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Traeume von Fluessen und Meeren

Traeume von Fluessen und Meeren

Titel: Traeume von Fluessen und Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Parks
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ist! Das ist der reine Wahnsinn. Einen Muslim werde ich natürlich niemals küssen!

    Albert, ich habe eben deine Mail über Sex noch einmal gelesen. Ich finde das sehr traurig. Mein Dad hat mir erzählt, du hättest mit ihm über ein ernstes Problem gesprochen. Bist du krank, Albert? Ich wünschte, ich könnte etwas tun, damit es dir besser geht.

    Ja, Jasmeet, ja, es scheint so, als sei ich krank.
    John steht auf und tritt ans Fenster. Schmutz wirbelt durch die Luft, und Sandbäche fegen wie Wasser die unebene Straße entlang. Er liest diese Mails nicht gerne. Er geht zur Tür, bleibt dann zögernd stehen, macht kehrt, scrollt die endlose Liste hoch und klickt eine beliebige Nachricht an.

    Re:Re:Re: Update

    Am 25 Oktober 2005, um 17:55, schieb Jasmeet Singh
    Albert! Du bist wirklich zu komisch, wenn du Sudeep nachmachst. Ehrlich, du bist genauso sexy wie er!

    Re:Re:Re:Re: Update

    Am 25. Oktober, um 18:43, schrieb Albert James
    Ich liebe deine schlanken Hände, Jasmeet. Wie schön es war, mit dir Tee zu trinken!

    John schüttelt den Kopf und klickt erneut.
    Re:Re:Re:Re:Re: Update

    Am 25. Oktober, um 19:15, schrieb Jasmeet Singh
    Und ich liebe deine Augen, Albert. Es ist etwas Wahnsinniges in deinem Blick, wenn du mich anschaust.
    John steht am Rande eines Abgrunds. Er will nicht weiterklicken, aber er tut es; er trifft eine Nachricht von Anfang November. Sein Blick schweift ängstlich über den Bildschirm, der voller Text ist.

    … als würde ich mich in Schönheit auflösen, Jasmeet. Jasmeet! Süße Blüte. Wenn …
    John zwingt sich aufzustehen und läuft stolpernd den Flur entlang. Er geht so schnell weg, dass er nicht mal das Vorhängeschloss zumacht.

25
    »Mr. John!«
    Erst als er die Tür zur Treppe aufstieß, bemerkte er, dass das Mädchen in der Hotellobby saß. Sie rappelte sich hoch.
    »Haben Sie alles gelesen?«
    »Ich dachte, Sie wären zur Arbeit gegangen«, sagte er.
    »Ich habe meinen Job verloren, als ich im Krankenhaus war, Mr. John. Haben Sie die E-Mails gelesen? Ich habe auf Sie gewartet.«
    »Einige davon«, sagt er. »Ich gehe jetzt zu meiner Mutter.«
    Das Mädchen riss die Augen auf. Ihr Kopf wackelte leicht. »Warum? Warum tun Sie das?«
    »Ist Mr. James gekommen?«
    Aus einem dunklen Flur hinter ihm erschien die ältere der beiden Empfangsdamen des Hotels. Wahrscheinlich die Inhaberin. »Entschuldigen Sie, Mr. James.«
    John drehte sich um. Mit ihrer Halskette spielend; zwängte sich die Frau hinter den Tresen und schlug das große Register auf. »Sie sind jetzt seit einer Woche bei uns, Sir, glaube ich. Wir bitten um wöchentliche Bezahlung. Wie lange möchten Sie noch bleiben?«
    »Ich weiß noch nicht genau.« John zögerte. »Noch zwei Tage vielleicht?«
    Die Frau zeigte ihm eine Rechnung, auf der unten in Handschrift 6800 stand. Rupien. John konnte nicht ausrechnen, wie viel das war. Sein Kopf funktionierte nicht. »Dazu kommt nochdas Frühstück«, sagte sie. »Wir müssen auf Bezahlung am Ende jeder Woche bestehen, Sir. Sie werden verstehen.« Neben ihr klingelte ein Telefon. Sie hob ab. »Govind Hotel. Guten Tag.«
    Das Sikh-Mädchen humpelte zu John hinüber und berührte seinen Ellbogen. »Warum gehen Sie zu Ihrer Mutter?«
    »Ich bezahle heute Abend«, sagte John zu der Empfangsdame, als sie eine Hand über den Hörer legte. Ihm war eingefallen, dass er Bargeld abheben sollte, ehe er ihr seine Kreditkarte gab. Er durfte nicht ohne Bargeld dastehen.
    Jasmeet schien kurz davor, hysterisch zu werden. »Sie können bei dem Staub nicht nach draußen gehen. Haben Sie den Sturm nicht gesehen, Mr. John? Sie können nicht raus.«
    »Ich muss mit meiner Mutter sprechen.«
    Als er zur Tür ging, kam sie hinter ihm hergehumpelt. »Mr. John, mögen Sie mich nicht?« Auf der Treppe war es stickig. »Bitte bleiben Sie hier! Ihrem Vater zuliebe!«
    John drehte sich um und holte tief Luft. Jasmeet stand einen Treppenabsatz über ihm.
    »Es ist keine Frage des Mögens«, sagte er.
    Als sie seine Unentschiedenheit bemerkte, setzte sie ein wirklich strahlendes Lächeln auf und humpelte wie ein verwundeter Vogel zu ihm hinunter, eine Hand an der Wand, um sich abzustützen. Ein Geländer gab es nicht. »Sie sprechen genau wie Albert«, sagte sie fröhlich und hüpfte schwankend weiter. »Sie haben die gleiche Stimme.«
    Als sie bei ihm war, stellte sie sich lächelnd vor ihn; ihre Zähne glänzten; dann streckte sie eine Hand aus und strich sein T-Shirt glatt. Es war an einer Seite

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