Traeume im Mondschein
Schulter. „Als er eingefangen war, hatte das Vater-Tochter-Team zwei Probleme auf einmal gelöst.“
„Du bist doch verrückt!“, begehrte sie auf. „Verlass sofort dieses Zimmer!“
Unbeirrt fuhr er fort. „Problem Nummer eins: Was macht man mit einer Tochter, die einem auf der Tasche liegt? Problem Nummer zwei: Was macht man, wenn man selbst bis zum Hals in der Kreide steht? Die Lösung? Ziemlich einfach. Man putzt das angeschlagene Mädchen heraus und verheiratet sie mit dem Mann, den man bestehlen will. So ist alles geregelt. Wer würde schließlich Anklage gegen den Schwiegervater erheben?“
Paige sah ihn befremdet an. Ihr war, als würde er Chinesisch sprechen. „Anklage erheben? Wovon redest du?“
„Von deinem Vater!“, rief er zornig. „Er ist ein gottverdammter Dieb!“
„Mein Vater?“ Paige schüttelte ungläubig den Kopf. „Hör mal, Quinn. Über mich kannst du sagen, was du willst. Ich weiß, was du von mir hältst, und ich kann es dir nicht verübeln. Aber mein Vater ist schon seit Jahren Chefbuchhalter bei Fowler’s.“
„Er bestiehlt unsere Familie eben seit Jahren.“
„Du lügst!“, schimpfte sie. Vor Wut klang ihre Stimme schneidend. „Du weißt nichts über ihn. Und wenn wir schon dabei sind: Du weißt auch nichts über das Fowler-Unternehmen. Du hast deine Familie und deine Verpflichtungen schon lange vernachlässigt …“ Sein Griff fühlte sich an wie ein Schraubstock. „Du tust mir weh!“, rief sie und versuchte, sich von ihm zu lösen. „Verdammt, lass los oder ich …“
„Oder was?“, fragte er und nahm seine Hände mit übertriebener Rücksicht von ihr. „Rufst du um Hilfe?“ Er lachte. „Rufst du die Polizei? Das wäre doch prächtig. Die Tochter des Betrügers und die Polizei.“
Paige schnappte nach Luft. „Betrüger?“
„Was ist denn los, Paige?“, fragte er unschuldig. „Findest du, der Ausdruck ist zu harmlos?“ Seine Miene wurde eiskalt. „Er veruntreut Geld von inaktiven Konten, von solchen, auf die niemand weiter achtet. Wie sollte er erwischt werden? Vor allem, da er selbst die Verantwortung trägt?“
„Das ist unmöglich. Alan oder sein Vater wüssten darüber Bescheid. Wer bist du, dass du aus dem Nichts hier auftauchst und solche Anschuldigungen erhebst?“
Quinns spöttisches Lächeln erstarb. Im Raum schien es plötzlich kälter zu werden.
„Ich besitze ein Beratungsunternehmen, Paige. Hat Alan dir das etwa nicht erzählt? Computer, Software, das ganze Paket. Unser Spezialgebiet ist es, für Unternehmen wie Fowler’s Buchhaltungsprogramme einzurichten. Als mein Vater hörte, dass ich zu Alans Hochzeit komme, wollte er mich locken. Er meinte, ich solle mal sehen, was ich mit dem Archiv machen könne. Viel hat er wohl nicht erwartet.“ Quinn lachte verächtlich. „Aber ich habe die vergangenen Tage damit zugebracht, für die Firma ein Programm zu entwickeln, das Fowler’s aus dem unternehmerischen Mittelalter in die Neuzeit bringt.“
Paige betrachtete ihn stumm. Nichts von alledem ergab einen Sinn für sie.
„Ich flog am Abend des Maskenballs her. Alan hat mich nicht gesehen, und dank deines kleinen Spiels am Strand auch sonst niemand.“
Sofort errötete sie. „Das war kein Spiel, Quinn.“
Er fuhr fort, ohne auf ihren Einwurf zu achten. „Seit meiner Ankunft programmierte ich jeden Tag die Computer neu. Gestern entdeckte ich dann die Machenschaften deines Vaters.“ Ein frostiges Lächeln umgab seine Lippen. „Soll ich dir etwas Witziges erzählen? Als mir bewusst wurde, wer er war – nämlich Paige Gardiners Vater –, da habe ich mich wie ein Wahnsinniger bemüht, einen Weg zu finden, das zu vertuschen. Ich wollte nicht, dass Alan und seine süße Braut erfahren, dass ihr Daddy Geld veruntreut. Zumindest nicht vor der Hochzeit.“ Er sah ihr jetzt direkt ins Gesicht. „Wenn du mir nicht glaubst, frag deinen Vater nach dem Melnick-Konto. Du wirst es an seiner Reaktion erkennen.“
Das war zu viel. Er täuschte sich in ihrem Vater, ebenso wie in ihr. Ihr Vater, ein Dieb? Niemals. Er würde nie stehlen.
Kein Risiko, kein Gewinn . Paige bekam eine Gänsehaut. Die Geister, die Quinn mit seinen Anschuldigungen wachrief, ließen ihr keine Ruhe. Als Kind hatte sie nachts öfter ihre Eltern miteinander streiten hören. Der Streitpunkt war immer der Gleiche gewesen: die entschlossene Jagd ihres Vaters nach einem „schnellen Geschäft“.
Und wenn seine Pläne außer Kontrolle geraten waren? Paige erinnerte sich an
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