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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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allein.«
    Susan versuchte zu lächeln. »Ich lasse so viel zurück«, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme.
    »Wir alle lassen einen Teil von uns zurück, Susan«, erwiderte Ann leise. »Besonders die armen Seelen dort.«
    Susan folgte ihrem Blick zu den Schiffen, die bereits durch das offene Meer pflügten. Genau wie sie hatten die Sträflinge keine andere Wahl, und ihr wurde bewusst, dass sie nicht die Einzige war, die sich vor der Zukunft fürchtete. »Armer Billy«, schluchzte sie. »Er ist nie gern aufs Meer hinausgefahren. Wie soll er das nur überstehen?«
    »Der Mensch ist erstaunlich stark, Susan. Billy wird die Kraft finden, sich über Wasser zu halten.« Sie drückte Susans Hand. »Du musst versuchen, diese Reise als Abenteuer zu betrachten.« Sie lächelte Susan mitfühlend und liebevoll an. »Sieh es als eine Chance, etwas zu tun, was nur wenige außer dir erfahren werden. Wir werden in die Geschichte eingehen.«
        

Dritter Teil
    D
elikte und
K
onflikte

Dreizehn
    Botany Bay, Australien, 20. Januar 1788
    A
cht Monate waren sie auf See gewesen, und jetzt, da sie sich dem Ufer näherten, standen die Passagiere dicht gedrängt an Deck der Golden Grove . Freudige Erwartung klang aus dem allgemeinen Geschnatter, aber auch ein erleichtertes Raunen darüber, dass die lange Fahrt zu Ende war.
    Doch als die Küstenlinie in Sicht kam und die Sonne gnadenlos von einem wolkenlosen Himmel herabschien, breitete sich Schweigen aus. Vor ihnen lag das öde Land, das ihre Heimat werden sollte. Es gab kein Zurück mehr, keine Begnadigung. Selbst die Zuversichtlichsten unter ihnen sahen angesichts der Trostlosigkeit der Umgebung ihre Hoffnungen und Träume zerplatzen.
    Susan klammerte sich an die Reling, den Blick wie gebannt auf die anscheinend endlosen verdorrten Bäume und stinkenden Sümpfe gerichtet. Wo waren die grünen Weiden – das reiche Ackerland, das angeblich nur auf die Arbeit der Sträflinge wartete, um in Felder mit goldenem Weizen verwandelt zu werden?
    »Das ist nicht das, was man uns versprochen hat«, hauchte sie. Sie schaute zu Ezra auf. Angst trieb ihr die Tränen in die Augen und ließ ihre Stimme zittern. »Wie um alles in der Welt sollen wir nur in einer solchen Gegend überleben?«
    Ezra tröstete sie nicht. Steif stand er neben ihr, das Gesicht grimmig verzogen, und ließ den leeren Blick über die Landschaft schweifen. »Der Herr wird es richten.« Doch auch er klang trotz seines festen Glaubens nicht gerade überzeugt.
    »Wie denn?«, entgegnete sie ungewöhnlich grob. »Die Bäume tragen keine Früchte, die Sümpfe werden uns Fieber einbringen, und es gibt keinen Zollbreit Weide, auf dem Tiere grasen oder den wir umpflügen könnten.« Sie wurde lauter, je mehr die Angst sie zu überwältigen drohte. »Wir haben Stürme und Krankheit und Käfer im Mehl überstanden – und wofür?«, schrie sie. »Für einen Sumpf!«
    Ezra ließ sich durch ihren Zorn nicht erschüttern. Erst der Blick in die Gesichter ihrer Kinder brachte sie zum Schweigen. Sie fand ihre eigene Angst dort widergespiegelt und wusste, dass sie ruhig bleiben musste. »Der liebe Herrgott wird bestimmt schwer zu schaffen haben – und wir auch«, sagte sie und verlieh ihrer Stimme einen leichten Ton.
    »Er wird uns die Kraft schenken, diese Wildnis in ein Zuhause zu verwandeln«, sagte Ezra, als Florence in Tränen ausbrach. Geistesabwesend strich er dem Mädchen über die Haare. »Solange wir stark im Glauben bleiben, wird Er uns führen.«
    Susan hatte die Lippen fest zusammengepresst. Sie wagte nicht, laut ihre Meinung zu äußern, dass Gott mit der furchtbaren, ihnen bevorstehenden Mühsal nicht viel zu tun hatte. Sie schaute zu den Sträflingsschiffen hinüber. Ihre eigene Überfahrt durch die Stürme war schlimm genug gewesen, doch was war mit Billy und den anderen, die in den Laderäumen in Ketten gelegen hatten? Wie würden sie in dieser Hitze arbeiten, wenn Fieber und Krankheiten so grausam wie die Peitsche über ihnen schwebten? Sie hatte Angst um sie alle, denn in dieser Hölle konnte doch unmöglich ein menschliches Wesen existieren.
    Fünf Tage lagen die Schiffe in der Bucht vor Anker, während Arthur Phillip mit ein paar Offizieren in einem der Beiboote an der Küste nach einem geeigneteren Landeplatz suchte. Billy und die anderen durften den Laderaum verlassen, und als sie auftauchten und im hellen Sonnenlicht blinzelten, trat verblüfftes Schweigen ein. Darauf waren sie nicht vorbereitet

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