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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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prächtiges Haar im Wind. Sie war so ungezähmt wie das Land Cornwall, kraftvoll wie das Gras, das sich an die Felsen klammerte, und begehrenswert wie der kostbarste Edelstein. Sie war herrlich anzusehen in ihrer Wut, die Rundungen ihrer Brüste hoben und senkten sich unter dem engen Mieder, das Kinn war trotzig vorgestreckt. Er wünschte, er könnte ihre Augen erkennen; gewiss würden sie wie Saphire in dem von der Sonne geküssten Gesicht aufblitzen.
    Schließlich umarmten sich die Frauen und setzten ihren Weg fort. Er sah ihnen nach, bis sie außer Sichtweite waren, und drehte sich dann mit einem tiefen Seufzer zum einsamen, leeren Haus um. Dieses Feuer zu besitzen, den sinnlichen Körper in den Armen zu halten und ihren begehrenswerten Mund zu küssen, war ein Traum. Sie würde niemals die Seine werden, und obwohl sie nur ein Fischermädchen war, fühlte er sich ihrer unwert. Bei dem Gedanken, ihr am Abend gegenübertreten zu müssen, sank seine Stimmung ins Bodenlose.
    Ezra trat in die frostige, düstere Diele und schloss die Tür hinter sich. Er blieb eine Weile stehen und lauschte auf die Stille im Haus. Für einen Mann wie ihn würde das immer so bleiben. Ein anderer hätte hier ein echtes Zuhause gründen können – das Haus war für eine große Familie erbaut. Der Klang von Kinderstimmen und die leichten, raschen Schritte ihrer Mutter würden die Düsternis vertreiben und die dringend nötige Lebendigkeit und Wärme in diese widerhallenden Räume bringen.
    Doch Gott hatte ihn auserwählt, weil ihm sein einsames Schicksal in die Wiege gelegt worden war. Als dritter und mit Abstand jüngster Sohn hatte er immer gewusst, dass er für seine Eltern in mittleren Jahren eine unliebsame Überraschung gewesen war. Sie stellten keine großen Erwartungen an ihn und vergaßen fast, dass er überhaupt existierte, da sie ihn lange nur unter der Aufsicht der Dienerschaft ließen, bis er in die Schule gesteckt wurde.
    Seine Mutter war verzweifelt angesichts seines Mangels an feiner Lebensart, und sein Vater hatte klargestellt, dass er entweder für die Kirche oder die Armee bestimmt sei. Seine Großmutter war die Einzige gewesen, die ihm Zuneigung entgegengebracht hatte. Ihre liebevollen Umarmungen und weichen Küsse hatten geholfen, die Wunden der Ablehnung zu heilen, und als sie starb, schien für ihn die Welt unterzugehen.
    Ihr Erbe hatte ihn immerhin vor Armut und dem drohenden Militärdienst bewahrt, und nachdem er einmal eine Predigt von John Wesley gehört hatte, wusste er, dass er gefunden hatte, wonach er gesucht hatte. Endlich fühlte er sich zugehörig.
    Es war ihm bestimmt, Sein Werk hier auf Erden zu tun, Seine Psalme zu predigen und Seine Herde ins Paradies zu führen. Die Familie Gottes war alles, was er gebraucht hatte, bis er an jenem Tag vor knapp einem Jahr Susan erblickte, wie sie auf der Landspitze stand und über das Meer schaute. Sie sah atemberaubend aus, und er hatte unter den Gemeindemitgliedern und unten am Kai nach ihr gesucht, um sich an ihrem Anblick zu laben. Gottes Wege waren rätselhaft. Vielleicht würde ihn ihre Zurückweisung heute Abend nur in seinem Glauben bestärken, dass es ihm bestimmt war, Gottes Werk allein zu verrichten, dass die Botschaft, die er zu überbringen hatte, nur durch Abstinenz und Bescheidenheit zu vermitteln wäre.
    Susan hatte den ganzen Nachmittag wie eine Furie gearbeitet. Ihre Hände waren starr vor Kälte, während sie die Heringe aufgeschlitzt, ausgenommen und in Fässer geschichtet hatte, doch sie hatte es kaum gespürt, denn in Gedanken war sie viel zu sehr mit dem Gespräch beschäftigt, das sie mit ihrer Mutter geführt hatte. Nun war sie wieder in der Kate, umgeben vom Lärm zu vieler Menschen auf engstem Raum, und sie wollte nur noch fliehen.
    »Es ist bald so weit«, sagte Maud, als in den Steinbrüchen die Sirenen ertönten. »Du solltest dich langsam frisch machen.«
    Susan fuhr mit ihren geröteten Händen über den groben Stoff ihres Rocks und ihrer Schürze. »Ich bin frisch genug«, erwiderte sie.
    Maud beäugte den fleckigen Rock, das schmuddelige Mieder und die bloßen Füße. »In diesem Aufzug empfängt meine Tochter keinen vornehmen Herrn«, krächzte sie. »Wasch dir wenigstens die Schuppen von den Händen und zieh einen anderen Rock an.«
    »Es ist eine ehrliche Arbeit, für die ich mich nicht schäme.«
    Mauds Hand schloss sich fest um ihren Arm. Sie senkte die Stimme. »Wenn ich etwas rückgängig machen könnte, würde ich es tun.

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