Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
Vom Netzwerk:
aus?«
    Jonathan schaute seinen Onkel mit einer Mischung aus Zuneigung und Empörung an. »Wieso ziehst du nicht wenigstens den Mantel aus, Onkel?«, spottete er. »Du wirst noch bei lebendigem Leib geröstet.«
    Der alte Mann funkelte ihn unter dem weiten Rand seines altmodischen Hutes wütend an und nahm mit einem Blick die lockere Kleidung seines Neffen auf. »Für einen Mann in meinem Alter gehört es sich nicht, wie ein Eingeborener rumzulaufen«, brummte er. »Wenn deine Mutter dich jetzt sehen könnte, würde sie vor Entsetzen in Ohnmacht fallen. Du siehst aus wie ein verdammter Zigeuner.«
    »Wenigstens fühle ich mich wohl«, erwiderte Jonathan heiter.
    »Hmm.«
    Spekulationen über diese Versammlung hatten unter Passagieren und Mannschaft die Runde gemacht, sobald sie anberaumt worden war; es wurde viel debattiert und es herrschte eine erwartungsvolle Stimmung, als die Schiffsglocke die Uhrzeit schlug. Cook erschien auf dem Achterdeck, und beim Anblick des königlichen Einheimischen an seiner Seite lief ein erregtes Raunen durch die Reihen der Passagiere.
    »Er stellt den anderen nur den eingeborenen Priester vor«, murmelte Josiah. »Und wir wissen, warum der hier ist.«
    »Ich habe Befehle von der Regierung Seiner Majestät, die ich bisher noch nicht offenlegen konnte. Der Grund wird bald ersichtlich sein.« Cook hielt inne, und erneut wurde getuschelt. »Ich habe Tupaia, den Priester aus Tahiti, gebeten, uns auf der nächsten Etappe unserer Reise als Dolmetscher zu begleiten. Nachdem wir viele andere Inseln in dieser Region kartographiert haben, segeln wir nun bis zum vierzigsten Breitengrad nach Süden, um die Frage zu lösen, ob es einen großen südlichen Kontinent gibt.«
    Nach dieser Ankündigung trat verblüfftes Schweigen ein. Jonathan und sein Onkel tauschten ungläubige Blicke.
    »Wenn wir kein Land finden, werden wir nach Westen bis zur Ostseite des Landes segeln, von dem Tasman berichtete, und erkunden, ob es ein Ausläufer des Polarlandes ist, das Jakob Le Maire bestimmte – oder ob es ein eigenständiges Land ist.«
    Jonathan vermochte seine Erregung kaum zu zügeln und grinste seinen Onkel breit an, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Cook zuwandte.
    »Alle, die nicht an Bord bleiben wollen, werden auf der Seagull zurück nach England fahren können, die in etwa einer Woche hier eintreffen soll. Ich habe meinen Ersten Offizier gebeten, eine Liste derer zusammenzustellen, die in Tahiti bleiben, und ich bitte darum, dass sie bis morgen vor Sonnenuntergang gepackt haben, damit sie von Bord gehen können.« Cook verlor nicht viele Worte. Er hatte alles gesagt, was er sagen wollte, drehte seinem verblüfften Publikum den Rücken zu und zog sich mit dem Priester in seine Kabine zurück.
    »Deshalb also hat man Dalrymple nicht zum Leiter dieser Expedition gewählt«, flüsterte Josiah. »Seine Ansichten waren zu weit verbreitet, seine Papiere über das Land im Süden zu oft gelesen. Die Admiralität und der König wollten nicht, dass die Franzosen und die Spanier den wahren Grund für unser Wagnis errieten.«
    Begeistert packte Jonathan seinen Onkel am Arm. »Der Durchgang der Venus vor der Sonne hat ihnen nur den Vorwand geliefert. O Onkel, überleg doch nur, wir stehen vielleicht kurz davor, einen neuen Kontinent zu entdecken!«
    Josiah blickte so finster drein, dass seine Augenbrauen aufeinandertrafen. »Ich weiß nicht«, murmelte er. »Deine Mutter hat mir die Verantwortung für deine Sicherheit übertragen, und bisher warst du eine rechte Nervensäge, fängst ein Techtelmechtel mit dieser Eingeborenen an und kleidest dich wie einer aus der Gosse. Der Herr im Himmel mag wissen, was noch weiter südlich passiert, und diese Reise, die Cook da vorschlägt, könnte voller echter Gefahren stecken.«
    »Aber wir müssen mitfahren«, forderte Jonathan und krallte sich mit einer Hand in den dicken Ärmelstoff der Jacke. »Verstehst du denn nicht, Onkel? Es ist die Chance festzustellen, ob die Legende vom großen südlichen Kontinent Wahrheit oder Märchen ist. Das kannst du uns doch nicht versagen, oder?«
    Josiah nuschelte etwas Unverständliches vor sich hin und fummelte an seinem Taschentuch. »Deine Mutter wird es mir nicht danken, wenn dir etwas zustößt, mein Junge«, sagte er barsch. »Und ich bin zu alt für Abenteuer – besonders in so einem kleinen Kahn wie diesem hier.« Mit einer verächtlichen Handbewegung deutete er auf die Masten der Endeavour .
    »Seit wann hast du Angst, etwas

Weitere Kostenlose Bücher