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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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auf den Masttop und sah bei Ebbe auf das Riff hinunter. Dann fuhr er mit einem Beiboot zu einer Insel, von der er annahm, dass sie das äußere Ende des Riffs sei. Zu Jonathans Entsetzen kehrte er ans Ufer zurück und erklärte, er habe eine Durchfahrt gefunden. »Es wird ein heikles Unterfangen, aber wir können es uns nicht leisten, noch länger hierzubleiben und dann in Winterstürme zu geraten.«
    Jonathans Mitreisende nahmen diese Nachricht begeistert auf. Sie waren der Hitze und der kurzen, kräftigen Regengüsse überdrüssig, die alles zum Stillstand brachten und die Luftfeuchtigkeit zusätzlich anstiegen ließen. Sie wollten lieber heute als morgen nach Hause.
    »Dem Himmel sei Dank«, seufzte Sydney. »Ich dachte schon, wir hingen hier ewig fest und sähen die Heimat nie wieder.«
    »Ich dachte, du wärest glücklich hier?« Jonathan sah den Freund verwundert an.
    Sydney nickte. »Es hat mir gut gefallen, so viele wunderbare Musterexemplare zu finden, aber ich bin Schotte, ich muss den kalten Wind im Gesicht spüren und Heideduft in der Nase haben.« Er schaute auf das türkisfarbene Wasser. »Es geht mir besser, seit ich weiß, dass wir wieder in die Zivilisation zurückkehren können.«
    Am Abend vor ihrem Aufbruch sprachen Watpipa und die Ältesten eine Einladung aus. Ihnen zu Ehren sollte ein Fest stattfinden, auf dem viel gesungen und getanzt wurde. Jonathan wurde das Herz schwer, als er sich zum letzten Mal ans Lagerfeuer setzte; er versuchte sich die Gesichter, Gerüche und alles Gesehene so einzuprägen, dass er es mit nach Hause nehmen konnte.
    Watpipa, Anabarru und ihr Stamm hatten ein Festmahl zubereitet, das eines Königs würdig wäre. Es gab gebratenen Leguan und Wallaby, Taube und Schildkröte und köstliches ungesäuertes, mit Kräutern gefülltes Brot. Als alle satt waren, gab Watpipa ein Zeichen, dass es nun Zeit sei, zu tanzen. Die Bewegungen hatten nur wenig Ähnlichkeit mit dem erotischen Hüftschwung der Tahitianer oder dem gestelzten Tänzeln der Londoner Aristokratie. Das hier war ein Tanz, der die Vögel und die Tiere im Busch nachahmte – ein wilder, wenngleich eigenartig zurückhaltender Tanz, als sei jeder Schritt wichtig, wobei jedes Flattern mit der Hand und jede Grimasse das Wesen der Tiere nachbildete.
    Zur rhythmischen Untermalung wurden Stöcke aneinandergeschlagen, die Musik kam aus einem brummenden langen und hohlen Holzinstrument, das mit Kringeln und den schlichten Umrissen von Tieren reich verziert war. »Didgeridoo«, sagte Watpipa und reichte es Jonathan.
    Es war überraschend schwer und plump, und nachdem sein Freund ihm aufmunternd zugelächelt hatte, versuchte er, dem Ding einen Ton zu entlocken. Was er schließlich hervorbrachte, war etwas, das wie eine kalbende Kuh klang, und er gab es beschämt zurück, während das freundliche Lachen der Einheimischen in seinen Ohren klang.
    Watpipa reichte es ihm erneut und bedeutete ihm, es sei ein Geschenk. Anabarru schenkte ihm eine Kette aus Muscheln. Er neigte den Kopf, und sie legte sie ihm um den Hals, um dann kichernd zu ihren Kindern zurückzulaufen.
    Schließlich war der Abend zu Ende, und die beiden Männer standen voreinander, wohl wissend, dass sie sich wahrscheinlich nie wiedersehen würden. Jonathan streckte eine Hand aus, die Watpipa ergriff. Schweigend bekräftigten sie ihre Freundschaft, dann drehte sich Jonathan um und ging zum Schiff.
    Der Himmel wurde gerade hell, als Jonathan an Deck stand und den Seeleuten zusah, die sich darauf vorbereiteten, die Segel zu hissen und der Pinasse – dem kleinen Boot des Schiffes – durch das Korallenlabyrinth zu folgen. Diese herrliche Gegend würde ihm fehlen, ebenso wie die Menschen, das Klima und die Rätsel der einheimischen Denkweise.
    »Ein trauriger Tag«, murmelte Josiah. Er winkte den Kindern zu, die sich auf der Sandbank versammelten. »Die kleinen Kerle werden mir fehlen.«
    »Sie haben dich auf jeden Fall in Schwung gebracht, Onkel. Vielleicht solltest du dir doch überlegen zu heiraten, wenn du nach Hause kommst? Du bist der geborene Vater.«
    Josiah schaute ihn an, als habe er den Verstand verloren. Er schnaubte. »Kinder sind nur nette Gesellschaft, wenn sie anderen gehören. Dann kannst du sie zurückgeben, wenn du genug von ihnen hast.«
    Sie wurden still, als das Schiff die lange Fahrt durch die Bucht zur Mündung des Flusses begann, und Jonathan lehnte sich so weit wie möglich hinaus, um Watpipa und seine Familie noch zu sehen.
    Die Endeavour

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