Traeumen Roboter von elektrischen Schafen?
Partikeln gesättigte Morgenluft umgab ihn grau und wolkenverhangen und stach ihm in die Nase. Unwillkürlich glaubte er den Tod zu riechen. Aber das ist wohl übertrieben, sagte er sich, als er auf das Rasenstück zuging, das ihm zusammen mit der viel zu großen Wohnung gehörte. Das Erbe des letzten Weltkriegs ließ in der Wirkung schon nach. Wer den Staub nicht vertragen konnte, war schon seit Jahren vergessen. Die Strahlung war jetzt schwächer und traf die kräftigen Überlebenden; sie verwirrte nur noch den Geist und schädigte die Fortpflanzungsfähigkeit. Trotz seines Bleischutzes drang der Staub zweifellos auch in ihn ein und durchsetzte ihn täglich, bis er sich endlich zur Auswanderung entschloß, mit einer kleinen Ladung verderblichen Gifts. Bisher hatten die monatlichen Untersuchungen regelmäßig seinen Normalzustand bestätigt: Er war in der Lage, sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen fortzupflanzen. Aber schon im nächsten Monat konnten die Ärzte des Police Department von Los Angeles etwas anderes finden. Ständig tauchten neue “Sonderfälle” auf. Zur Zeit verbreiteten Plakate, Fernsehwerbung und Postwurfsendungen der Regierung das Motto: “Emigrieren oder degenerieren! Wählen Sie selbst!” Sehr wahr, dachte Rick, als er das Tor zu seiner Miniaturweide öffnete und auf sein elektrisches Schaf zuging. Aber ich kann nicht emigrieren, sagte er sich. Mein Job hält mich hier.
Der Besitzer der benachbarten Weide, sein Wohnnachbar Bill Barbour, rief ihm
einen Gruß zu. Auch er trug schon, wie Rick, seine Arbeitskleidung. “Mein Pferd ist trächtig”, verkündete Barbour strahlend. Er deutete auf seinen mächtigen Percheron, der ein wenig blicklos ins Leere starrte. “Was sagen Sie dazu?”
“Was soll ich sagen? Dann werden Sie bald zwei Pferde besitzen”, antwortete Rick. Er stand jetzt vor seinem Schaf. Es lag da und hielt seinen Blick wachsam auf ihn gerichtet, ob er nicht vielleicht einen Leckerbissen mitgebracht hatte. Das nachgemachte Schaf enthielt nämlich eine auf Kornflocken ansprechende Schaltung. Beim Anblick solcher beliebter Frühstücksflocken rappelte es sich in recht überzeugender Weise auf und kam zu seinem Besitzer. “Wovon soll es denn trächtig sein?” fragte Rick. “Vom Wind?” “Ich habe von dem besten Samenplasma gekauft, das in ganz Kalifornien zu haben ist”, erklärte Barbour. “Durch gewisse Beziehungen, die ich zum Staatlichen Zuchtamt habe. Erinnern Sie sich nicht mehr, daß letzte Woche der Veterinärinspektor hier war und Judy untersucht hat? Sie sind ganz scharf auf das Fohlen, weil Judy so ein unvergleichliches Tier ist.” Barbour tätschelte seinem Pferd liebevoll den Hals.
“Haben Sie schon mal daran gedacht, Ihr Pferd zu verkaufen?” fragte Rick. Er hätte zu gern ein Pferd gehabt oder irgendein Tier. Einen solchen Schwindel zu besitzen und zu unterhalten, demoralisierte ihn allmählich. Und doch mußte es aus gesellschaftlichen Gründen sein, wenn man schon nichts Echtes besaß. Barbour sagte entrüstet: “Es wäre unmoralisch von mir, mein Pferd zu verkaufen.”
“Dann verkaufen Sie doch das Fohlen. Zwei Tiere zu besitzen ist noch unmoralischer, als gar keins zu haben.”
Verwundert entgegnete Barbour: “Wie meinen Sie das? Viele Leute haben doch zwei Tiere oder gar drei und vier. Fred Washborne, dem die Algenaufbereitung gehört, in der mein Bruder arbeitet, besitzt sogar fünf Tiere. Haben Sie in der gestrigen Chronikle den Artikel über seine Ente gelesen? Angeblich soll es die größte und schwerste Moscovy an der ganzen Westküste sein.” Rick suchte in seinen Rocktaschen und fand schließlich das abgegriffene, zerlesene Januarheft von Sidneys Tier- und Geflügel-Katalog. Er schlug im Register nach, fand unter “Fohlen” den Hinweis “siehe Pferde, Jgt.” und hatte sogleich den allgemeinen Richtpreis zur Hand! “Bei Sidney könnte ich ein Fohlen für fünftausend Dollar kaufen”, sagte er laut.
“Können Sie nicht”, widersprach Barbour. “Sehen Sie sich die Liste noch einmal genauer an. Der Preis ist kursiv gedruckt. Das bedeutet, daß keine Fohlen vorrätig sind, es wäre nur der Preis, falls sie welche hätten.” “Und wenn ich Ihnen zehn Monate lang monatlich fünfhundert Dollar zahle?” schlug Rick vor. “Den vollen Katalogpreis?”
Mitleidig sagte Barbour: “Deckard, Sie verstehen eben doch nichts von Pferden. Es hat seinen guten Grund, warum Sidney keine Percheron-Fohlen anbieten kann. Sie sind zu selten,
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