Traeume Aus 1001 Nacht Band 04
sich im Pool tummelte, in der Sonne lag oder mit dem Baby spielte. Es gab keinen Augenblick, in dem sie sich seiner Gegenwart nicht bewusst gewesen wäre.
Die Mahlzeiten nahmen sie fast immer gemeinsam ein. Eine starke Radioantenne ermöglichte es ihm, regelmäßig Nachrichten aus aller Welt zu hören. Oft diskutierten sie beim Essen darüber, was sich in der Welt ereignete, und er hörte ihren Ansichten immer interessiert zu, obwohl er sicher besser informiert war als sie.
Über sich selbst redete er jedoch kaum. Als Anna ihn nach seiner Arbeit fragte, erwiderte er, er sei für die Koordination der Public Relations zuständig, was die Handelsbeziehungen von West-Barakat mit der übrigen Welt betraf. Mehr schien er nicht preisgeben zu wollen. Stattdessen redete er lieber über die Geschichte und Kultur seines Landes.
Während er arbeitete, ließ er immer leise Musik spielen. Anna, die mit arabischer Musik wenig vertraut war, empfand sie als geradezu betörend und wie geschaffen für diese Umgebung. In regelmäßigen Abständen hörte sie von der Stadt her die Stimme des Muezzins, der die Gläubigen zum Gebet rief.
Manchmal kam es Anna fast so vor, als habe sich durch den Unfall für sie ein Tor zu einer anderen Welt geöffnet. Mehr noch, als gehörte sie hierher, als habe Scheich Gazi anfangs die Wahrheit gesagt und sie sei tatsächlich schon jahrelang mit ihm verheiratet.
Nur eine Sache trübte das Bild.
So wundervoll das Klima auch war, so köstlich die exotischen Mahlzeiten, die die Diener ihnen servierten, so sexy und aufregend er auch aussah, wenn er aus dem Pool stieg und das Wasser an seinem fantastischen Körper herablief, Scheich Gazi machte kein einziges Mal mehr Anstalten, ihr auch nur im Entferntesten zu suggerieren, dass ihr Urlaub hier ein erotisches Abenteuer mit ihm beinhalten könnte.
Mittlerweile schien er gegen ihre körperlichen Reize völlig immun zu sein. Was immer ihn dazu bewegt haben mochte, sie zweimal mit solcher Leidenschaft zu küssen, jetzt war er offensichtlich nicht mehr an ihr interessiert.
Anna hatte noch nie zuvor die Erfahrung gemacht, dass ein Mann seine Annäherungsversuche bereits nach einer kleinen Zurückweisung aufgab, aber genau das hatte Scheich Gazi offenbar getan. Oder vielleicht hatte sie ihr Recht auf kostenlose Liebesdienste verwirkt, indem sie sein Angebot eines längeren Aufenthaltes abgelehnt hatte. Jetzt war sie nur noch deshalb hier, weil die Umstände nichts anderes zuließen. Also sah er wohl keinen Anlass mehr, sich ihr zu nähern.
In jeder anderen Hinsicht waren sie praktisch wie eine perfekte kleine Familie.
Darüber, dass ihr Aufenthalt sich immer weiter in die Länge zog, weil die Sache mit ihrem Pass sich wider Erwarten immer mehr verzögerte, verlor keiner von ihnen ein Wort. Anna fragte sich manchmal, wie Scheich Gazi wohl reagieren würde, wenn sie ihm signalisierte, sein einmal gemachtes Angebot nun doch anzunehmen, da die Umstände sie ja nun doch länger hier festhielten.
Abgesehen von einer Schwärmerei in ihrer Teenagerzeit für einen Rockstar war es für Anna das erste Mal, dass sie eine so starke erotische Anziehung zu einem Mann spürte, ohne dass er dieses Gefühl erwiderte. Es war kein angenehmer Zustand. Einerseits war sie fest entschlossen, Scheich Gazi abzuweisen, falls er sich ihr doch noch einmal nähern würde, andererseits konnte sie sich nur mühsam beherrschen, nicht selbst einen Annäherungsversuch zu machen.
Währenddessen schien er Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen, um ihr entgegenzukommen und die Entsendung ihres Passes zu beschleunigen. Wenn sie ihn daran erinnerte, dass schon wieder ein Tag ergebnislos zu Ende ging, schüttelte er den Kopf, offenbar empört über den langsamen Lauf der Dinge, und griff rasch zum Telefon. Doch jedes Mal endete es damit, dass er mit der Person am anderen Ende der Leitung zu schimpfen begann und schließlich fluchend auflegte.
„Diese Botschaftsangestellten verstehen einfach nicht, worum es geht!“, rief Scheich Gazi erbost. „Sie sagen, ohne die üblichen, rechtlichen Formalitäten man kann nichts tun. Die Person, die Ihre Schlüssel aus der Klinik geholt hat, hat sie gestern Abend in den Safe gelegt, und heute ist in der Botschaft niemand, der den Safe öffnen darf.“ Zögernd sah er Anna an. „Ich könnte natürlich Prinz Karim anrufen. Er ist zwar wirklich sehr mit Regierungsgeschäften beschäftigt, aber wenn ich es ihm erkläre … ein Anruf von ihm würde genügen,
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