Traeume doch einfach weiter
herablassend vor.
Der hoffnungslose
Fall, der wahrscheinlich älter war als Dan - vielleicht studierte er an der NYU
oder war irgendein armer Loser, der die Sommerferien über wie ein Verrückter
lernen musste, um mit dreiundzwanzig endlich mal seinen Abschluss zu schaffen
-, zuckte die Achseln. »Nö. Zu langweilig.«
Dan hätte ihm am
liebsten die Faust in den dürren Oberkörper gerammt, aber plötzlich wurde ihm
bewusst, dass es sein Job war - nein, seine heilige Pflicht! -, diesen
Ignoranten zum Lesen zu bringen. Er stand auf. »Komm mit.«
Er führte den
hirnlosen Möchtegern-Gruftie in ein kleines Hinterzimmer, in dem ledergebundene
Exemplare sämtlicher großen Klassiker standen, und suchte ihm eine wunderschöne
Ausgabe von Joyce' Werk heraus. Er schlug das Buch willkürlich auf irgendeiner
Seite auf und begann zu lesen: »Fass mich an. So sanfte Augen. Sanftesanfte Hand.
Ich bin so einsam hier. Ah, fass mich bald an, jetzt. Wie heißt das Wort, das
alle Männer kennen? Ich bin ganz friedlich hier allein, Und traurig auch. Fass,
fass mich an.« Er sah den Typen eindringlich an. »Komm, lies es. Ich seh dir
doch an, dass du es willst«, drängte er.
Sein Gegenüber
sah völlig verängstigt aus. Wahrscheinlich hielt er Dan für irgendeinen
perversen Literaturfreak, der sich im The Strand seine Opfer suchte. Er ließ
seine Lunchbox fallen und floh.
Dan setzte sich
auf den Boden, um die Seite zu Ende zu lesen. James Joyce war wirklich ziemlich
geil.
Ja, es würde mit
Sicherheit ein interessanter Sommer werden.
fahrradhelme sind fast so wichtig wie kondome
Nate trat stehend
mit aller Kraft in die Pedale seines alten Schwinn-Rennrads und ließ sich dann
auf den unbequemen harten Ledersattel zurückfallen. So fuhr er am liebsten:
erst so viel Tempo wie möglich machen und dann sitzend den warmen Fahrtwind im
Gesicht spüren. Rechts von ihm brachen sich donnernd die Wellen am Strand,
links lagen Felder mit Rebstöcken, an denen Chardonnay- Trauben hingen. Die
Luft roch nach Salz und auf Gasflammen gegrillten Steaks. Er lauschte auf das
befriedigende Knirschen des Kieses unter seinen Reifen und lächelte träge.
Der kleine Joint
zum Frühstück war genau das Richtige gewesen. Danach hatte ihm die Schufterei,
die eigentlich doch eine Bestrafung sein sollte, geradezu Spaß gemacht. Wie
tröstlich schwere körperliche Arbeit sein konnte. Er dachte an die Sommerferien
nach der zehnten Klasse zurück, in denen er mit seinem Vater ihre Yacht
»Charlotte« gebaut hatte. Das war zwar auf Mt. Desert gewesen, aber sein
Lebensgefühl war damals ganz ähnlich gewesen, obwohl es hier natürlich durch
die dichte Bebauung und die überfüllten Strände längst nicht so idyllisch war
wie auf der Insel. Ach, es gab doch nichts Schöneres als schweißtreibende
körperliche Betätigung, strahlender Sonnenschein und zur Belohnung nach
getaner Arbeit ein eisgekühltes Stella Artois. Und keinerlei Störfaktoren.
Er brauchte sich
keine Sorgen mehr um die Schule oder seine Unibewerbung zu machen - das war
alles endgültig geregelt, und bis er nach Yale musste, würde noch viel, viel
Zeit vergehen. Blair, die mit ziemlicher Sicherheit die große Liebe seines
Lebens war, mit der er es sich aber irgendwie immer wieder verscherzte, war bei
ihrem neuen blaublütigen Freund in England, wo sie wahrscheinlich pausenlos
shoppen ging, Gurkensandwiches aß und zu viel Tee trank. Serena war in New York
geblieben, um Filmstar zu werden, und Jenny, die Neuntklässlerin mit den
unglaublichen Möpsen, mit der er im vergangenen Winter quasi aus Versehen eine
kleine Affäre gehabt hatte, war in Osteuropa. Ohne die drei ging es ihm doch
gleich viel besser.
Er lächelte bei
dem Gedanken, dass es den ganzen Sommer lang so bleiben würde: harte Arbeit,
mit dem Fahrrad nach Hause, danach eine kalte Dusche, einen Joint und ein
bisschen Zeit für sich selbst - mehr brauchte er nicht. Sein Lacrosse-Trainer
wohnte in Hampton Bays, nur ein paar Kilometer vom Sommerhaus seiner Eltern in
East Hampton entfernt, aber es hätte genauso gut ein anderer Planet sein
können. Um ihn herum nichts als spießige Sommerhäuschen, Minivans und
Supermärkte. Wahrscheinlich war das genau die richtige Umgebung für ihn, um
mal herauszufinden, was er eigentlich im Leben erreichen wollte. Genau das war
nämlich sein Plan. Es gab aktuell kein Mädchen, auf das er ein Auge geworfen
hatte, was wahrscheinlich auch ganz gut war, weil Mädchen erfahrungsgemäß nur
Stress
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