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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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beschwert von der Bibel, vor dem leeren Fernsehbildschirm hing. Darauf stand:
    Bin mit dem Wagen zur Reparaturwerkstatt gefahren. Vergiss nicht zu frühstücken. Das Buffet in der Lobby ist im Zimmerpreis inklusive.
    Lächelnd drückte Jamie den Zettel an ihre Brust wie ein Schild gegen ihr immer noch wild pochendes Herz. Siehst du, versicherte sie sich. Sag ich doch. Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Er ist gesund und munter und möchte, dass es dir gut geht. Wie immer.
    Jamie duschte rasch, wusch ihre Haare und zog ein weißes T-Shirt und eine pinkfarbene Capri-Hose an. Dann packte sie ihre Reisetasche, damit sie fertig war, wenn Brad zurückkam, und ging nach einem letzten prüfenden Blick in den Spiegel in die Lobby des Hotels. »Gibt es noch Frühstück?«, fragte sie einen jungen Mann an der Rezeption mit zu schütterem Haar für sein Alter. Die Uhr an der Wand über seinem glänzenden Schädel zeigte bereits 9:36 an.
    »Um die Ecke.« Er wies mit dem Zeigefinger der rechten Hand in die Richtung. Jamie fiel auf, dass die Kuppe fehlte, und fragte sich, was damit geschehen war. Sie ging um die Ecke in den Frühstücksbereich. In dem mit grünem Teppich ausgelegten Raum standen mehrere kleine Tische und Stühle sowie ein altes braunes Leinensofa vor einem Großbildfernseher. Auf einem schmalen Tisch an der Wand war ein wenig verlockend aussehendes Buffet mit kalten Bagels und trockenen Weißbrotscheiben zum Toasten aufgebaut. Außerdem gab es noch mit Käse oder Erdbeermarmelade gefülltes Blätterteiggebäck. Jamie entschied sich für die Käsefüllung, goss lauwarmen Kaffee in einen Styroporbecher und trug beides zum nächsten Tisch, wo ihr auffiel, dass sie der einzige Gast war. Nun ja, es war auch schon spät, dachte sie, nippte an ihrem Kaffee und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Fernseher zu, wo ein Mann mit einem breitkrempigen Cowboyhut und einem blau-weiß karierten Hemd liebevoll ein Sturmgewehr im Arm hielt und leidenschaftlich sein verfassungsmäßiges Recht verteidigte, eine Waffe zu tragen. Galt das auch für Messer, fragte sie sich.
    »Was meinen Sie?«, fragte ein Mann neben ihr.

    Jamie blickte auf und sah den jungen Mann von der Rezeption. Er schenkte sich einen Becher Kaffee ein, setzte sich an den Nachbartisch, streckte seine lange Beine aus und zog intensiv an einer unangezündeten Zigarette. Ein Schild an der Wand neben dem Fernseher verkündete, dass das Rauchen hier verboten war. »Was meinte ich wozu?«, fragte Jamie. Zu dem Rauchverbot? Zur Frage des Waffenbesitzes? Sprungmessern?
    »Zu dem Kaffee«, antwortete er. »Wir probieren eine neue Marke.«
    »Er ist okay.«
    »Bloß okay?«
    Jamie trank noch einen Schluck. »Bloß okay.«
    »Ja, das denke ich auch«, stimmte der junge Mann ihr zu, kratzte sich an seiner kurzen Boxernase und stellte seinen Styroporbecher auf dem Tisch ab, bevor er erneut an seiner nicht brennenden Zigarette zog. »Nichts Dolles. Ich heiße übrigens Dusty.«
    »Jamie«, erklärte Jamie ihm. »Aber die Blätterteigsachen sind wirklich gut.« Zur Bekräftigung nahm sie einen großen Bissen.
    »Ja? Ich mag am liebsten die Zimtbrötchen. Mit jeder Menge Rosinen.«
    »Die hab ich gar nicht gesehen.«
    »Das ist um diese Zeit auch eher unwahrscheinlich. Die sind immer als Erstes weg.«
    Jamie biss erneut in ihr Blätterteiggebäck und trank noch einen Schluck Kaffee. Der Mann mit dem Cowboyhut im Fernsehen erklärte, dass nicht Waffen Menschen töten würden. Menschen töten Menschen, sagte er, und sie fragte sich, ob Brad dem Jungen wirklich die Kehle durchgeschnitten hätte.
    »Und wohin geht die Fahrt?«, fragte Dusty.
    »Nach Ohio.«
    »Bist du von dort?«

    »Nein, ich war noch nie da.«
    »Ich auch nicht. Ich bin bisher noch nicht mal aus Georgia rausgekommen.« Dusty kniff seine kleinen braunen Augen zusammen, als wüsste er selbst nicht genau, warum. »Und was ist in Ohio?«
    »Der Sohn von meinem Freund«, sagte Jamie und genoss den Klang der Worte mein Freund und das Gefühl, das sie auf ihrer Zungenspitze hinterließen. Nie im Leben hätte er das Messer benutzt.
    Dusty trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Charlton Heston hatte den Platz des Mannes mit dem Cowboyhut eingenommen. Er sprach auf einer Kundgebung. »… aus meinen kalten, toten Händen reißen«, rief er unter donnerndem Applaus.
    Was sollte das bedeuten, wunderte Jamie sich. »Was ist mit deinem Finger passiert?«, fragte sie laut.
    Dusty hielt seine rechte Hand hoch und betrachtete seinen

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