Träume wie Gold: Roman (German Edition)
Gesicht, während sie sich den Teller noch einmal füllte und ihn mit einer stummen Geste
aufforderte, sich zu bedienen. »Ich werde dir ein bisschen unter die Arme greifen, okay? Ich sage etwas, und je nachdem lachst du, schaust amüsiert, verärgert oder interessiert, und dann erwiderst du etwas. Bist du bereit?«
»Du hast wirklich ein unheimlich kluges Mundwerk, Conroy.«
»Fein. Das ist schon mal ein Anfang.« Sie kostete eine daumengroße Spinatpastete. »Erzähl mir, ist deine Großmutter die Honoria Rodgers, die vor ein paar Monaten bei Christie’s den Cloisonné-Kerzenhalter aus der Qing-Dynastie erstanden hat? Er hat die Form eines Elefanten.«
»Von Elefanten weiß ich nichts, aber sie ist die einzige Honoria Rodgers, die mir bekannt ist.«
»Ein exquisites Stück – zumindest sah es im Katalog so aus. Ich konnte leider nicht nach New York fahren, habe aber per Telefon fleißig mitgesteigert. Bei dem Kerzenhalter natürlich nicht. Das Tier war finanziell eine Nummer zu groß für mich. Aber bewundern würde ich es sehr gerne einmal.«
»Falls du um eine Einladung buhlst, solltest du dich persönlich an meine Großmutter wenden.«
»Ich mach’ doch nur Konversation, Skimmerhorn. Hier, probier mal so eine«, nuschelte sie mit vollem Mund und nahm noch eine Spinatpastete. »Sehr schmackhaft.«
Ehe er noch zustimmen oder ablehnen konnte, hatte sie ihm die Pastete schon in den Mund geschoben. »Köstlich, nicht?«
»Ich mag Spinat nicht.« Er verzog angewidert das Gesicht, schluckte und spülte mit einem kräftigen Schluck Scotch nach.
»Ich mochte früher auch keinen, aber mein Vater hat mich auf den Geschmack gebracht, indem er mir immer das Lied von Popeye, dem Seemann, vorsang. Damals war ich zwanzig«, fügte sie mit todernster Miene hinzu, »und gutgläubig.« Als sich seine Lippen zu einem angedeuteten Lächeln verzogen, hob sie ihr Glas und prostete ihm zu. »Siehst du, geht doch. Und was für ein hübsches Lächeln du zustande gebracht hast.«
»Dora, Darling.« Mit ihrem jungen Künstler im Schlepptau
glitt Ashley auf das Buffet zu. »Wie schaffst du es nur, so viel zu essen und dabei so schlank zu bleiben?«
»Ach, das bewirkt mein stilles Abkommen mit dem Satan.«
Ashley lachte glucksend und musterte Jed mit einem langen, umfassenden Blick – den Dora bestimmt als ›schöne Augen machen‹ bezeichnet hätte. »Isadora Conroy, Heathcliff.« Ashley präsentierte ihren Begleiter wie den preisgekrönten Zuchthengst auf einer Pferdeschau. »Ich habe ihn in dieser zauberhaften kleinen Galerie in der South Street entdeckt.«
»Oh?« Dora verkniff sich den Hinweis, dass ihr kleiner Laden ebenfalls in dieser Straße lag. »Ich wollte auch schon immer etwas entdecken – wie Christoph Columbus. Oder Indiana Jones.« Da Heathcliff gar so verdutzt dreinschaute, regte sich ihr Mitleid. Nachdem sie Jed ihren Teller gegeben hatte, reichte sie Heathcliff die Hand. »Ashley hat mir erzählt, dass Sie Künstler sind.«
»Ja. Ich …«
»Er malt die sinnlichsten Bilder.« Ashley tätschelte Heathcliff wie einen Schoßhund. »Du musst sie dir unbedingt einmal ansehen.«
»Unbedingt.«
»Ich glaube nicht, dass du uns schon deinem Begleiter vorgestellt hast.«
»Ich habe keinen. Das ist ein komischer Ausdruck, findest du nicht? Es klingt so, als müsste man jemanden mitnehmen, weil man den Ort sonst nicht findet, zu dem man will. Ich persönlich verfüge über einen ausgezeichneten Orientierungssinn.«
»Dora, Dora.« Ashley ließ noch einmal ein glucksendes Lachen hören. »Du bist immer so geistreich.«
»Nicht immer«, raunte Jed.
Dora würdigte ihn keines Blickes. »Jed Skimmerhorn, Ashley Draper und Heathcliff.«
»Oh, ich erinnere mich an Captain Skimmerhorn.« Ashley streckte ihm die Hand entgegen und musste warten, bis Jed Dora den Teller zurückgegeben hatte. »Den schwer
greifbaren Captain Skimmerhorn sollte ich sagen.« Ihre Finger glitten über seinen Handrücken. »Es ist so selten, dass es uns gelingt, Sie zu einer unserer netten kleinen Veranstaltungen zu locken.«
»Nette, kleine Veranstaltungen empfinde ich nicht als sonderlich verlockend.«
Diesmal klang Ashleys Lachen tief und kehlig. »Verstehe. Ich persönlich gebe langen, heißen Nächte auch den Vorzug. Und wo habt ihr euch kennen gelernt?«
Dora bemühte sich, Ashley vor einer von Jeds gemeineren Bemerkungen zu verschonen. »Jed und ich teilen dieselbe Leidenschaft«, sagte sie und nippte betont langsam an ihrem
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