Träume jenseits des Meeres: Roman
zum Volk der Kunwinjku zurückkehren, wenn ihr einmal verheiratet seid«, sagte sie resolut. Ohne auf seine erschrockene Reaktion einzugehen, sprach sie hastig weiter. »Ihr müsst zum Nordwind wandern und euch einen Platz bei den Ngadyandyi suchen. Sie sind mit dem Onkel von Aladjingus Mutter verwandt und werden euch aufnehmen.«
»Aber ich gehöre zu den Kunwinjku. Ich bin ein Sohn des Clanführers und für den Rat der Ältesten bestimmt.«
»Die Geister sind rachsüchtig«, erwiderte Garnday. »Aber sie sind auch gerecht. Wenn du die Verbannung und den Verlust deines eigentlichen Platzes bei deinem Volk auf dich nimmst, werden sie zufrieden sein.«
Djanay war still, doch Garnday bemerkte seine Nervosität an der Art, wie er auf und ab schritt und nervös an seinem Daumennagel knabberte. Er wirkte niedergeschlagen, als er sich ihr zuwandte. »Ich habe also keine andere Wahl?« Sie schüttelte den Kopf.
Er ließ die Schultern hängen. »Dann höre ich auf deine Weisheit, Mutter.«
Er neigte den Kopf, und sie war versucht, eine Hand auszustrecken und die wilden schwarzen Locken zu berühren, doch wusste sie, dass er zu alt für die Zärtlichkeit einer Mutter war und nur ihre Weisheit und Kraft brauchte, um diese furchtbare Zeit zu überstehen. Wenigstens hatte sie ihn vor dem rachsüchtigen Malangi und dieser Hexe, die dessen Mutter war, in Sicherheit gebracht. Sobald er den Clan verlassen hätte, wäre er keine Bedrohung mehr.
Zehnmal fuhr die Sonnengöttin über den Himmel, bis sie endlich ihr Ziel erreicht hatten. Majestätisch erhob sich der uralte Berg Uluru aus den Wäldern ringsum, die Rundungen, Schrunden und eingekerbten Flanken warfen in der untergehenden Sonne tiefe Schatten. Die steilen roten Abhänge und die Pracht dieses heiligsten aller Orte verströmten eine Aura der Macht. Ehrfürchtig sah der Clan zu, wie die versinkende Sonne das Ockergelb in Gold- und Orangetöne tauchte, dann in immer dunkleres Rot, das am Ende in Schwarz überging. Sie waren in ihre spirituelle Heimat zurückgekehrt, nun mussten sie den Wächtern von Uluru, dem Volk der Anangu, ihren Respekt erweisen.
Es war das wichtigste corroboree des Jahres; jeder Mann, jede Frau und jedes Kind, das zu der langen Reise fähig war, nahm daran teil. Die Feuer brannten, sobald die Sonne verschwunden war, und viele verschiedene Dialekte und Sprachen vermischten sich mit dem Rauch in der Luft. Es herrschte allgemeine Aufregung. Vergangene Streitigkeiten und Feindseligkeiten waren vergessen, als sie sich auf die Zeremonien vorbereiteten.
Die Kunwinjku errichteten ihr Lager und begannen, Speerspitzen und Steinwerkzeuge gegen Bumerangs, Schwirrhölzer, zeremonielle Masken und Kopfschmuck einzutauschen. Als es dunkel wurde, bemalten sich die Ältesten und die initiierten Jungen mit Ocker und Lehm und setzten die speziellen Masken und den Kopfschmuck auf; sie waren bereit für das erste Ritual, das am Fuße des Uluru abgehalten wurde. Dann ertönte von fern das vibrierende Brummen von mindestens zwölf Schwirrhölzern. Diese flachen, stark verzierten Hölzer wurden an einem Strang aus fein geflochtenem Haar durch die Luft gewirbelt. Der Klang ebbte ab und schwoll an wie ein starker Wind, um im nächsten Augenblick zu einem Stöhnen wie von sich entfernenden Geistern abzuflauen.
Garnday sah, wie Djanay mit langen Schritten fortging. Sie war stolz darauf, dass er ihre Weisheit angenommen hatte und sich allmählich auf seine Ehe vorbereitete. Sie drehte sich wieder zur Feuerstelle und warf einen kurzen Blick zur alten Frau hinüber. Die Tage nach Djuwes Tod hatten ihr zugesetzt. Bedingt durch die Verletzung an ihrer Hüfte, war sie auf dem Weg durch die Wüste immer weiter zurückgeblieben.
Sie sahen sich unverwandt an und Garnday las die Angst in den Augen der Alten. Sie hatte dafür Verständnis. Malangis Mutter wusste, dass die Geister sie zu sich riefen und dass ihre endgültige Strafe kurz bevorstand. Dennoch kniff sie ihre betagten Lippen mit grimmiger Entschlossenheit zusammen; sie wusste, dass sie Garnday in der Hand hatte, und war noch nicht bereit, auf diese Überlegenheit zu verzichten.
Das corroboree dauerte fünfzehn Fahrten des Sonnenwagens über den Himmel. Die uralten Riten wurden mit vielen Gesängen und Tänzen ausgeführt, Bündnisse wurden geschlossen, zukünftige Ehen vereinbart, und es wurde festlich gespeist. Die Geschichtenerzähler wussten mit ihren unterschiedlichen Auslegungen der Traumzeit ihr Publikum zu fesseln,
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