Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
Vom Netzwerk:
Hitze. Im glitzernden Meer konnte man Fische fangen und aus den Tiefen Austern ernten. Es war ein gutes Land für die Jagd. Die Familie wuchs und Djanay wurde klar, dass er eine zweite Chance bekommen hatte.
    Die Kraft und Weisheit, die er durch die Erfahrungen in seiner Jugend erworben hatte, machten ihn zu einem beliebten Ältesten. Als die Zeit für ihn gekommen war, die Ngadyandyi anzuführen, zeigte sich, dass er einer der weisesten Männer war. In den Jahrhunderten nach seinem Tod lebte seine Legende in den Höhlenmalereien weiter, die in einem Gebiet verborgen lagen, das man später Cooktown nennen würde.
    Als die große Dürre wieder einsetzte, war Garnday fast vierzig, doch sprachen in ihren Träumen die Geister zu ihr; so führte sie ihren dezimierten Stamm auf einer großen Wanderung nach Süden in üppige Jagdgründe, an fischreiche Flüsse und an die tosenden Gestade von Kamay und Warang; dort lebten sie auf die spirituell strenge, aber einfache Art, die sich seit der Traumzeit nicht verändert hatte.
    Als die Welt jedoch nach neuen Ländern und Reichtümern gierte, stand das Wesen ihrer uralten Lebensform kurz vor der Vernichtung. Kamay, das in aller Welt als Botany Bay bekannt werden sollte, würde schon bald das Herz der Invasion durch den weißen Mann sein.
        

Erster Teil
    D
er unbekannte
S
üden

Eins
    Cornwall, 1768
    J
onathan Cadwallader, Earl von Kernoe, unterdrückte ein Gähnen und versuchte, nicht nervös zu zappeln. Das Mittagessen war längst beendet, und Onkel Josiah schien entschlossen, den ganzen Nachmittag zu reden. Draußen aber schien die Sonne und Susan, nach deren Gesellschaft er sich verzweifelt sehnte, würde auf ihn warten.
    »Sitz still, Jonathan!«, ermahnte ihn Lady Cadwallader, ungehalten mit der Zunge schnalzend.
    »Lass doch den Jungen, Clarissa!«, polterte Josiah Wimbourne. »Siebzehn ist ein unruhiges Alter, und ich vermute, er will hinaus ins Freie und nicht einem alten Fossil wie mir zuhören, das andauernd darüber schwafelt, welchen Vorteil Großbritannien daraus zieht, dass es den Siebenjährigen Krieg gewonnen hat.«
    »Mit siebzehn, lieber Bruder, ist man alt genug, sich auf seine guten Manieren zu besinnen«, entgegnete sie. Dabei klappte sie ihren Spitzenfächer auf, als wolle sie ihr Missfallen unterstreichen. »Wenn sein Vater noch lebte, wäre er höchst unzufrieden. Jonathan scheint bei dir in London nichts gelernt zu haben.«
    Jonathan begegnete dem Blick seines Onkels und schmunzelte. Sie wussten beide, dass es nicht stimmte, doch um seine Mutter bei Laune zu halten, bat Jonathan seinen Onkel, sich weiterhin auszulassen. »Worin liegen denn nun die Vorteile, Onkel?«, fragte er und erfasste mit einem Blick die wie immer nachlässige Kleidung des älteren Mannes.
    Josiah zwinkerte mit den Augen, kratzte sich am Kopf und verschob dabei die schmuddelige Perücke, bis sie schräg über einem Ohr saß. Er legte keinen Wert auf seine äußere Erscheinung. Er war rau, aber herzlich, nahm kein Blatt vor den Mund und konnte dumme Menschen nicht ertragen. Auch mit fast vierundvierzig Jahren war er ein eingefleischter Junggeselle. Dabei mochte er Frauen, wie er seiner entrüsteten Schwester häufig erklärt hatte, er verstand sie nur nicht und zog ihnen die Gesellschaft von Büchern und Gelehrten vor.
    »Im Gegensatz zu früheren Kriegen handelte es sich hierbei um einen globalen Konflikt, der nicht nur in Europa, sondern auch in Amerika, Indien und auf den Inseln in der Karibik ausgetragen wurde. Der Sieg Großbritanniens bedeutet, dass sich das strategische Gleichgewicht der Macht sehr zu seinen Gunsten verschoben hat.«
    Liebevoll betrachtete Jonathan den altmodischen, abgetragenen Gehrock, der über dem Bauch des Onkels spannte und ihm fast bis an die stämmigen Waden reichte. »Ich weiß, Frankreich hat die meisten seiner Besitzungen in Nordamerika und beträchtliche Gebiete in Indien an Großbritannien verloren, aber was ist mit Spanien?«
    »Wir sind mit einer beispiellosen Übermacht auf See als Sieger über unsere alten Feinde hervorgegangen«, polterte Josiah, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und streckte den Bauch vor. »Unser Sieg ist so vollkommen, dass wir unsere Aufmerksamkeit darauf richten können, in den Pazifik vorzudringen und Spaniens Ansprüche in Frage zu stellen.« Er wiegte sich in seinen Schnallenschuhen vor und zurück, seine Augen strahlten innere Erregung aus, die Perücke drohte ihm in die Stirn zu rutschen. »Die

Weitere Kostenlose Bücher