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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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kocht für uns, sie erledigt die Hausarbeit und die Wäsche. Sie überschlägt sich förmlich, Herrgott noch mal. Warum kannst du das nicht einfach dankbar annehmen? Was ist los mit dir?«
    »Ich denke einfach, es wäre nett, eine eigene Wohnung zu haben. Wo wir ein bisschen mehr Privatsphäre haben, weißt du, und ein bisschen mehr Sex«, flüsterte Jamie und streichelte seinen Oberschenkel. Sehr viel mehr Sex, dachte sie in Anbetracht der Tatsache, dass ihr Liebesleben in den vergangenen Wochen praktisch zum Erliegen gekommen war.
    »Denkst du immer nur an das eine?«, fragte er vorwurfsvoll. »Warum besorgst du dir nicht einen Job?«, schlug er im nächsten Atemzug vor, als ob das ein adäquater Ersatz wäre.
    Das tat sie. Sie arbeitete als Büroassistentin bei einer Grundstücksverwaltung und langweilte sich zu Tode. Nach nicht einmal einem Monat kündigte sie, nahm eine Anstellung als Empfangssekretärin einer großen Wohnungsbaugesellschaft an, in der sie es knapp sechs Wochen aushielt. Sie redete davon, zur Uni zurückzukehren und Sozialpädagogik zu studieren.

    »Warum wollen Sie denn Sozialarbeiterin werden?«, fragte ihre Schwiegermutter.
    Ihr Mann zog sich noch mehr zurück, bis sie die Idee mit dem Studium ganz aufgab und einen weiteren Bürojob fand, diesmal bei einer kleinen Versicherung.
    Ihr Mann willigte schließlich ein, sich einige Wohnungen in der Nachbarschaft anzusehen, aber dann wurde seine Mutter krank, irgendein undefinierbares Syndrom, das die Ärzte nicht exakt diagnostizieren konnten, wahrscheinlich Stresssymptome, meinten sie, und wie konnten sie sie alleine lassen, bevor sie wieder gesund war?
    Sie würde hundert Jahre alt werden, dachte Jamie und begriff, dass sie nie die Chance eines normalen Lebens bekommen würden, wenn sie die Sache nicht selbst in die Hand nahm. Sie suchte eine Wohnung, unterschrieb den Mietvertrag und erklärte ihrem Mann, dass sie am Ende des Monats mit oder ohne ihn ausziehen würde. Widerwillig stimmte er einem Umzug zu. Da waren sie ein Jahr verheiratet.
    Das zweite Jahr verlief mehr oder weniger genauso.
    Sie hatte einen Job, den sie hasste, war verheiratet mit einem Mann, den sie kaum kannte und selten sah - er schaute jetzt gewohnheitsmäßig jeden Abend nach der Arbeit bei seiner Mutter vorbei und blieb auch manchmal zum Essen dort, ohne sich zu Hause auch nur telefonisch abzumelden -, abgeschnitten von ihrer Familie und ihren alten Freundinnen. Sie versuchte, neue Freundschaften zu schließen, und fand einen Kreis von Freundinnen, denen sie sich anvertrauen konnte. Sie waren voll des Mitleids und rieten ihr, ihre Verluste abzuschreiben und das Weite zu suchen. »Im Grunde hast du doch nur eine dominante Mutter gegen eine andere getauscht«, erklärten sie ihr.
    Und sie hatten Recht. Nachdem sie sich mit mehreren Gläsern Wein Mut gemacht hatte, rief sie ihn bei seiner Mutter an und erklärte ihm, dass sie zurück nach Palm Beach gehen würde. Ein Stunde später stand er mit Blumen, Entschuldigungen
und Tränen vor der Tür. »Bitte, verlass mich nicht«, flehte er. »Das ist alles meine Schuld. Ich war ein kompletter Idiot. Ich verspreche dir, dass es von nun an anders wird. Ich werde mich ändern. Bitte, gib mir noch eine Chance. Alles wird besser. Versprochen.«
    Und er hatte Recht. Es wurde besser. Für ein paar Wochen jedenfalls.
    Danach wurde es schlimmer.
    Das reicht jetzt, dachte Jamie, drehte sich zur Seite und wachte ganz auf. Einmal war mehr als genug, entschied sie und weigerte sich, die letzten quälenden Monate in der Erinnerung noch einmal zu durchleben. Es war vorbei. Sie hatte Mark Dennison nie wieder gesehen. Sie streckte die Hand aus, um Brads Rücken zu streicheln.
    Er war nicht da.
    »Brad?« Jamie stieg aus dem Bett, sah sich in dem offensichtlich leeren Zimmer um und spitzte die Ohren, um außer der rumpelnden Klimaanlage vielleicht noch laufendes Wasser in der Dusche, einen summenden Rasierer oder eine Toilettenspülung zu hören, aber vergeblich. Sie rannte zum Fenster und riss die Vorhänge auf. Die Sonne knallte ihr ins Gesicht und blendete sie wie der Blitz einer Kamera. Aber selbst durch den Schleier aus weißem Licht und violettfarbenen Pünktchen erkannte sie, dass der Parkplatz vor ihrem Motelzimmerfenster leer und ihr Wagen verschwunden war. Hatte das unappetitliche Trio von gestern Abend irgendwie herausbekommen, wo sie übernachteten, und Brad aus dem Hinterhalt aufgelauert?
    Doch dann sah sie den großen Zettel, der,

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