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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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ihnen? Geht es ihnen gut?« Billy wollte schon einen Schritt auf den ziemlich imposanten Offizier zugehen, da versetzte Mullins ihm mit seinem Stab einen Stoß in die Rippen und befahl ihm, strammzustehen.
    »Ist nicht nötig«, grummelte der Feldmarschall mit strengem Blick. »Deiner Familie geht es gut. Komm, Billy, wir können am Ufer besser unter vier Augen reden.« Ohne auf eine Antwort zu warten, entließ Gilbert Collinson den Wärter, stieg aus dem Boot an den Kai und ging auf den Grasstreifen am Ufer zu.
    Billy zog sich die weite Hose hoch, die ihm über die schmal gewordenen Hüften zu rutschen drohte, und raffte die Überreste seines Hemdes über der Brust zusammen. Er stellte sich neben den Feldmarschall ans Ufer und war sich nur zu gut des Kontrasts bewusst, den sie beide abgaben. Er vergewisserte sich, dass er im Windschatten der Nase des Patriziers stand. Die Scham über seine Lebensumstände brannte in ihm, doch er betrachtete den Mann mit trotzig erhobenem Kinn. »Was haben Sie mit meiner Familie zu tun?«, fragte er, sobald sie allein waren.
    »Ich bin mit dem Mann deiner Schwester verwandt«, sagte er rasch. »Billy, ich habe nicht viel Zeit, also hör mir genau zu.« Gilbert warf einen Blick auf die herüberschauenden Wärter. »Ich habe zuverlässige Informationen, dass du auf der Liste derer stehst, die in die Sträflingskolonie in New South Wales deportiert werden.«
    Billy runzelte die Stirn, er hatte noch nie etwas von einem solchen Ort gehört, doch der Gedanke an Deportation machte ihn vor Angst benommen.
    Gilbert klärte ihn auf, wobei Billys Herz noch tiefer in die Hose sank. Dennoch war er entschlossen, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr diese Nachricht ihn traf. Er lächelte schief. »Und ich dachte schon, es wäre Ihnen gelungen, mir eine Begnadigung zu verschaffen.«
    »Das geht nicht«, murmelte Gilbert. »Alles spricht gegen dich.« Seine dunklen Augen zwinkerten heiter. »Aber ich bin in der Lage, dir eine leichtere, sauberere Arbeit als die hier anzubieten, sobald wir Botany Bay erreicht haben. Deine Fähigkeiten, was Beschaffung und Verteilung angeht, werden uns sehr von Nutzen sein, wenn wir unsere neue Kolonie aufbauen, und ich hätte gern einen Mann wie dich, der meine Geschäfte im Auge behält.«
    Billy musste beinahe lächeln, trotz des Grummelns im Magen. »Einen Dieb einsetzen, um einen Dieb zu fangen, was?«
    Gilbert nickte. »Genau«, stimmte er zu. »Und wenn du dich gut führst, werde ich dafür sorgen, dass du bei deiner Freilassung ein entsprechendes Stück Land bekommst.«
    »Land? Welches Land?«
    »Der Gouverneur Seiner Majestät wird Landparzellen an das Militär, die freien Bürger und an Strafgefangene verteilen, die es sich verdient haben. Das wird die Chance für dich sein, von vorn anzufangen und deine vergangenen Missetaten wiedergutzumachen.«
    »Aber es bringt mich nicht nach Hause«, murmelte Billy. Er bezweifelte, dass er je in Botany Bay ankommen und überleben würde, um nach England zurückzukehren.
    »In der Zukunft könnte das vielleicht möglich sein, aber ich würde mir nicht allzu große Hoffnungen machen.« Gilbert seufzte. »Deine Taten haben dir das hier eingebrockt, Billy, aber jetzt, da du meiner Gerichtsbarkeit unterstehst, tut sich eine Chance auf, wirklich etwas aus deinem Leben zu machen. Deine Mutter vermisst dich natürlich, genauso wie Susan. Sie wollten heute mitkommen, aber ich wusste, es würde sie nur quälen.« Er warf einen Blick zu Mullins hinüber, dann zur Dunkirk .
    »Wie geht es Mutter?« Er hatte sie seit Jahren nicht gesehen, und Billy musste kräftig schlucken, fest entschlossen, sich zu beherrschen.
    »Sie ist bei bester Gesundheit«, antwortete Gilbert. »Beschäftigt sich mit den Enkelkindern und mischt sich wie üblich in alles ein.«
    Billy nickte. Er erinnerte sich noch an die herrische Art seiner Mutter, an ihre grenzenlose Energie selbst in finstersten Zeiten; er freute sich, dass sie sich nicht verändert hatte. Er quetschte den Mann nach Susan und ihrer Familie aus und war erstaunt, wie das Leben in seiner Abwesenheit weitergegangen war. Die letzte und wichtigste Frage hob er sich bis zum Schluss auf. »Wann brechen wir auf?«
    »Im Frühling nächsten Jahres.«
    »Noch ein Jahr in diesem Höllenloch.« Er schaute zu Mullins hinüber. »Kein Ortswechsel in Sicht?«
    Gilbert schüttelte den Kopf. »Der Richter war unnachgiebig, obwohl ich ihm ziemlich zugesetzt habe.« Er trat den Rückweg zum Boot an.

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