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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Qual.
    Vor langer Zeit war ein Mann mit einem schwarzen Beutel vom Schiff gekommen und hatte ihr das Handgelenk gehalten, ihr in Augen und Mund geschaut und die Flecken untersucht. Er sagte, es seien die Masern, und sie werde bald wieder gesund. Lianni aber ging es nicht besser; nun hatte sie große Angst, nicht nur um sich, sondern um ihr kleines Kind. Denn diese Krankheit, die Masern des weißen Mannes, hatten bereits ihre Mutter getötet, zwei ihrer Schwestern und einen Onkel – aus der Hütte nebenan drangen Jammerlaute, um sie daran zu erinnern, dass fast jede Familie auf der Insel durch die schreckliche Krankheit jemanden verloren hatte.
    Sie kuschelte sich unter die Decke, ihre Augen schmerzten, ihr Kopf dröhnte; die in Wogen kommende Hitze schien sie von innen her zu verbrennen. Zugleich schlugen ihre Zähne aufeinander, und ihr Körper zitterte, als stünde sie im kältesten Wasser und wäre dabei einem bitteren Wind ausgesetzt.
    »Lianni, trink das! Es wird dich kühlen.«
    Sanfte Arme hoben ihren Kopf vom Boden. Mit fiebrig verschleiertem Blick sah sie, dass es Tahani war, die Schwester ihres Vaters, die ganz am Anfang erkrankt war, aber wie durch ein Wunder überlebt hatte. Sie spürte, wie die kühle, süße Kokosmilch in ihren Mund rann, das Schlucken aber tat weh, und sie gab bald auf. »Wo ist Tahamma?«, flüsterte sie.
    »Er ist gesund und in Sicherheit, Lianni. Dein Vater hat ihn und die anderen Kleinen mit auf eine andere Insel genommen, ins Haus unseres Bruders. Dort ist niemand krank.«
    Lianni hörte kaum, was ihre Tante sagte, und verstand nicht, warum ihr kostbares Kind nicht wie üblich neben ihr lag. Sie war wie benebelt, und ihre Gedanken gerieten durcheinander. »Ich will ihn noch einmal halten.«
    Tahani legte ihr die Arme um die Schultern, drückte sie an sich und wiegte sie, wie sie es getan hatte, als Lianni noch klein war. »Es ist gefährlich, Lianni«, murmelte sie und strich ihrer Nichte das schweißnasse Haar aus dem Gesicht. »Er ist zu klein und hat dieser schrecklichen Sache nichts entgegenzusetzen; außerdem habe ich keine Möglichkeit, eine Nachricht zur anderen Insel zu schicken.«
    Lianni schloss die Augen, besänftigt durch die Umarmung ihrer Tante. Tahani hatte Recht, erkannte sie, als sich der Nebel der Verwirrung für kurze Zeit lichtete. Tahamma war erst drei Monate alt, und obwohl er ein stämmiges Kleinkind war mit knubbeligen Armen und Beinen und einem runden Bäuchlein, wusste sie, dass ebenso gesunde Kinder der Krankheit trotzdem erlegen waren. Wenigstens wäre er auf einer anderen Insel außer Gefahr.
    Flackernd schlug sie die Augenlider auf und wurde ganz aufgeregt, als ihr einfiel, was sie in den letzten Tagen beschäftigt hatte. Sie löste sich aus der Umarmung ihrer Tante, überhörte deren Bitten, sich auszuruhen, kroch von der Matte und wühlte im hinteren Teil der Hütte im Boden. Ihre Finger trafen auf das raue Tuch, sie zog das Päckchen hoch, drückte es an sich und klopfte die Erde ab. Sie kroch zu ihrer Tante zurück und brach kraftlos auf der Decke zusammen. Der Lebensfunke erlosch allmählich.
    »Gib das hier Tahamma, wenn er zum Mann wird«, flüsterte sie und gab ihrer Tante das Päckchen. »Hüte es mit deinem Leben. Es ist sein Erbe.«
    Tahani schlug das Leinentuch zurück und riss staunend die Augen auf. Sie nahm die Taschenuhr in die Hand und hob sie in die Höhe, so dass sich die Sonne auf dem hellen Stein in der Mitte fing und das Gold glitzerte. »Wo hast du die gestohlen?«, fragte sie atemlos.
    »Ich bin keine Diebin.« Lianni keuchte. »Tahammas Vater hat sie mir geschenkt, bevor er mit Tupaia wegfuhr.«
    Tahani öffnete den Deckel und betrachtete die beiden Miniaturporträts. Ihre Miene wurde sanft, als sie erkannte, dass Lianni die Wahrheit sagte.
    Lianni rollte sich auf die Seite und krallte sich mit erstaunlicher Kraft in den Arm ihrer Tante. »Versprich mir, dass du sie für ihn aufhebst, Tahani, ja? Versprich mir, dass du sie nie verkaufst, und wenn es euch noch so schlecht geht.«
    Tahani nickte. »Versprochen«, erwiderte sie. »Aber ich muss sie vor meinem Mann verbergen. Für so etwas würde man viel Rum und Tabak bekommen.« Sie schloss den Deckel und schlug die Uhr wieder in dem Segeltuch ein.
    »Versteck sie«, flüsterte Lianni. »Hüte sie mit deinem Leben.«
    Tahani drückte das Päckchen an die Brust. Tränen rannen ihr über das Gesicht. »Mit meinem Leben«, murmelte sie.
    Lianni schloss die Augen. Es war

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