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Traeume von Fluessen und Meeren

Traeume von Fluessen und Meeren

Titel: Traeume von Fluessen und Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Parks
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Augen.
    »Du bist besessen von der Idee, dein Leben zu organisieren und durchzuplanen«, hatte Elaine ihm gesagt. »Damit du dich in deinem blöden Labor mit deiner kostbaren Forschungsarbeit vergraben kannst.« »Das ist doch krank«, brüllte sie, als er über Hanyaki reden wollte. »Wenn du mir bei den Proben nachspionierst, dann kann ich mich nicht mehr entspannen, dann habe ich überhaupt keine Bewegungsfreiheit.« Der Regisseur machte ihr kein bisschen schöne Augen, stöhnte sie, ganz im Gegenteil, er beschwerte sich ständig, dass sie sich nicht genug anstrengte. Er fand, sie versetze sich nicht genug in ihre Rolle hinein. Deshalb blieb sie immer so lange. Ständig demütigte er sie.
    Elaine war im Bett zurzeit sehr leidenschaftlich, aber John fragte sich allmählich, ob das nicht alles nur gespielt war. Einevorgetäuschte Lust, ähnlich wie ihre Stimmen am Telefon. Sex war ein Anlass, ironisch zu sein. Elaine spielte Sex. Sie zog ihn ins Bett, aber sie wollte gar nicht wirklich mit ihm schlafen. Das spürte er jetzt. Er wusste nicht, ob sie tatsächlich Orgasmen hatte oder nicht. Es beunruhigte ihn. Es wirkte ziemlich theatralisch, wenn sie kam, dachte er. Vielleicht konnte sie nichts tun, ohne dabei zugleich Theater zu spielen.
    John war verloren. Etwas Unergründliches war zwischen ihnen passiert. Es hatte angefangen, als er nach Indien geflogen war, oder als sie die Rolle in dem Theaterstück bekommen hatte. Darin ging es um einen terroristischen Angriff in einem Flughafen. Oder vielleicht, als ich ihr den Heiratsantrag gemacht habe. Sie schliefen miteinander, und dann herzte und knuddelte sie ihn und redete in Babysprache mit ihm. Er wollte nicht, dass sie so mit ihm redete. Er war erwachsen. Ihre Bestürzung über den Tod seines Vaters war auch gespielt gewesen, dachte er. Da war es ihm zum ersten Mal aufgefallen. Sie spielte, um zu zeigen, dass sie schauspielern konnte. Ihre Familie wollte sie in einem Versicherungsbüro sehen oder hinter einem Bankschalter. In der realen Welt, sagte ihr Vater. Sie spielte ihre Fähigkeit zu spielen. Eines Abends auf dem Heimweg zog John sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer, die in der Abwesenheitsnachricht seines Vaters angegeben wurde. Er war gerade auf der Edgware Road. Die Vorwahl von Indien war 0091, das wusste er noch. Es klingelte sofort. Eine Tonbandstimme sagte zuerst etwas auf Hindi, dann auf Englisch. »Der gewünschte Gesprächsteilnehmer ist zurzeit nicht erreichbar.«
    Er hatte eine SMS geschickt. »Wer sind Sie? Ich bin der Sohn von Albert James.« Vielleicht konnte er wiedergutmachen, was beim ersten Mal schiefgegangen war, wenn er noch einmal nach Indien reiste. Und dann könnte er zurückkommen und wirklich hier sein. Es kam keine Antwort. Beim Lesen eines Forschungsberichts über den Einsatz radioaktiver Signale zur Bestimmungvon Genexpression bei Krebszellen ertappte er sich dabei, wie er an den Rand schrieb: »Es ist das Geheimnis, das den Geist gefangen nimmt.« Er betrachtete seine unregelmäßige Handschrift neben dem sauber gedruckten Artikel. So etwas machte er normalerweise nicht. »Bitte melden Sie sich«, schrieb er an die Nummer aus der E-Mail seines Vaters. Erst dann bemerkte er, dass Simon in der Tür stand und ihn beobachtete. »Wir wollten dich bitten, eine Präsentation für die Leute von Glaxo zusammenzustellen«, sagte der Direktor zu ihm. »Das übliche Power-Point-Material. Aber wir müssen Eindruck schinden.«
    John hatte den April und Mai über im Labor effizient gearbeitet, aber er tat alles rein mechanisch. Die anderen nahmen an, sein Energieabfall hätte mit seinen Schwierigkeiten zu tun, ein Stipendium zu bekommen. Das war verständlich. Er stellte die Präsentation für Simon zusammen. Die Aussage lag auf der Hand: Es gab Tausende von Permutationen, die man durchgehen musste, ehe man nachvollziehen konnte, auf welche Weise ein Bakterium vom aktiven in den inaktiven Zustand wechselt und dann Jahre später wieder aktiv wird. Er wusste, dass Simon nichts sagen konnte – die Präsentation war durchdacht und gut dokumentiert, und der Rhythmus der Darstellung stimmte, darin war John gut –, aber er würde auch nicht wirklich zufrieden sein. Etwas fehlte – die Überzeugungskraft eines tiefer gehenden Engagements, ein origineller Ansatz. Als sie sich hinsetzten, um dem Team von Glaxo die Folien zu zeigen, bekam er eine SMS: »Ich war mit Ihrem Vater befreundet. Mein Name ist Ananya.«
    War das ein Männername oder

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