ist am Wochenende geschlossen?“
„Ich denke, das sind alle Botschaften in London. Es tut mir leid, Anna.“
Angst schnürte ihr die Kehle zu. Fast eine Woche war vergangen. Er hatte sie manipuliert und dazu gebracht, genau das zu tun, was er wollte. Und sie war dumm genug gewesen, die ganze Zeit vor sich hin zu träumen.
„Gibt es eine britische Botschaft in Barakat al Barakat?“, fragte sie.
„Aber natürlich“, erwiderte er. „Beide Länder stehen in sehr gutem Verhältnis zueinander. Die Botschaft befindet sich im Queen Halimah Square.“
„Wenn bis Montag mein Pass nicht da ist, möchte ich zur Botschaft gehen und um einen provisorischen Pass bitten, damit ich in England einreisen kann“, sagte Anna entschlossen.
„Gute Idee.“ Scheich Gazi nickte. „Ja, das wäre eine Lösung.“
„Ich möchte heute Nacht hier im Hotel bleiben.“
Er hob die Schultern. „Wie Sie möchten. Möchten Sie jetzt gleich ein Zimmer buchen?“
Anna schob ihren Stuhl zurück. „Ja, ich …“ Sie war dabei aufzustehen und hielt mitten in der Bewegung inne. Ein Kellner eilte ihr sofort zu Hilfe, sodass ihr nichts übrig blieb, als aufzustehen. Hilflos sah sie Scheich Gazi an. „Ich habe ja nicht einmal eine Kreditkarte.“
„Ausländer brauchen eigentlich einen Pass, um hier ein Zimmer zu bekommen, aber ich bin sicher, man wird mit sich reden lassen und Ihnen vielleicht bis Montag Kredit gewähren, wenn Sie ihnen Ihre Situation erklären.“
Bevor sie zu einem Entschluss kommen konnte, war Prinz Gazi schon aufgestanden, und der Ober eilte dienstbeflissen herbei, um seinen erlauchten Gast zum Ausgang zu geleiten.
Anna hatte sich eigentlich immer für ziemlich couragiert gehalten. Doch in diesem Augenblick schien sie aller Mut verlassen zu haben. Wie sollte sie sich hier verständlich machen, in einer fremden Sprache, in einem fremden Land? Wie sollte sie glaubhaft machen, dass ein Tafelgefährte, ein Vertrauter des herrschenden Prinzen sie entführt hatte und gegen ihren Willen festhielt?
Unterdessen machte Gazi freundlich Konversation mit dem Mann, und dann waren sie auch schon an der Tür. Nur sie wusste, dass dieser düstere Blick, der sein Lächeln begleitete, der Blick eines Wachhundes war, der sie für eine Verbrecherin hielt. Sie sprachen kein Wort auf der Fahrt zurück zu seinem Haus. Als sie ankamen, verschwand Anna sofort in ihrem Zimmer.
Dort verbrachte sie eine schlaflose Nacht. Nur die Tatsache, dass Dank der Regenbogenpresse die halbe Welt wusste, wo sie sich befand, hielt sie davon ab, vollends in Panik zu geraten. Immer wieder dachte sie über die vergangenen Tage nach, und sie musste sich beschämt eingestehen, was für ein leichtes Spiel er mit ihr gehabt hatte. Die Zeit war mit Sonnenschein, köstlichem Essen und angeregter Unterhaltung wie im Flug vergangen. Scheich Gazi hatte sie genau da, wo er sie haben wollte. Er hatte sie beschuldigt, ihn verführen zu wollen, dabei war er es, der ihr die Sinne verwirrt hatte, indem er sie ständig in Versuchung geführt hatte.
Wie leicht er über sie hatte verfügen können, indem er ihr vorgetäuscht hatte, ein Interesse an ihr zu haben. Er hatte ihr zugehört, hatte sie reden lassen. Eine alte Taktik, um sich ein Opfer gefügig zu machen. Doch obwohl sie das wusste, war sie darauf hereingefallen.
Und dann seine scheinbar typisch arabische Inkompetenz, als würde er sich mit westlichen Gepflogenheiten nicht auskennen. Anna wurde rot, als ihr bewusst wurde, wie unkritisch sie sich dieses Stereotyp zu eigen gemacht
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