Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
schlafen.
Oh nein.
Oh nein, oh nein, oh nein.
Allein bei dem Gedanken schüttelt es mich schon. Vor ein paar Wochen gab es nichts, was ich lieber getan hätte, als zu Nate ins Bett zu steigen, aber heute kann ich mir eigentlich nichts Schlimmeres vorstellen. Wie meine Schwester schon so weise sagt, es ist alles eine Frage des Timings. Und mein Timing ist einfach beschissen, denke ich mit einem Blick auf Nate.
Und was ist mit unserem Waffenstillstand?
Den Waffenstillstand hat er selbst gebrochen, als er sich ins Bett gelegt hat , argumentiert der andere Teil meines Hirns.
Aber …
In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt , erinnert sie mich. Und wenn man seinen Seelenverwandten nicht mehr loswird.
Also gut, dann soll es so sein. Ich bin dabei. Mitgefangen, mitgehangen.
Ich komme mir vor wie ein Soldat kurz vor der entscheidenden Schlacht, als ich Kulturbeutel und »Uniform« nehme und ins Badezimmer marschiere. Irgendwie muss ich mich so unattraktiv wie möglich machen, sage ich mir, während ich mir das Make-up aus dem Gesicht schrubbe. Zwei kleine Schweineäugelchen blinzeln mich aus dem Spiegel an. Ich knuddele mir die Haare zu einem unansehnlichen Dutt mitten auf dem Kopf zusammen. Gar nicht schlecht. Dann quetsche ich ein bisschen Zahnpasta aus der Tube und tupfe mir zwei dicke Kleckse – einen auf die Nase, einen aufs Kinn – als Pickelcremeersatz ins Gesicht. Abstoßend! Ausgezeichnet.
Und nun zu meiner Schlafaufmachung. Himmel, was ein paar Wochen doch ausmachen können. Als ich noch mit Nate ins Bett ging, habe ich vorher Lipgloss aufgetragen, mir Parfum auf die Handgelenke und hinter die Ohrläppchen getupft und bin in meine Dessous für besondere Gelegenheiten geschlüpft. Jetzt ziehe ich mir ein altes, angegrautes Unterhemd über und dazu eine riesengroße, potthässliche Unterhose, die ich immer für den Notfall dabeihabe. Was auch für die Tampons gilt.
Ich krame die Schachtel aus und verteile den Inhalt großzügig im gesamten Badezimmer, wie man sonst womöglich Rosenblüten vor einem Rendezvous mit dem Liebsten verstreuen würde, und als Sahnehäubchen gibt’s noch eine Tube Canesten (gehört auch zu meiner Notfallausrüstung), die ich gut sichtbar gleich neben dem Waschbecken platziere, mit den Worten »Gegen Pilzinfektionen« obendrauf. Ich bin ein Genie! Dann werfe ich einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel, erschrecke mich beinahe zu Tode und gehe dann zurück ins Schlafzimmer.
Verdammt, sieht aus, als sei er schon eingeschlafen. Beim Anblick von Nate, wie er alle viere von sich gestreckt mitten auf dem Bett liegt und die ganze Decke vereinnahmt hat, sehe
ich meine Felle davonschwimmen. Die ganze Mühe kann doch nicht umsonst gewesen sein … Ich muss mir was einfallen lassen. Schnell greife ich zur Fernbedienung und knipse den Fernseher an. Schlaflos in Seattle läuft gerade. Perfekt. Männer hassen diesen Film. Ja, einer meiner Exfreunde fand den Film sogar so schlimm, dass er jedes Mal Pickel kriegte, wenn Meg Ryan auf dem Bildschirm erschien.
Entschlossen drücke ich auf den Lautstärkeknopf und drehe den Ton auf.
»Hä?« Schlaftrunken dreht Nate sich um und schlägt die Augen auf. Bei meinem Anblick schreckt er merklich zurück. »Himmel, was hast du denn da im Gesicht?«
»Pickelcreme«, erkläre ich gleichmütig und ziehe meine riesengroße Oma-Unterhose hoch. Ich sehe, wie er mich kurz angewidert mustert. »Ich sehe aus wie ein Streuselkuchen. Musste eben im Bad zwei Riesenkrater ausquetschen.« Ich ziehe eine Grimasse. »Du hättest sehen sollen, was da alles rauskam!«
Er sieht aus, als müsse er sich gleich übergeben.
Nonchalant schlage ich die Bettdecke zurück, schlüpfe unter das Laken und dann, für einen Wimpernschlag, spüre ich den winzig kleinen Anflug eines Zweifels. Was, wenn mein Aufzug ihn nicht abtörnt? Was, wenn er – ich muss schlucken, als mein Magen sich vor Panik zusammenknotet – total notgeil ist?
Ein erschreckender Gedanke, dem gleich der nächste folgt: Was, wenn Kate wirklich recht hatte und er mich zurückhaben will?
Ach du Schande, ich weiß … Schnell rufe ich mir den Plan wieder ins Gedächtnis, stecke mir den Finger ins Nasenloch und fange an, hingebungsvoll in der Nase zu popeln, damit er erst gar nicht auf dumme Gedanken kommt. Aber ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen, denn er rutscht gleich angeekelt so weit wie möglich auf seine Seite des Betts.
»Na dann, gute Nacht«, zwitschere ich und zwinge
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