Traeume Suess, Mein Maedchen
Zeigefinger, als könne er sich selbst nicht recht erinnern. »Ein Unfall mit dem Rasenmäher«, sagte er nach einer längeren Pause.
Jamie zuckte zusammen. »Igitt.«
Dusty lachte. »Igitt?«
»Das muss doch höllisch wehgetan haben.«
»Nee, eigentlich nicht. Jedenfalls nicht in dem Moment. Ich hab gar nicht kapiert, was los war, bis ich das ganze Blut gesehen habe.« Er schüttelte den Kopf. »Und es war echt viel Blut.«
»Konnten sie die Kuppe nicht wieder annähen?«, fragte Jamie.
»Sie konnten sie nicht finden. Das verdammte Ding war einfach futsch.«
Jamie stellte sich vor, wie Dustys Fingerkuppe in einem Bogen durch die Luft segelte wie Curtis’ abgeschnittener Pferdeschwanz. Sie hörte Gelächter und merkte entsetzt, dass es ihr eigenes war. »Oh mein Gott, das tut mir Leid.
Ich wollte nicht lachen. Das ist wirklich furchtbar. Es tut mir sehr Leid.«
»Braucht es nicht. Es war ziemlich lustig.« Dusty stimmte in ihr Lachen ein.
»Und man hat sie nie gefunden?«
»Erst am nächsten Tag. Aber da war es schon zu spät. Ich habe sie aber noch.«
»Du hast sie noch?«
»Nicht dabei.«
»Gott sei Dank«, sagte Jamie.
»Igitt«, meinte Dusty und lachte wieder.
Ein Schatten fiel auf den Fernsehschirm. Jamie drehte sich um und sah Brad an der gegenüberliegenden Wand lehnen. »Was ist denn so komisch?«, fragte er, und sein Blick schoss zwischen den beiden hin und her.
Jamie war sofort aufgesprungen. »Das ist eine lange Geschichte«, sagte sie immer noch glucksend.
»Wir haben jede Menge Zeit«, sagte Brad. »Der Mechaniker kann den Wagen wohl nicht vor heute Nachmittag fertig machen.«
»Sie können das Zimmer wahrscheinlich bis vier Uhr behalten«, bot Dusty an. »Dann geht der Betrieb langsam los.«
»Sehr freundlich«, sagte Brad, als Dusty sich wieder an die Rezeption verzog.
»Na, dann können wir uns einfach entspannen«, begann Jamie. »Vielleicht einen Spaziergang machen. Es gibt einige Kirchen …«
»Glaubst du wirklich, es ist eine gute Idee, so vertraulich mit den Leuten zu werden?«, unterbrach Brad sie. »Hast du denn aus gestern Abend gar nichts gelernt?«
Jamie begriff nicht sofort, was Brad meinte. »Du meinst Dusty?« Sie lachte. »Glaub mir, er ist harmlos.«
»Glaub mir, harmlos gibt es nicht.«
Jamie trat langsam auf Brad zu, bis sie direkt vor ihm
stand. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte einen Kuss auf seine Lippen. Es war süß von ihm, so um sie besorgt zu sein. »Ich glaub dir alles.«
Er lächelte und präsentierte eine weiße Plastiktüte, die er hinter dem Rücken versteckt hatte. »Ich hab dir was gekauft.«
»Wirklich? Was denn?«
»Pack es aus.«
Jamie nahm Brad die Tüte ab, griff hinein und brach beim Anblick der Puppe mit dem platinblonden Haar, der irren Figur und den roten Plastikpumps in Tränen aus. »Ich fasse
es nicht. Du hast mir eine Barbie gekauft!«
»Ich dachte, du willst vielleicht eine neue Sammlung anfangen.«
Jamie warf sich in Brads Arme. »Du bist wirklich unglaublich«, sagte sie entzückt.
Brad drückte Jamie fest an seine Brust, während das Geräusch von Gewehrschüssen aus dem Fernseher in dem Raum widerhallte. »Komm«, sagte er. »Lass uns mit Barbie in die Kirche gehen.«
12
»Okay, Dylan. Die Zeit ist um«, rief Emma vor der verschlossenen Badezimmertür. Es war fast halb sieben. Lily würde jeden Moment Michael vorbeibringen.
»Geh weg«, antwortete eine kleine Stimme.
»Was machst du denn da drinnen, Schätzchen? Ist mit deinem Bauch alles in Ordnung?«
Keine Antwort.
»Dylan, du weißt, dass Mommy es nicht mag, wenn du die Tür abschließt.«
»Geh weg«, sagte Dylan noch einmal.
Emma atmete tief ein und lächelte gezwungen. Sie hatte einmal irgendwo gelesen, dass man sich ungeachtet des tatsächlichen Befindens besser fühlen würde, wenn man sich zu einem Lächeln zwang. Wenn man positiv handelte, dachte man auch positiv, oder irgend so ein Quatsch. »Schätzchen, dein Freund Michael wird jeden Moment hier sein.«
»Er ist nicht mein Freund«, kam es unverzüglich zurück.
»Er ist in deiner Klasse. Ich dachte, du magst ihn.«
»Ich mag ihn nicht.«
Emma lächelte noch angestrengter. »Aber er mag dich. Und er hat sich schon den ganzen Tag darauf gefreut, bei dir zu übernachten.«
»Er darf nicht in meinem Bett schlafen.«
»Ich hab dir doch schon gesagt, dass ihr in meinem Bett schlaft. Alle beide.«
»Ich will nicht in deinem Bett schlafen.«
»Okay. Das klären wir
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