Träume der Dunkelheit: Erzählungen (German Edition)
jeden von ihnen bedeuten würde.
»Ich habe sieben Kinder gefunden, die interessante Fähigkeiten haben. Es ist weder leicht noch bequem, anders zu sein, und ich erkannte, dass es meine Andersartigkeit war, die dieses widerliche Monster auf mich aufmerksam gemacht hatte. Und als ich diese Kinder berührte und ihre übernatürlichen Fähigkeiten spürte, war mir klar, dass auch sie die Aufmerksamkeit der Bestie erregen würden. Ich weiß, dass ich nicht allen Waisen helfen kann, doch wenigstens diese sieben will ich retten. Ich habe eine Regelung getroffen, dieser Frau, die den Kindern in der Kanalisation hilft, regelmäßig Geld zukommen zu lassen, aber meinen eigenen sieben möchte ich ein richtiges Zuhause geben. Ich werde zwar nicht immer bei ihnen sein können – oder zumindest nicht, bis ich einen Weg gefunden habe, die Bestie loszuwerden, die mich jagt –, aber ich kann die Kinder wenigstens in einem anständigen Haus unterbringen, mit einer vertrauenswürdigen Aufsichtsperson, die sich um sie kümmert. Sie sollen keine finanzielle Not leiden und eine gute Ausbildung bekommen.«
»Der Vampir wird nur an den weiblichen Kindern mit übersinnlichen Fähigkeiten interessiert sein. Die Jungen werden entbehrlich sein; tatsächlich wird er sie sogar als Rivalen betrachten. Das Beste wird sein, sie so schnell wie möglich in Sicherheit zu bringen. Wir können uns in die Berge meines Heimatlandes zurückziehen und den Kindern dort ein Heim einrichten. Sie würden von vielen unserer Leute umsorgt und beschützt werden«, erklärte Falcon so beiläufig wie möglich, weil er wollte, dass Sara seine Vorschläge akzeptierte, ohne sich jetzt schon allzu eingehend damit zu beschäftigen. Er war erstaunt, dass sie sich mit Vampiren schon auskannte und trotzdem so ruhig und gefasst sein konnte angesichts dessen, was zwischen ihnen vorging. Denn er selbst war alles andere als ruhig – er hätte sogar Luftsprünge machen können vor Freude über seine Zukunftsaussichten.
Saras Herz begann vor Furcht zu rasen, als er ihr auf solch sachliche Weise die Richtigkeit ihrer Schlussfolgerungen bestätigte. Der Vampir würde auch ihre Kinder nicht verschonen, und sie hatte sie ihm, ohne es zu wollen, direkt in den Weg gestellt.
Neugierig beobachtete sie, wie Falcon die Kerzen anstarrte und sie dann mit einer bloßen Bewegung seiner rechten Hand entzündete. Sie lachte leise. »Das ist ja die reinste Magie! Du kannst wohl wirklich Wunder wirken, was?« Ihr geliebter dunkler Engel aus ihren Träumen entpuppte sich nun auch noch als Zauberer.
Er drehte sich zu ihr um. Seine schwarzen Augen glitten sehnsüchtig über ihr Gesicht. Außerstande, sich noch länger zurückzuhalten, trat er zu ihr und umfasste zärtlich mit den Händen ihr Gesicht. »Du bist es, die Wunder wirkt«, flüsterte er mit verführerisch sanfter Stimme. »Alles an dir ist die süßeste Magie.« Ihr Mut, ihr Mitgefühl, ihre Entschlossenheit und Willenskraft. Ihr unerwartetes Lachen angesichts dessen, womit sie es zu tun hatte. Ein Ungeheuer ohnegleichen. Schlimmer noch – Falcon kam allmählich der Verdacht, dass Saras Feind einer der am meisten gefürchteten Vampire war, nämlich einer der sehr, sehr alten und erfahrenen.
»Ich habe dir von mir erzählt, und jetzt möchte ich etwas über dich erfahren«, erklärte Sara. »Sag mir, wie es möglich ist, dass du so alt geworden bist, und wie es dazu kam, dass du das Tagebuch geschrieben hast.« Vor allem über das Tagebuch wollte sie etwas erfahren. Über ihr Buch, das er für sie geschrieben hatte, und die Worte, die vor so langer Zeit schon aus seiner Seele in die ihre eingedrungen waren und sie mit Liebe, Sehnsucht und Verlangen erfüllt hatten. Sie wollte die Realität vergessen, sich an Falcon lehnen und von seinem sinnlich schönen Mund Besitz ergreifen.
Aber sie musste wissen, wie seine Worte die Grenzen der Zeit hatten überwinden und sie finden können. Warum war sie damals in die Dunkelheit jener uralten Tunnel gelockt worden? Und wieso hatte sie so genau gewusst, wo sie das handgeschnitzte Kästchen finden würde? Was hatte Sara Marten an sich, das Wesen wie Falcon zu ihr hinzog? Und was hatte diese mörderische Bestie zu ihrer Familie gelockt?
»Sara«, flüsterte Falcon mit einer Stimme, die weich wie Samt und zärtlich wie ein Streicheln war. Der Sturm draußen hatte sich gelegt. Der Regen tröpfelte nur noch leicht auf das Dach, und Sara, seine Seelengefährtin, war nur Zentimeter von ihm entfernt
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