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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Busches und schloss die Augen. Sie würde sich kurz ausruhen.
    Als sie die Augen aufschlug, sah sie vertraute Gesichter um sich. Kaltes Wasser und heilende Blätter linderten ihre Schnitte und Prellungen, leise Worte trösteten sie. »Wie bin ich hierhergekommen?«, flüsterte sie.
    »Watpipa hat die Suchmannschaft angeführt. Er hat dich gefunden und vor genau zwei Monden nach Hause getragen.« Die ältere Frau fuhr fort, ihr die schmerzenden Glieder zu massieren. »Und jetzt schlaf.«
    Sie verlor jegliches Zeitgefühl, während sie in eine wohlige Dunkelheit eintauchte, aus der sie hin und wieder erwachte. Schließlich wurde ihr jedoch die Veränderung in den Stimmen um sie herum bewusst. Vorbei war es mit den sanften, beruhigenden Worten. Stattdessen fanden hitzige Gespräche statt. Sie öffnete die Augen und setzte sich auf.
    »Wo ist Birranulu?«, wollte sie wissen.
    »Sie ist bei den anderen Frauen«, teilte ihr die ältere Ehefrau mit.
    »Ich will sie sehen.«
    Die Älteste befahl den anderen zu gehen und schüttelte den Kopf. »Jetzt, da du gesund bist, musst du das Lager verlassen und darfst weder mit dem Kind noch mit Watpipa Kontakt haben, bis du gereinigt bist.«
    Anabarru schaute sie verwirrt an. Dann dämmerte ihr die grässliche Wahrheit. »Ich trage das Kind des Lizards unter dem Herzen.«
    »Du musst noch heute aufbrechen.«
    Die beiden Frauen sahen sich lange in stillem Einvernehmen an. Anabarru nickte. Es war Stammesbrauch. Solange Anabarru die fremde Leibesfrucht nicht losgeworden war, würde sie alle beschmutzen. Langsam und unter Schmerzen erhob sie sich.
    »Ich werde kommen und dir in der Geburtshöhle helfen, wenn deine Zeit da ist«, sagte die ältere Frau. »Du weißt, was zu tun ist, um zu uns zurückzukehren?«
    Anabarru nickte erneut, doch als sie erkannte, dass sie schuldlos verbannt wurde und viele Monde außerhalb der Sicherheit des Lagers, getrennt von ihrer Familie, verbringen sollte, hätte sie am liebsten geweint und darum gebeten, bleiben zu dürfen. Aber sie wusste, dass man ihr kein Gehör schenken würde. Das heilige mardayin war unumstößlich.
    Sie sah der alten Frau nach, die den Unterschlupf aus Ästen und Gras verließ, der errichtet worden war, um sie den Blicken des Stammes zu entziehen; und sie wusste, sie würde sie erst wiedersehen, wenn die Wehen einsetzten. Sie betrachtete den Felsbrocken, der ihr das Leben gerettet hatte, und legte ihn in den großen Beutel, den ihr die Ältere dagelassen hatte. Fisch und Beeren waren darin, um ihr die ersten Tage der Einsamkeit zu erleichtern, und dafür war sie dankbar. Sie war noch immer sehr schwach und zweifelte, ob sie Kraft zur Jagd und zum Fischfang hätte.
    Die Sonne stand hoch über den Baumwipfeln und warf ihr gesprenkeltes Licht auf den Waldboden, die Hitze schimmerte auf den dicken Blättern. Von fern hörte Anabarru die Geräusche des Lagers, das jenseits der Bäume außer Sichtweite war. Schweren Herzens hob sie ihren kurzen Grabstock und den schlanken Speer auf und begab sich auf den Weg in die Verbannung.

Drei
    Tahiti, April 1769
    S
ie waren über ein Jahr auf See gewesen, und obwohl es Krankheitsfälle gegeben hatte, war es Cooks striktem Gebot, regelmäßig Zitrusfrüchte und Essig zu sich zu nehmen, zu verdanken, dass niemand an dem gefürchteten Skorbut erkrankt war.
    Jonathan hatten die stürmischen Gewässer vor Kap Hoorn gefallen, und er gehörte zu den wenigen Passagieren, die schwankende Decks und eiskalte Gischt aushielten, um die dunstigen Umrisse des Landes zu betrachten, das an Steuerbord vorüberzog. Seinem Onkel Josiah war es nicht so gut ergangen; er hatte den größten Teil der Reise liegend in seiner Kabine verbracht, zu krank, um sich zu regen. Sobald sie in die ruhigen, türkisfarbenen Gewässer vor Tahiti kamen, besserte sich Josiahs Gesundheitszustand; als dann noch neue Vorräte an frischem Obst, sauberem Wasser, Fisch und Fleisch an Bord gebracht wurden, war er bald wieder auf den Beinen und so ruppig wie eh und je.
    Für Jonathan war Tahiti eine Offenbarung, denn eine solche Landschaft hätte er sich nicht im Traum vorstellen könnten. Während eine Herde Delfine die Endeavour zum Land hin geleitete, sah er Palmen, die sich tief über den hellen Sand neigten, und Vögel in allen Farben, die zwischen den tropischen Bäumen flatterten. Am Ufer erschienen Dutzende dunkelhäutiger Eingeborener, die ins Wasser wateten und auf die ankernde Endeavour zuschwammen. Exotisch geschmückte, lange,

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