Traeume im Mondschein
und drehten sich meist ums Wetter. Erst als sie entdeckten, dass sie beide eine Liebe für politische Cartoons teilten, wurde es einfacher. Dann, eines Morgens, erkundigte sich Paige nach dem Fotoalbum, das sie gefunden hatte. „Hast du die Fotos gemacht?“
„Ja. Ich bin seit Jahren begeisterter Fotograf, zwar nicht besonders gut …“
„Doch, das bist du“, unterbrach sie ihn. Sie errötete. „Ich weiß zwar nicht viel von der Fotografie, aber deine Bilder sind sehr bewegend.“
Ein erfreutes Lächeln umspielte seine Lippen. „Vielen Dank“, sagte er ehrlich.
Am folgenden Tag, einem Samstag, war Quinn beim Frühstück außergewöhnlich still. Paige dachte fast, der Waffenstillstand der letzten Woche wäre beendet, als er plötzlich seine Tasse absetzte und sie ansah.
„Ich gehe in den Hyde Park. Fotografieren“, erklärte er hastig. „Da ist ein Drachenfest und …“ Er suchte ihren Blick. „Möchtest du mitkommen? Du musst natürlich nicht …“
„Gerne“, erwiderte sie und lächelte ihn an, wie sie es noch nie zuvor getan hatte. „Danke, dass du mich gefragt hast.“
Später empfand sie diesen Tag als einen Wendepunkt. Quinn verschoss drei Rollen Film. Dann kaufte er einen Drachen, wenig später schwebte das glänzende blau-rote Fluggerät über ihren Köpfen. Sie lachten wie Kinder und sahen dabei zu, wie der Drachen über den Baumkronen tanzte. Als der Wind Paige das Seil aus den Händen riss, war sie untröstlich.
„Ich habe ihn verloren! Oh Quinn, es tut mir so leid.“
„Mir nicht“, beruhigte er sie und lächelte. „Es war ein sehr schöner Tag.“
Paige spürte, wie ihr Gesicht brannte, schob es aber auf den kalten Wind. Dennoch war es ganz natürlich, dass sie Händchen haltend zum Auto liefen, als es Zeit wurde, zu gehen.
Von diesem Nachmittag an war alles anders als zuvor. Was genau passierte, konnte niemand sagen. Paige wusste nur, dass ein Tag für sie dann schön wurde, wenn Quinn nach Hause kam. Nur selten gingen sie zum Essen aus. Sie bevorzugten das ruhige Beisammensein in der Bibliothek. An Norahs freien Abenden kümmerte sich Paige persönlich um das Essen.
Sie sprachen über Gott und die Welt, aber nie darüber, was sie zusammengeführt hatte. Eines Abends schnitt Paige das Thema an, obwohl sie unsicher war.
„Ich habe heute mit meinem Vater gesprochen“, begann sie vorsichtig. „Er sagt, er sei dankbar …“
Quinns Blick sprach eine deutliche Warnung aus. „Ich will keine Dankbarkeit von ihm“, entgegnete er und wandte sich ab. Als er sie nach kurzem Zögern fragte, wie ihr Tag gewesen sei, ging sie bereitwillig auf seinen Versuch ein, das Thema zu wechseln.
An einem kalten Nachmittag im Herbst wollte sie gerade nach oben gehen, als sie hörte, wie die Haustür geöffnet wurde.
Auf halber Treppe blieb sie stehen und sah sich um. „Du bist zu Hause“, stellte sie fest und blickte Quinn überrascht an.
Dieser betrachtete sie mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen. Verlegen fuhr sich Paige mit den Fingern durchs Haar.
„Ich bin auch gerade erst gekommen“, erklärte sie. „Ich war im Victoria-und-Albert-Museum, da fing es an zu regnen …“ Wie sie plapperte! Aber es machte sie nun mal nervös, wenn er sie so anschaute. „Mir war nicht bewusst, dass es schon so spät ist.“
Quinn nickte. „Ich bin früh dran. Ich dachte, es wäre schön, vor dem Abendessen eine kleine Spritztour zu unternehmen.“
Wieso starrte er sie so an? Etwas an ihm war heute anders. Nur was?
„Das wäre schön“, entgegnete sie daher vorsichtig. „Ich will mich nur kurz umziehen …“ Als sie seine Miene sah, änderte sie ihre Meinung. „Gut. Lass uns gehen.“
Von der Leichtigkeit, die sich während der letzten Wochen zwischen ihnen entwickelt hatte, war im beengten Inneren des Jaguars nichts mehr zu spüren. Eine Unterhaltung kam nur schleppend in Gang. Nach einer Weile stoppte Quinn den Wagen und führte Paige zum Abendessen in einen Pub im elisabethanischen Stil. Dennoch blieb die Atmosphäre merkwürdig angespannt, und schon bald schien die Stille fast unerträglich.
Das Essen wurde serviert, was eine willkommene Abwechslung war. Paige bekam allerdings kaum einen Bissen herunter. Als Quinn schließlich vorschlug, zu gehen, stieß sie beinahe ihren Stuhl um, so schnell erhob sie sich. Sie seufzte erleichtert, als sie endlich zu Hause ankamen. Irgendetwas war vollkommen schiefgelaufen, aber sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was.
„Gute Nacht“,
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