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Träume in Kristall

Träume in Kristall

Titel: Träume in Kristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasunari Kawabata
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tat.
    Auch in seinem Haus hatte es einmal Bastarde gegeben. Er konnte selbst auf einer Reise nicht mit einem männlichen Begleiter im selben Zimmer schlafen, er mochte in seinem Haus keinen Mann über Nacht behalten, noch stellte er einen Hausdiener ein; und wiewohl dies mit solchem Gefühl, aus dem heraus er Männer als lästig empfand, nichts zu tun hatte: stets hielt er sich auch nur Hündinnen. Ein Rüde hingegen sollte schon ein ganz ausgezeichnetes Exemplar sein, sonst wird er für die Zucht nicht verwendet. Sein Erwerb verschlingt Geld, man muß für ihn werben wie für einen Kinostar, und entsprechend schroff ist das Auf und Ab seiner Popularitätskurve. Man wird in Importkonkurrenzen verwickelt, ja es hat das etwas von einem Glücksspiel. Irgendwann einmal war der Mann zu einem Hundehändler gekommen, und man hatte ihm einen als Zuchttier berühmten japanischen Terrier vorgeführt. Der Rüde lag den ganzen Tag über im Obergeschoß, eingehüllt in eine Decke. Wurde er nur die Treppe heruntergetragen, schien er, aus langer Gewöhnung, schon zu ahnen, daß eine Hündin gekommen war. Er wirkte wie eine erfahrene Prostituierte. Da sein Fell kurzhaarig war, stand sein außerordentlich kräfiges Glied auffällig hervor, so daß der Mann doch tatsächlich den Blick abwandte und ein gewisses Unbehagen empfand.
    Indessen waren es solche Dinge nicht, die ihn davon abhielten, einen Rüden zu nehmen; denn es gab kein größeres Vergnügen für ihn, als dabeizusein, wenn eine Hündin warf, und dann die Jungen aufzuziehen.
    Zugetragen hatte sich die Geschichte mit einem recht unzuverlässigen Boston-Terrier. Diese Hündin wühlte sich unter dem Zaun hindurch, sie zerkaute und zerbrach die alten Bambuslatten, und als sie läufig war, hielt er sie zwar angebunden, aber nachdem sie die Leine durchgebissen hatte und hinausspaziert war, wußte er, daß sie Bastarde werfen würde.
    Nun, sowie das Hausmädchen ihn weckte, erhob er sich wie ein Arzt, wenn er gerufen wurde, und sagte: »Bring mir eine Schere und Verbandwatte! Und dann schneide das Strohseil von einem Sake-Faß ab!« Der Erdboden im Innenhof ließ, wo die frühwinterliche Morgensonne auf ihn fiel, einen Hauch von Frische ahnen. Dort in der Sonne hatte sich die Hündin ausgestreckt; schon begann sich ein Beutel wie eine Aubergine aus ihrem Bauch hervorzuschieben. Wie entschuldigend wedelte sie mit dem Schwanz, flehentlich blickte sie zu ihm auf, und plötzlich empfand der Mann so etwas wie Gewissensbisse.
    Die Hündin war jetzt zum erstenmal läufig gewesen, doch ihrer Konstitution nach war sie noch nicht ganz zum Muttertier geworden. Deshalb – so ließ sich aus ihrem Blick erkennen – begriff sie nicht, was denn das Erlebnis Geburt bedeutete.
    »Was geht jetzt in meinem Bauch bloß vor sich? Ich versteh’s nicht, ich komme mir so hilflos vor. Was soll ich nur tun?« schien die Hündin sagen zu wollen, ein wenig betroffen und als schämte sie sich; andererseits empfand sie, während sie sich ihm völlig arglos anvertraute, offensichtlich keinerlei Verantwortung für das, was sie selber tat.
    Daher kam es, daß der Mann sich an Chikako erin-
    nerte, wie sie war vor mehr als zehn Jahren. Damals, als sie sich ihm verkaufe, hatte sie ein Gesicht gemacht wie diese Hündin.
    »Ist es wahr, was Sie sagen: daß man allmählich gar nichts mehr empfindet, – wenn man so ein Gewerbe betreibt?«
    »Das kommt schon einmal vor, aber sobald du dann
wieder einem Mann begegnest, von dem du denkst:
der gefällt mir, – … Oder hast du gar erst zwei, drei
feste Männer, wirst du an ›Gewerbe‹ überhaupt nicht
mehr denken.«
»Ich mag Sie sehr.«
»Und trotzdem kannst du nicht?«
»Nein, nicht das.«
»Sondern?«
»Wenn ich einmal heirate, – er wird es merken,
oder?«
»Sicher wird er es merken.«
»Aber wie soll ich es bloß machen?«
»Und wie hast du es sonst gemacht, wenn es so war?«
»Wie hat es denn Ihre Frau gemacht?«
»Ja, nun –«
»Sagen Sie es mir doch!«
    »Ich habe keine Frau.« Und wie verwundert, hatte er in ihr todernstes Gesicht gestarrt.
    »Weil sie ihr glich, deswegen hatte ich Gewissensbisse.« Damit hob er die Hündin auf und brachte sie in die Gebärkiste.
    Bald darauf, noch im Schaf häutchen, trat das erste Junge aus, aber die Mutterhündin schien nicht zu wissen, was sie damit anfangen sollte. Der Mann trennte das Schafäutchen mit der Schere auf und zerschnitt die Nabelschnur. Die nächste Blase war größer, und in dem grünlich trüben

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