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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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In gewisser Weise beneidete Jonathan sie.
    Er konnte nicht jeden Tag mit Watpipa verbringen, da er noch andere Aufgaben hatte. Am Rande des Waldes war ein Lager aufgeschlagen, Segeltuch als Schutzhülle zwischen Äste gespannt worden. Die Reparaturarbeiten kamen gut voran, doch war nach wie vor die Frage, wie sie diesem tropischen Strand entkommen sollten. Jonathan nahm die Einladung von Banks und Solander an, mit ihnen in einem der Beiboote hinauszufahren und das Riff zu erkunden.
    Die große Wand aus Korallen erhob sich beinahe lotrecht aus den Untiefen des Ozeans. Bei Flut lag sie immer unter dem Wasserspiegel, doch konnte man vom Boot aus das zappelnde Leben der bunten Fische und fremdartigen Weichtiere gut sehen, weil das Wasser so klar und blau wie der Himmel war.
    Sydney strahlte vor Freude. »Das ist ein Paradies für einen Künstler, Jon. Ich weiß kaum, wo ich anfangen soll – es gibt so viel zu malen und so wenig Zeit, alles einzufangen.«
    »Das schaffst du schon«, erwiderte Jonathan. »Aber vergiss nicht, zu schlafen und zu essen, Syd. Du kannst nicht Tag und Nacht malen und dich nur von frischer Luft ernähren.«
    »Aber was für eine Luft, welche Schönheit.« Er atmete tief ein. »Dies ist etwas anderes als Schottland.«
    »Das will ich doch hoffen«, sagte Jonathan. Er hatte die farbigen Korallen und das faszinierende Leben unter Wasser bewundert, wünschte sich aber, er wäre in Watpipas dünnwandigem Borkenkanu auf der Jagd nach Riesenschildkröten, die in diesen warmen Gewässern so lässig schwammen und deren Fleisch so köstlich schmeckte.
    Er schmunzelte, als Sydney so poetisch von den botanischen Wundern dieser weltabgewandten Gegend schwärmte. Er kannte sich mit Pflanzen nicht gut aus, interessierte sich auch nicht besonders für sie, und so konnte er sich nicht wie sein Freund für die Form eines Blattes oder die Farbe einer Baumrinde begeistern. Er musste schon mit Engelszungen reden, um ihn zu überzeugen, in der Mittagshitze mit dem Malen aufzuhören und etwas mit ihm zu trinken.
    Sydney gab endlich nach, als das Thermometer anstieg und man einfach nicht mehr arbeiten konnte. Er teilte sich mit Jonathan eine Flasche Rum, während sie unter einem Sonnensegel saßen und den Spaß am Strand beobachteten.
    In den ersten Tagen war Josiah am Strand entlanggetrottet und hatte allen im Weg gestanden, bis er entdeckte, dass er die eingeborenen Kinder mit seinem entsetzlichen Gesang verzauberte. In kürzester Zeit lehrte er sie Kinderreime auf Englisch, worüber ihre Mütter und Großmütter nur so staunten. Jetzt versuchte er, ihnen Kricketregeln beizubringen.
    Jonathan brüllte vor Lachen, als Josiah versuchte, die Kindertruppen zu organisieren, die jedoch viel mehr daran interessiert waren, im Kreis um ihn herumzulaufen und an seinen Hemdschößen zu ziehen. Sein Onkel hatte den Überzieher abgelegt, ging barfuß und ohne Kopfbedeckung, und sein Gesicht wurde immer roter. Noch nie hatte Jonathan seinen Onkel so entspannt und sorglos erlebt, und ihm wurde warm ums Herz, als er sah, wie er von Tag zu Tag kräftiger wurde.
    Als die Sonne ein bisschen von ihrer Kraft verloren hatte und eine kühle Brise über den Sand wehte, verkündete Cook, er wolle den großen Berg hinter den Bäumen erklimmen, um wenigstens annähernd ihre Position zu bestimmen und zu sehen, ob er einen Kurs durch das Riff abstecken könne. Jonathan hatte lange genug herumgesessen, und so schloss er sich der Expedition an.
    Der Anstieg war sehr steil und schien kein Ende nehmen zu wollen. Schweißtriefend und außer Atem, mit starren und schmerzenden Wadenmuskeln erreichte Jonathan schließlich den Gipfel. Auf den Anblick, der sich ihm bot, war er nicht vorbereitet, und als er ihn ehrfürchtig in sich aufnahm, konnte er Cooks Verzweiflung nicht so recht teilen. Es war Ebbe, und entlang der gesamten Küste gab es zwar zahlreiche Sandbänke und Untiefen, doch weit draußen am Horizont erstreckte sich der prächtige Ozean in tiefstem Blau und klarem Grün.
    »Wir sind hier gefangen, bis eine Durchfahrt gefunden wird«, sagte Cook, während er das Panorama durch sein Fernrohr betrachtete. »Ich werde Bob Molyneaux ausschicken, um die Gegend zu erkunden, und zwar so lange, bis wir einen Weg hinaus gefunden haben.«
    Bob Molyneaux fuhr Tag für Tag hinaus, und alle außer Jonathan wurden ungehalten über seine ergebnislose Suche nach einem Ausweg aus diesem schönen, aber verschlossenen Korallengefängnis.
    Schließlich stieg Cook

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