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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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einen Mann, der aussieht wie Mitte achtzig, ist er erstaunlich agil.
    Ich werfe einen Blick auf meine Liste. Robyn hat bereits Schinkenknochen, Knoblauch und sämtliche exotischen Kräuter aufgetrieben. Die Kerzen habe ich auch. Bleibt nur noch …
    »Verkaufen Sie auch Federn?«
    »Federn?«, knurrt er brüsk. »Was denn für Federn?«
    »Schwarze, vorzugsweise Raben- oder Krähenfedern.«
    Er fährt sich mit dem Fingernagel über das stoppelige Kinn und beäugt mich misstrauisch. »Haben Sie das Schild nicht gelesen? Das hier ist ein Haushaltswarenladen, keine Zoohandlung.«
    »Oh, Entschuldigung, ja natürlich«, stammele ich, bezahle rasch und verlasse fluchtartig den Laden. Wie peinlich. Dem muss ich ja vorgekommen sein wie ein völlig verrücktes Huhn.
    Ich mache mich auf den Weg zurück nach Hause. So, das war’s dann wohl, denke ich.Wenn ich keine Federn auftreiben kann, dann kann ich den ganzen Zauber vergessen. Insgeheim bin ich mächtig erleichtert, so unverhofft aus dem Schneider zu sein. Beschwingt spaziere ich um eine Ecke, da weht mir unerwartet eine warme Sommerbrise ins Gesicht. Überall um mich herum wird der Abfall von der Straße aufgewirbelt, meine Plastiktüte wird hochgepustet und dreht sich wie eine Ballerina, und dann sehe ich, wie etwas an mir vorbeiflattert und gleich vor mir auf dem Bürgersteig liegen bleibt. Ich schaue hinunter.
    Zwei Federn. Zwei schwarze Federn.
    Ich bin ja beileibe nicht abergläubisch, aber wenn das mal kein Zeichen war, dann weiß ich es auch nicht.
     
    Um halb zehn steht alles bereit, und ich bin so weit. Na ja, fast jedenfalls.
    »Federn?«, fragt Robyn. Sie hat sich mit einer Liste sämtlicher Zutaten, die ich für den Zauber brauche, bewaffnet und geht nun jeden einzelnen Posten noch einmal durch, damit ich auch ja nichts vergesse.
    Ich ziehe die Federn aus dem Beutel und schwenke sie wie eine Trophäe.
    »Abgehakt.« Mit feierlichem Ernst setzt Robyn ein Häkchen hinter diesen Punkt auf ihrer Liste. Klingt beinahe wie eine Militäroperation: Operation Auf Nimmerwiedersehen.
    »Rote Schnur?«
    Ich wiederhole den Vorgang.
    »Abgehakt.«
    »Schinkenknochen?«
    Ich wühle ihn aus meinem Rucksack. Das Ding habe ich in Nates Boxershorts gewickelt. Seine Wäsche habe ich zwar zurückgebracht, aber die Shorts habe ich behalten.
    Einerseits, weil ich ein Kleidungsstück für meinen Bannspruch brauche, andererseits jedoch auch, weil Nate diese Boxershorts sowieso nicht tragen sollte. Nicht bei mir. Und auch bei keiner anderen Frau. Die muss einfach verschwinden. Ich sehe das als Dienst an der gesamten Frauenschaft. Wie das Wahlrecht zu erkämpfen oder die Gleichberechtigung: Nach mir wird keine Frau mehr den Schrecken von Comic-Ananas-Boxershorts erleiden müssen.
    »Spitze!« Nachdem sie alle Punkte auf ihrer Liste abgehakt hat, strahlt Robyn mich übers ganze Gesicht an. »Tja, dann, viel Glück!«
    »Danke.« Ich lächele etwas unsicher. Irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, dass ich es brauchen werde.
    Eigentlich wollte ich ja, dass Robyn mitkommt, aber sie kann nicht, weil sie zu einem ihrer Reiki-Heilerkurse musste. Außerdem meinte sie, ich müsse ohnehin allein gehen, weil der Zauber sonst nicht wirken könne. »Das verlangt die Magie«, erklärte sie mir.
    Die Magie, so scheint es, verlangt eine ganze Menge.
    Also verlasse ich allein das Haus und marschiere zu dem klitzekleinen Park ein paar Straßen weiter. Na ja, eigentlich ist es nicht mal ein richtiger Park, mehr ein kleines begrüntes Dreieck mit ein paar Bänken, einigen Blumenbeeten und einem kleinen Rasenflecken. Tagsüber wimmelt es dort von Menschen, die auf den Bänken Mittag essen oder ausgestreckt auf dem Rasen liegen und sich unterhalten, die Zeitung lesen oder sich einfach bloß an dieser kleinen grünen Oase inmitten
der stählernen Wolkenkratzer erfreuen, an den bunten Farbtupfen der Blumen vor dem grauen Beton.
    Aber jetzt, am späten Abend, ist der Platz leer und verlassen und stockduster.Wobei es in Manhattan eigentlich nirgendwo richtig dunkel wird, bei all den vielen Lichtern. Trotzdem ist es ziemlich dunkel hier, denke ich mit einem kleinen nervösen Flattern in der Magengrube.
    Ich probiere, das Tor aufzudrücken. Es ist abgeschlossen. Also muss ich wohl oder übel rüberklettern.
    Nicht zum ersten Mal stelle ich meine eigene Zurechnungsfähigkeit in Frage, aber wie meine Schwester mir eingetrichtert hat, muss ich das große Ganze im Auge behalten. »Vergiss den Quatsch, von wegen der

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