Träume wie Gold: Roman (German Edition)
Neffen, der alles genau wissen will. Hat man schon jemals auf Sie geschossen?«
Falls ihn die Frage überraschte, so überspielte Riker dies gekonnt. »Nein. Tut mir Leid.«
»Ach, das macht nichts. Dann schwindle ich eben.«
»Ich hoffe, Sie verzeihen mir, Miss Conroy, aber ich muss Ihnen Jed für einen Augenblick entführen. Der Bürgermeister möchte gern ein Wort mit ihm wechseln.«
Dora trat graziös zur Seite. »Hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen, Commissioner Riker.«
»Das Vergnügen war ganz meinerseits. Ich werde Ihnen Jed gleich wieder überlassen.«
Jed, der in der Falle saß, gab Dora ihr leeres Glas zurück. »Entschuldige mich.«
O je, der Arme wirkte gar nicht begeistert, stellte Dora fest, als sie ihn weggehen sah. Selbst seinem Exekutionskommando hätte er mit mehr Begeisterung entgegengesehen. Wenn er zurückkam, würde er vor Wut kochen, schuldbewusst die Lippen zusammenpressen oder sich scheußlich fühlen. Erfüllt von Mitleid, überlegte Dora, wie sie ihn ablenken, wie sie seine Wut, oder was auch immer der Commissioner oder der Bürgermeister in ihm wachgerufen haben mochten, auffangen konnte.
Vielleicht halfen ein paar deftige Scherze, seine gute Laune wieder herzustellen, überlegte sie auf dem Weg zur Bar, um sich ein neues Glas Champagner zu holen. Nein, ihn ein wenig zu verunsichern wäre wahrscheinlich wirkungsvoller. Und das bedurfte nicht allzu großer Anstrengungen.
»Man sollte doch erwarten dürfen, dass bei Anlässen dieser Art sorgfältiger auf die Auswahl der Gäste geachtet wird.«
Dora erkannte die nörgelnde Stimme sofort und drehte sich mit einem hinreißenden Lächeln um. »Mrs. Dawd, Andrew. Wie … interessant.«
Mrs. Dawd sog so scharf die Luft ein, dass ihre Nasenflügel bebten. »Andrew, hol mir ein Club Soda.«
»Ja, Mutter.«
Mrs. Dawd, die fülligen Formen in schwarzen Satin gepresst, beugte sich so nahe zu Dora, dass diese die grauen Stoppeln an ihrem Kinn erkennen konnte, die offensichtlich ihrer Pinzette entgangen waren. »Ich wusste gleich, wer Sie sind, Miss Conroy. Ich habe ihn selbstverständlich gewarnt, aber Andrew ist für weibliche List und Tücke ebenso empfänglich wie alle Männer.«
»Ich habe mir alle List und Tücke operativ entfernen lassen. Ich kann Ihnen die Narben zeigen.«
Mrs. Dawd ignorierte Doras Einwurf. »Aber was kann man schon von jemandem erwarten, der aus einer Schauspielerfamilie kommt.«
Dora holte vorsichtig Luft und nahm einen kleinen Schluck Champagner. Sie würde sich unter keinen Umständen von dieser Frau dazu hinreißen lassen, die Beherrschung zu verlieren.
»Ja, ja, diese Schauspielerfamilien«, bemerkte Dora leichthin. »Die Fondas, die Redgraves, die Bridges. Gott allein weiß, woher diese Leute die Frechheit nehmen, die vornehme Gesellschaft mit ihrer Anwesenheit zu besudeln.«
»Sie halten sich wohl für sehr geistreich, wie?«
»Mutter, hier ist dein Drink.«
Mit einer unwirschen Bewegung wedelte Mrs. Dawd ihren Sohn nebst Soda wie eine lästige Fliege beiseite. »Sie halten sich wohl für sehr geistreich«, wiederholte sie, diesmal so laut, dass einige umstehende Gäste neugierig die Hälse verdrehten. »Aber Ihre miesen Tricks haben nicht gezogen.«
»Mutter …«
»Sei still, Andrew!« In ihren Augen züngelte ein loderndes Feuer. Sie erinnerte an eine Bärenmutter, die ihr Junges verteidigte.
»Ja, Andrew, sei still.« Doras Lächeln war das einer Tigerin. »Mutter Dawd will mich gerade ob meiner kleinen Tricks rügen. Sprechen Sie auf jenen Trick an, mit dem ich Ihrem sinnesfreudigen Sohn begreiflich machen konnte, dass seine Hand unter meinem Kleid nichts zu suchen hat?«
Andrews Mutter zischte jetzt vor Wut. »Sie haben ihn in Ihre Wohnung gelockt, und als Ihre schmutzigen Verführungsversuche scheiterten, haben Sie ihn angegriffen. Da wusste er endlich, was Sie für eine sind.«
Doras Blicke ähnelten Laserstrahlen. »Und was bin ich für eine?«
»Hure«, zischte sie. »Nutte. Flittchen.«
Dora stellte ihr Glas ab, um eine Hand frei zu haben. Sie
ballte sie zur Faust und überlegte ernsthaft, ob sie davon Gebrauch machen sollte. Doch dann entschied sie sich spontan, ihren halb leer gegessenen Teller über Mrs. Dawds Haarspray-getränkter Frisur zu entleeren. Der darauf folgende schrille Schrei hätte ein Kristallglas zum Zerspringen gebracht. Noch während ihr das Lachsmousse in die Augen tropfte, setzte sie zu einem Sprung auf Dora an. Diese wappnete sich für einen Angriff und
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