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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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hatten. Angst schnürte ihr die Kehle zu, sie nahm ihren Bastbeutel und die Speere und lief zu ihren Onkeln Bennelong, Colebee und Pemuluwuy, um sie zu warnen.
    Die Männer des Stammes versammelten sich am Ufer, schüttelten die Speere und heulten in trotziger Selbstbehauptung, während die weißen Männer ihre großen Segelkanus nah ans Land brachten. Lowitja blieb bei den anderen Frauen außer Sichtweite, sie erinnerte sich noch, dass diese weißen Männer schon einmal gekommen waren, und sie wusste, dass nun die dunkle Zeit begann, die sie vorausgesehen hatte.
    Nachdem die Sonne fünfmal aufgegangen war, sah es so aus, als hätten sie ihnen Angst eingejagt, denn sie hissten die Segel wieder und fuhren an der Küste entlang weiter. Ihre Onkel triumphierten, Lowitja aber wusste, dass es nicht vorbei war.
    Als ein neuer Tag anbrach, kam ein weiteres Schiff mit anderen Farben an diesen blattlosen Bäumen, an denen Segel hingen. Die Männer eilten an den Strand, um Beschimpfungen auszustoßen und mit ihren Speeren zu drohen, und Lowitja sah verängstigt von den Bäumen aus zu.
    Ein großer Donner zerriss die Luft.
    Lowitja und die anderen warfen sich zu Boden.
    Irgendetwas flog über ihre Köpfe hinweg und landete mit einem knallenden Schlag, der die Erde erzittern ließ und Bäume und Büsche hoch in den Himmel warf.
    Lowitja und ihre Familie krochen tief in den Schutz eines überhängenden Busches. Visionen wurden Realität, das Ende der Welt war nah.
    Es dauerte eine Weile, bis sie es wagten, den Kopf zu heben. Beim Anblick von zwei jungen, in Stücke gehackten Männern ergriffen sie Hals über Kopf die Flucht. Von Angst überwältigt, suchten sie die tiefsten, dunkelsten und geheimsten Stellen im Busch auf, um sich zu verstecken.
    Immer wieder warf Lowitja die sprechenden Steine, zwang sie, ein wenig Hoffnung in ihre Lage zu bringen. Doch auch als sie in Trance fiel und Rat bei den Geistern der Urahnen suchte, wusste sie, dies war ein Feind, mit dem sie es nicht aufnehmen konnten, denn seine Waffen waren von bösen Geistern geschaffen und ihren Speeren und Bumerangs weit überlegen.
    Ihr Onkel Bennelong, der Älteste des Stammes, schickte Fährtenleser die Küste hinauf, um das Volk der Cadigal vor den Ereignissen zu warnen und um zu prüfen, wohin die Schiffe gefahren waren, nachdem sie die Bucht verlassen hatten. Als die Fährtenleser zurückkamen, schlug er vor, dass beide Stämme eilig weiter in den Norden nach Warrang ziehen sollten, wo das Wasser offener und die Buchten tiefer waren, um herauszufinden, welche Art von Feind an ihr Ufer gekommen war.
    Port Jackson, 26. Januar 1788
    Susan und die anderen standen an Deck, als sie nach Sydney Cove und Port Jackson einliefen. Die Wilden am Ufer in Botany Bay hatten ihnen einen gehörigen Schrecken eingejagt; obwohl ihre Speere niemanden getroffen hatten und sie am Ende wieder in den Sümpfen verschwunden waren, fragten sich die Passagiere der Golden Grove ängstlich, was sie in der nächsten Bucht erwarten mochte.
    Susans Laune besserte sich, als sie das üppige Gras, die grünen Bäume, das klare Wasser und die geschützten, sandigen Buchten dieses enormen Hafens erblickte. Sanfte Hügel erhoben sich am Horizont, und klare Flüsse wanden sich endlos durch Wald und Weideland. Vielleicht wäre es am Ende doch gar nicht so übel, hoffte sie und schob die Verzweiflung entschieden beiseite.
    »Das wird eine Menge Arbeit kosten, alles zu roden, bis wir etwas anbauen können«, murmelte Ernest und fuhr sich mit den Händen durch das dichte, helle Haar. Vor der Spiegelung der Sonne auf dem Wasser kniff er die Augen zusammen. »Aber das Land sieht vielversprechend aus, und wir werden genug Arbeitskräfte haben, die mit anpacken können.« Er strahlte seine Mutter an. »Ich kann es kaum erwarten, mir die Hände schmutzig zu machen und gute, feste Erde unter den Füßen zu spüren.«
    Susan war froh, dass wenigstens einer von ihnen begeistert war. Florence klebte an Ezras Arm. Susan hätte ihr gern die Angst genommen, doch wie üblich hatte Florence bei Ezra Trost gesucht. Susan versuchte, nach außen hin optimistisch zu wirken. Sie konnte jetzt nur noch beten, dass sie als Familie wieder zusammenfinden würden, um hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken.
    Susan teilte die Ungeduld, die sich unter den Offiziersfamilien breitmachte, als das Militär ans Ufer ruderte. Wie ihr Sohn sehnte sie sich danach, wieder festen Grund unter den Füßen zu spüren – auch wenn es

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