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Traeume wie Samt

Traeume wie Samt

Titel: Traeume wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jayne Ann Krentz
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Vorfälle mehr sein sollen als nur ein dummer Scherz«, sagte sie und betastete die unbeholfen gebaute Stahlklaue. Sie bestand aus fünf Metallstäben, die durch Löcher in den Fingern eines zerlumpten, schwarzen Handschuhs gezogen waren. »Ich frage mich, wie der Scherzbold ins Haus gekommen ist, um das Ding aufzubauen.«
    »Haben Sie nachgesehen, ob irgendwo ein Fenster offenstand oder eine Tür nicht verschlossen war?«
    Molly kuschelte sich tiefer in ihren Frotteemantel. »Ich bin durch jedes Zimmer gegangen, bevor Sie gekommen sind. Es gibt keine Anzeichen für ein gewaltsames Eindringen. Alle Türen und Fenster waren fest verschlossen und das Sicherheitssystem eingeschaltet.«
    »Wahrscheinlich ist die Konstruktion schon früher am Tag unter Ihrem Bett angebracht worden. Was uns verschiedene Möglichkeiten läßt.« Harry nahm die Halloween-Maske hoch. »Derjenige, der dahintersteckt, weiß entweder genug von Ihnen, um den Code des Sicherheitssystems zu kennen …«
    »Unmöglich«, sagte Molly schnell. »Kelsey und ich sind immer sehr vorsichtig gewesen. Sie würde den Code niemandem verraten, nicht einmal einer Freundin. Und ich auch nicht.«
    Harry stand auf. »Dann müssen wir nach jemandem suchen, der gut genug ist, Ihre Hausalarmanlage zu umgehen.«
    Molly sah zu ihm hoch. »Gut genug?«
    »Ich sollte wohl besser sagen, schlecht genug. Ganz gleich, wer es war, wenigstens hat die Person für heute nacht genug Unheil gestiftet. Gehen Sie nach oben und packen Sie eine Tasche. Ich nehme Sie mit zu mir nach Hause.«
    »Zu Ihnen nach Hause?« Molly schoß so schnell von ihrem Stuhl hoch, daß er nach hinten kippte.
    Harry fing ihn auf, bevor er zu Boden fallen konnte. »Richtig.« Er stellte den Stuhl wieder hin, ohne einen Blick darauf zu werfen. »Zu mir nach Hause. Sie können die Nacht dort verbringen. Morgen früh entscheiden wir, was wir als nächstes unternehmen.«
    Molly schwankte hin und her. Ein Teil von ihr fürchtete sich vor der Aussicht, den Rest der Nacht allein zu verbringen. Der andere Teil gab nicht gern zu, daß die Situation ernst genug war, um ihr Zuhause verlassen zu müssen.
    »Ich weiß das Angebot zu schätzen, aber ich möchte Ihnen keine Umstände bereiten«, sagte sie schließlich. »Ich bezweifle, daß es nötig ist. Wahrscheinlich handelt es sich nur um einen weiteren dummen Scherz. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Person, die dieses Ding aufgebaut hat, heute nacht noch einmal zuschlägt.«
    »Vertrauen Sie mir.« Sanft, aber entschieden drängte Harry Molly zur Treppe. »Es ist notwendig.«
    »Warum?«
    »Für meine Seelenruhe«, sagte Harry.
    »Oh.« Molly fiel keine angemessene Entgegnung ein.
    »Ich möchte über die Sache heute abend noch etwas nachdenken. Und morgen benachrichtigen wir die Polizei.«
    »Das wird nichts nützen. Die Ermittlung bei Kinderstreichen steht sicher ganz unten auf der Prioritätenliste«, murmelte Molly.
    »Ich weiß. Aber ich möchte, daß dieser Vorfall zu Protokoll genommen wird.« Er äußerte sich nicht weiter, aber Molly wußte, was Harry dachte. Er wollte den Streich in den Polizeiakten vermerkt sehen, weil er glaubte, daß noch mehr folgen könnten und sie immer gefährlicher wurden.
     
    Eineinhalb Stunden später stand Harry allein in seinem dunklen Wohnraum. Er lauschte angestrengt, aber aus dem Gästezimmer drang kein Laut. Molly war endlich eingeschlafen.
    Er sah durch die große Fensterfront, die ihn von der Nacht draußen trennte, und betrachtete das kleine Metallstück in seiner Hand. Es schien von einer Hitze zu glühen, die nur Harry wahrnehmen konnte. Er bereitete sich auf die Konzentration vor. Wirkliche Konzentration. Er hatte es nicht tun wollen. Seit dem Tag, als Wild Willy Trevelyan bei dem Motorradstunt ums Leben gekommen war, hatte Harry sich diesem intensiven Bewußtseinszustand nicht mehr geöffnet. Er rief sich in Erinnerung, daß ihm die Wahrheit, die seine Einsicht an jenem Tag enthüllt hatte, nicht gefallen hatte. Auch heute nacht gefiel ihm das vielleicht nicht, was er herausfand. Das Wissen, das sich im Laufe der Anstrengung einstellen würde, reizte ihn nicht. Selbst bei den kleinsten Einsichtsblitzen fühlte Harry sich auf qualvolle Weise verletzlich. Die tiefgehende Erforschung, die er heute vornehmen wollte, würde um einiges schlimmer sein. Womöglich gefährdete er mit diesem Experiment seine geistige Gesundheit. Er haßte die Furcht, die in der Dunkelheit seines Unbewußten auf ihn lauerte. Aber er

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