Träume wie Gold: Roman (German Edition)
seinem Wecker mit der auf seiner Armbanduhr. Zwei Uhr und eine Minute. Wenn sie in zehn Minuten nicht zu Hause war, beschloss er, würde er eine Vermisstenanzeige aufgeben und sämtliche Kollegen aus den Betten klingeln und sie suchen lassen.
Er starrte auf das Telefon. Erst als er den Hörer in die Hand nahm, merkte er, dass seine Handfläche schweißnass war. Fluchend knallte er ihn auf die Gabel zurück. Nein, er würde nicht sämtliche Krankenhäuser anrufen. Er würde sich nicht einmal gestatten, in diese Richtung zu denken.
Doch wo, zum Teufel, steckte sie? Was, zum Teufel, konnte sie um zwei Uhr morgens zu tun haben?
Er griff wieder zum Hörer, hielt dann aber inne, als ihm ein neuer Gedanke durch den Kopf schoss. Vielleicht wollte sie sich ja auch nur an ihm rächen, ihm etwas heimzahlen. Mit diesem ungefährlichen, fast schon tröstlichen Gedanken spielte er eine Weile. Hatte sie sich damals auch so gefühlt wie er jetzt, als er so spät nach Hause gekommen war, ohne eine Nachricht zu hinterlassen? Tat sie jetzt das Gleiche, um ihm zu zeigen, wie es ist, wenn man sich in der Stille der Nacht um einen Menschen Sorgen macht, der einem nahe steht?
Damit kam sie nicht durch, beschloss er. Dafür würde sie verdammt nochmal bezahlen. Doch schon wanderte seine Hand wieder zum Telefon. Da hörte er ihren Schlüssel in der Haustür. Er war im Korridor und an der Tür, ehe sie noch aufgeschlossen hatte.
»Wo, zum Teufel, bist du gewesen?«, fuhr er sie an, spuckte ihr seinen Zorn förmlich ins Gesicht. »Weißt du eigentlich, wie spät es ist?«
»Ja.« Betont lässig zog sie die Tür hinter sich zu und sperrte sie ab. »Verzeihung. Mir muss wohl entgangen sein, dass ich Ausgangsverbot habe.«
Sie schlenderte an ihm vorbei, und er war zu verblüfft, um sie aufzuhalten. Doch davon erholte er sich rasch, und an ihrer Wohnungstür holte er sie ein.
»Nur eine verdammte Minute, Conroy. Das Persönliche lassen wir vorerst mal beiseite. Tatsache ist, dass du im Augenblick eine wandelnde Zielscheibe bist und es absolut unverantwortlich von dir war, dich die halbe Nacht herumzutreiben, ohne dass jemand wusste, wo du steckst.«
»Ich bin für mich selbst verantwortlich und niemandem Rechenschaft schuldig.« Sie stieß den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür. »Und wie du siehst, bin ich völlig unversehrt.«
Jed drückte mit einer Hand gegen die Tür, bevor Dora sie zuwerfen konnte. »Du hattest kein Recht …«
»Erzähl du mir nichts von Rechten«, unterbrach sie ihn kühl und betont ruhig. »Ich habe den Abend so verbracht, wie ich es für richtig hielt.«
Wut und Selbstverachtung hatten sich seiner bemächtigt. »Und wie, wenn ich fragen darf?«
»Allein.« Sie zog den Mantel aus und hängte ihn in den Schrank.
»Das hast du nur getan, um mich zu ärgern, stimmt’s?«
»Nein.« Sie ging an ihm vorbei in die Küche, um sich ein Glas Wasser einzuschenken. »Ich habe es getan, weil ich es so wollte. Tut mir Leid, wenn du dir Sorgen gemacht hast. Damit habe ich nicht gerechnet.«
»So, damit hast du also nicht gerechnet.« Wutentbrannt riss er ihr das Glas aus der Hand und warf es ins Spülbecken. Es zersplitterte in tausend Scherben. »Scheiße, Conroy! Du wusstest verdammt gut, dass ich vor Angst die Wände hochgehen würde. Ich war nahe daran, eine VM aufzugeben.«
»Interessant, wie locker dir dieser Polizeijargon über die Lippen kommt. Ich denke, es war eine gute Entscheidung, in deinen Job zurückzukehren. Du gibst nämlich einen lausigen Zivilisten ab. Sind Gratulationen angebracht, Captain, oder nur gute Wünsche?« Da er nichts erwiderte, nickte sie nur. »Gut, du kannst beides haben.«
»Es wird erst nächste Woche offiziell.« Er wählte seine Worte mit Bedacht und ließ sie nicht aus den Augen. Noch nie hatte sie ihn so kalt, so teilnahmslos angesehen. »Wie hast du es herausgefunden?«
»Spielt das eine Rolle? Wichtig ist doch nur, dass ich es nicht von dir erfahren habe, oder? Entschuldige mich.« Sie ließ ihn stehen und marschierte ins Wohnzimmer.
Jed schloss für einen Moment die Augen und nannte sich im Stillen einen Vollidioten. »Du bist also sauer auf mich. Okay. Aber das …«
»Nein«, unterbrach sie ihn. »Es ist nicht okay. Und ich bin auch nicht sauer.« Weil sie müde war, unendlich müde, gab sie nach und ließ sich auf die nächste Stuhllehne fallen. »Man könnte sagen, mir ist ein Licht aufgegangen. Man
könnte sogar sagen, ich bin überwältigt, aber sauer,
Weitere Kostenlose Bücher