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Traeume ernten

Traeume ernten

Titel: Traeume ernten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lidewij van Wilgen
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Paix« in Murviel besteht aus einem düsteren, abweisenden Raum, an dem seit den Sechzigerjahren nichts verändert wurde. Es gibt einen Billardtisch, einen großen alten Fernseher, der ständig läuft, und eine Bar aus glänzendem Furnierholz. Es ist kein Vergnügen, sich dorthin zu verirren, denn die einzigen drei Stammgäste sind Alkoholiker und schauen ununterbrochen betrübt in ihren Pastis. Ab und zu kommt ein Bauer herein, stellt sich schweigend an die Bar, spült einen kleinen schwarzen Kaffee hinunter, um nach einem gemurmelten Gruß wieder zu verschwinden.
    Â»Schönen guten Tag auch, die Herren!«, hatte Simone fröhlich gerufen und sich der Runde vorgestellt. Sie hatte erzählt, dass sie die Mutter der hollandaise vom Weingut Mas des Dames sei, hatte einen Kaffee bestellt und sich zu ihrem verblüfften Publikum an den Tisch gesetzt, um ihre Geschichte loszuwerden. Ein Haus im Dorf würde sie suchen, egal was, Hauptsache, sie könne näher bei ihren Enkeln sein. Die Menge war immer größer geworden, und keine halbe Stunde später hatte sie mit dem Freund des Neffen eines der Stammgäste in einem Apartment an der Hauptstraße gestanden. Wenig später in einem dunklen Häuschen im historischen Zentrum. Danach hatte Simone das zweite Café des Dorfs aufgesucht und noch zwei weitere Häuser besichtigt.
    Im Nachbardorf Saint-Geniès nannten ihr drei Leuten denselben Namen: »Monsieur Malet. Sie müssen sich an Monsieur Malet wenden.« Ein älterer Mann hatte Simone durch die Gässchen zu einem großen Maison de Maître am Rande des Dorfs geführt. »Sie müssen hier klingeln«, hatte er gesagt und sich zurückgezogen.
    Als ich den Namen später Bruno gegenüber erwähne, weiß er sofort, von wem ich spreche. »Monsieur Malet, bien sûr .« Monsieur Malet hat den größten Grundbesitz in Saint-Geniès, seine Vorfahren sind mit dem Wein reich geworden. Er selbst hat noch immer das Gehabe eines Notabeln aus der Provinz, dem ganz selbstverständlich Respekt entgegengebracht wird. Die Urgroßeltern von Bruno hatten für Malet gearbeitet und auch sein Onkel. Mit Verwunderung bemerke ich, dass die Selbstsicherheit auf Brunos Gesicht verschwindet wie eine sanfte Welle am Strand, um einem altertümlichen Untertanengeist Platz zu machen.
    Für Simone ist Malet einfach ein netter Mensch. »Einen schönen Garten mit Rosen und alten Obstbäumen hat er«, erzählt sie. Sie hatte zusammen mit dem angereisten Henk auf seiner Terrasse Kaffee getrunken und sich danach ein paar seiner Häuser angeschaut. Schließlich hatten sich die beiden in ein altes Winzerhaus am Rand des historischen Zentrums verliebt. Unten befindet sich ein großer Lagerraum mit einem bogenförmigen Eingang, auf der ersten Etage verschiedene Zimmer mit dekorierten Zementfliesen, an der Fassade ein Balkon aus Gusseisen mit Blick auf die Berge im Hinterland.
    Sie vereinbaren mit Malet, dass sie das Ganze für 40 000 Euro übernehmen.
    Es ist warm an diesem Wochenende. Die Mädchen, Aad und ich haben einen Tisch in einem Café gefunden. Es befindet sich an einem Platz, an dem gerade die Marktstände abgebaut werden. Ein Mann, der gebratene Hühner verkauft hat, spült große Edelstahlschalen im Wasser des städtischen Brunnens ab. Ein Nebel aus feinen Wassertropfen glitzert in der Sonne. Zwei junge Männer in den gelben Jacken der städtischen Reinigung gehen auf den Mann zu, sie scheinen sich zu kennen. Gemeinsam schieben sie seinen schweren Anhänger zum Auto, sie lachen und versuchen sich gegenseitig umzuwerfen. Aad und ich beobachten das Treiben und machen freundliche Bemerkungen darüber. Ich betrachte Aads große neue Ray-Ban-Sonnenbrille und sein eng geschnittenes Jackett, die modernen Designer-Schuhe. Ja, kein Zweifel, er ist ein schöner Mann. Aber warum sitzt er eigentlich an unserem Tisch? Meine distanzierte Art, ihn zu betrachten, schockiert mich – ich nehme einen unglaublichen Mangel an Zusammengehörigkeit wahr.
    Der Frühling bleibt schön. Anne, mit der ich nach der Messe in Haarlem in Kontakt geblieben bin, lädt mich ein, mit den Mädchen nach Peyreleau, das in der Nähe von Millau liegt, zu kommen. Ihre Familie besitzt ein Haus aus dem 17. Jahrhundert, das nicht weit vom Fluss entfernt in einer atemberaubenden Landschaft mit ausgewaschenen Schluchten und hohen

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