Traeume doch einfach weiter
erträglicher. Aber sobald sie an der nächsten Ampel stehen
blieben, hatte er das Gefühl, seine Knie würden unter ihm nachgeben. Bree
rannte los. »Komm, Dan. Tempo!«, rief sie ihm munter über die Schulter zu.
Dan holte tief
Luft und torkelte auf die Fahrbahn, wobei er um ein Haar eine alte Dame mit
einem breiten Strohhut umgerannt hätte, die einen Einkaufstrolley hinter sich
herzerrte.
»Pass doch auf,
du Arschloch!«, fuhr sie ihn an.
Dan beachtete
sie nicht und hetzte hinter Bree her wie ein Windhund dem mechanischen
Kaninchen. Als sie an der Sixth, der Seventh, Eighth und Ninth Avenue
vorbeijoggten, spürte er seinen Herzschlag als dröhnendes Pulsieren in den
Ohren. Zwischen der Ninth Avenue und Greenwich war nicht viel Verkehr, weshalb
Bree einfach über die Straße rannte. Dan ignorierte die heißen Auspuffgase der
Busse, folgte ihr blindlings und joggte auf den schimmernden Hudson River zu,
der nur noch zwei Blocks entfernt lag.
Du schaffst es, redete er sich
selbst gut zu. Bald bist du am Fluss. Renn einfach weiter. Ihm war
schleierhaft, wie er es jemals bis zum Battery Park an der Spitze Manhattans
schaffen sollte, aber er wollte im Moment auch gar nicht darüber nachdenken. Er
musste nur irgendwie den Hudson erreichen. Seine Füße brannten in den viel zu
neuen Schuhen. Der Schweiß rann in solchen Strömen an ihm herab, dass er Angst
bekam, womöglich komplett zu dehydrieren. Er sehnte sich nach einem Schluck
Wasser und hätte alles dafür gegeben, sich hinsetzen zu können.
Vielleicht starb
er?
Bree und er
rannten über den West Side Highway in den Hudson River Park, durch den ein
breiter asphaltierter Weg bis nach Tribeca führte. Sie waren nicht die Einzigen,
die den strahlenden Sonnentag nutzten - Hunderte von Menschen waren unterwegs,
joggten, kurvten auf Inlineskates herum, fuhren mit dem Rad oder spazierten
einfach so durch den Park. Bree war schneller als er und schlängelte sich durch
das Gewimmel bis ans Ufer, das durch eine Kette abgesichert war. Die sollte die
Besucher wahrscheinlich davon abhalten, sich in den Fluss zu stürzen. Sie
joggte auf der Stelle und wartete auf Dan. Trotz der Hitze schwitzte sie kaum.
Dan versuchte
mit letzter Kraft, auf Bree zuzulaufen. Das ist Spitzenklasse, motivierte er
sich. Ich fühle mich Spit zenklasse! Die
Sonne schien, die Luft war klar und vom Fluss her wehte eine kühle Brise zu ihm
herüber. Er lächelte. Er schaffte das.
Dann gaben seine
Beine unter ihm nach und er brach auf dem harten Asphalt zusammen.
» Dan! « Bree
rannte auf ihn zu und beugte sich besorgt über ihn. »Alles okay?«
Dan sah ein
leicht gerötetes, von blonden Locken umspieltes Gesicht über sich. Sein Blick
verschwamm.
»Sterbe ich?«,
fragte er. »Bist du ein Engel?«
»Ich mach wohl
lieber Erste Hilfe«, sagte Bree entschlossen, beugte sich vor und presste
ihren Mund auf seinen.
Als würde sie
damit die Gefahr eines Herzinfarktes nicht noch vergrößern.
v eröffnen sich ganz
neue Perspektiven
Vanessa Abrams
stützte sich an dem schmiedeeisernen Geländer ab und torkelte die flachen
Marmorstufen hinauf, die zum Eingang des efeubewachsenen Hauses auf der 87.
Straße führten. Sie rülpste laut und stach vier- oder fünfmal hintereinander auf
die beleuchtete Klingel ein, bis sie endlich den Knopf traf. Vielleicht war es
doch keine so weise Entscheidung gewesen, sich mit einer eisgekühlten Flasche
Pinot Grigio zu trösten, zumal sie jetzt gleich ein Bewerbungsgespräch hatte.
Nach ihrem wenig
feierlichen Abgang vom Set war sie mit dem möglicherweise humanoiden
Blair-Waldorf-im- Praktikum-Klon im Aufzug nach unten gefahren. Jasmine hatte
ihr erzählt, ihre Mutter würde zufälligerweise gerade eine hoch qualifizierte,
energische und arbeitswillige junge Frau für irgendeinen äußerst wichtigen Job
suchen. Vanessa war zu aufgelöst gewesen, um sie nach Einzelheiten zu fragen,
und Jasmine hatte einfach eine Seite aus ihrem Louis-Vuitton-Kalender gerissen,
ihre Adresse darauf gekritzelt und sie gedrängt, sich auf die Stelle zu bewerben.
Nachdem sie sich
ein paar Gläser Wein von Rufus Humphreys persönlichem Vorrat genehmigt hatte,
hatte Vanessa ihre Situation klarer gesehen.
Ken Mogul war
ein seelenloser eitler Wichser, der für Ruhm und Geld alles machte. Sollte er
doch seine 08/15- Hollywood-Teen-Soap drehen - sie war eine experimentelle
Autorenfilmerin und hatte nicht die Absicht, ihr Talent zu vergeuden, um so
einen Mist zu produzieren. Sie würde
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