Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
zögere. Ich weiß, dass sie immer noch der Meinung ist, ich sollte Nat mitnehmen. Vor allem nach dem Zwischenfall im Fitnessstudio, den sie zum »Zeichen« deklariert hat, dass das Universum uns wieder zusammenbringen will; dass die Legende ihren Zauber wirkt.
In einem stimme ich ihr völlig zu. Es war ein Zeichen. Ein Zeichen, dass Sport tatsächlich Mord ist.
»Niemanden«, entgegne ich trotzig. Ganz kurz muss ich an Adam denken. Den hätte ich gerne gefragt, ob er mitkommen möchte, aber nachdem ich ihn da mit dieser Brünetten gesehen habe … Ich zwinge mich, nicht an ihn zu denken. »Ich biete sie bei eBay an und spende dann das Geld für einen guten Zweck«, erkläre ich bestimmt.
Schlagartig erhellt sich ihre Miene. »Ach, Lucy, was für eine tolle Idee.« Sie grinst, und Nate ist schnell vergessen. »Ich wüsste da was. Eine Orang-Utan-Auffangstation, in der ich mitgearbeitet habe, als ich auf Borneo war.«
»Perfekt.« Lächelnd versuche ich, ein flusspferdmäßiges Gähnen zu unterdrücken. Es war ein langer Tag, und nicht gerade einer meiner besten. Um ganz ehrlich zu sein, will ich einfach nur noch ins Bett und alles schnell vergessen. »Also, mir reicht’s. Ich glaube, ich gehe schlafen.« Womit ich mich vom Sofa mühe.
»Okay, gute Nacht.« Sie winkt mir kurz zu und wendet sich dann wieder ihrer Traumtafel zu. »Wie viele ›s‹ sind in ›Glückseligkeit‹? Eins oder zwei?«
Ich bleibe im Türrahmen stehen. »Ähm, zwei, glaube ich.«
»Cool, danke«, murmelt sie und greift zu Klebestift und Schere. Als ich gehe, attackiert sie wild entschlossen einige Zeitschriftenblätter.
Fünfzehn Minuten später liege ich auf dem Bett, meinen Laptop vor mir. Vergessen Sie Männer, ich heirate mein MacBook. Es ist zuverlässig, immer da, wenn man es braucht, und man kann damit sogar auf Shoppingtour gehen, denke ich, während ich auf eBay klicke.
Ich gehe zu »Verkaufen« und tippe die Beschreibung ein: »Eine Karte für eine Broadway-Aufführung des Theaterstücks ›Tomorrow’s Lives‹ «. Dann schreibe ich noch einige Einzelheiten dazu und stelle das Angebot online. Hoffentlich bietet
jemand darauf, denke ich und suche dann nach etwas, worauf ich meinerseits bieten könnte. Ich brauche wirklich dringend eine neue Tasche … Ich schnüffele ein bisschen bei den Vintage-Modellen. Normalerweise kann ich das stundenlang, aber heute Abend bin ich nicht ganz bei der Sache. Meine Gedanken kehren immer wieder zur Galerie zurück und zu Adam. Was mich ein bisschen traurig stimmt. Ich habe mich nicht mal von ihm verabschiedet.
Und das bereue ich jetzt. Ich frage mich, was er wohl macht. Vermutlich irgendwas mit der hübschen Brünetten, stelle ich mir selbstquälerisch vor. Sicher amüsieren sie sich gerade köstlich, während ich mit meinem Laptop-Ehemann im Bett liege. Geistesabwesend starre ich an die Decke und lausche auf das dröhnende Summen des Ventilators auf dem Fensterbrett.
Ehe ich noch tiefer im Selbstmitleid versinken kann, werde ich vom Ping einer E-Mail aus meinen Gedanken gerissen, die in meinem Posteingang auftaucht. Zerstreut gucke ich darauf. Sie ist von Facebook.
Adam Shea hat dir eine Nachricht auf Facebook gesendet.
Es ist, als hätte mich jemand in die Steckdose eingestöpselt. Adam! Der Adam. Adam-der-plötzlich-die-Leuchte-an-meinem-Taxi-wieder-angeknipst-hat- Adam ?
Wie elektrisiert klicke ich die Nachricht an, die mich zu Facebook und seinem Profilbild führt. Das schaue ich mir ganz genau an. Ein Foto von ihm mit einem albernen Hut und einer Brille auf der Nase. Ein gutes Zeichen. Ein Facebook-Foto verrät eine ganze Menge über einen Menschen. Schwarz-Weiß-Porträts oder Schnappschüsse im Bikini (Frauen) oder mit freiem Oberkörper und mürrischem Blick (Männer) sind irgendwie höchst bedenklich.
Genauso wie Leute mit hunderten und aberhunderten von
Freunden. Ich meine, das sind doch keine echten Freunde, das sind bloß Leute, die man irgendwann mal in einem Club getroffen hat oder in der Schlange vor der Supermarktkasse …
Ich schaue mir Adams Profil an. Er hat siebenundfünfzig Freunde – nicht zu wenig, nicht zu viel, genau richtig, denke ich hocherfreut und komme mir vor wie Goldlöckchen bei den drei Bären.
Jetzt bin ich dran. Lust auf einen richtig guten Film? Du warst verschwunden, ehe ich dich fragen konnte. Sag einfach ja, und du brauchst nur noch das Popcorn zu besorgen.
Mit einer Mischung aus Freude und Aufregung starre ich auf die Nachricht.
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