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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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schroffen Südstaatenakzent.
    »Ich bin Lucy Hemmingway. Ich komme von Number Thirty-Eight, einer Galerie in New York.« Himmel, ich plappere ohne Punkt und Komma.
    Schwungvoll streckt er eine Hand aus, so groß wie ein Teller. »Artsy. Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Klar. Das musste er ja sein. Wer würde sonst in so einem
Aufzug hier rumlaufen? »Oh … hi«, stammele ich. Lächelnd gebe ich ihm die Hand. Er ist so ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte, wobei ich gar nicht so genau weiß, was ich mir eigentlich vorgestellt hatte, weil er sich ja nie fotografieren lässt.
    Er reicht mir eine Schaufel. »Sie können mir helfen, die Kartoffeln auszugraben.«
    Die Kartoffeln ausgraben? Zweifelnd gucke ich runter auf die Erde und versuche, nicht an meine neuen Sandaletten zu denken, die ich eigens zu diesem Treffen angezogen habe. »Ähm … danke.«
    Zum Glück ist Artsy, wie es scheint, nicht nur Künstler, sondern auch ein perfekter Gentleman.
    »Bitte, ziehen Sie die doch über«, sagt er und hält mir lächelnd zwei Plastiktüten unter die Nase. »Für Ihre Füße, damit sie nicht schmutzig werden.«
     
    Die nächste Stunde verbringe ich damit, mit Plastiktüten um die Füße Kartoffeln auszugraben. Leicht surreal, und nicht unbedingt der gute erste Eindruck, den ich eigentlich hinterlassen wollte, aber schließlich ist Artsy bekannt für seine exzentrische Art, weshalb ein kleiner gemütlicher Plausch bei einem gepflegten Cappuccino wohl ohnehin nie zur Debatte stand.
    Die ganze Zeit über reden wir nicht von Kunst. Wir sprechen übers Kompostieren, über biologischen Dünger und die Vorteile von Pferdemist im Vergleich mit Kuhmist. Wobei er aus verständlichen Gründen wesentlich mehr zu erzählen hat als ich – meine Erfahrungen mit Kuhmist beschränken sich auf das eine Mal, als ich in der Nähe meines Elternhauses mal auf einem Bauernhof in einen Kuhfladen getreten bin –, und mein Beitrag zu dem Gespräch besteht darin, höflich zuzuhören und ihn verstohlen aus den Augenwinkeln anzustarren. In dem Artikel stand nichts über sein Geburtsdatum – er macht
ein großes Geheimnis darum, genau wie um diverse andere persönliche Dinge –, aber unter dem Bart und der Fliegerbrille versteckt sich, da bin ich mir ziemlich sicher, ein Mann etwa Mitte dreißig.
    Und ein ziemlich gutaussehender dazu, stelle ich fest, als ich die durchdringenden blauen Augen bemerke und die makellosen weißen Zähne, die er hinter dem Bart versteckt und nur beim Lachen entblößt. Es ist, als gehörten der Bart und die schrullige Aufmachung zu seiner Tarnung. Würde er jedoch den Bart abrasieren und T-Shirt und Jeans anziehen, dann wäre er echt ein verdammt gutaussehender Kerl, wie mir da aufgeht, als er die Ärmel hochkrempelt und darunter zwei kräftige, gebräunte Arme zum Vorschein kommen.
    Nach einer anstrengenden Stunde in der brütenden Sonne verkündet er schließlich stolz, wir hätten uns ein Eis verdient.
    »Vanille oder Pistazie?«, fragt er, als wir zu einer der Scheunen marschieren, in der ein gewaltiger Kühlschrank mit der Aufschrift »Iss mich« steht. Schwungvoll reißt er die Tür auf, und drinnen ist nichts als Eiscreme und Eishörnchen.
    »Vanille, bitte.« Ich muss über seine leicht spleenige Art lächeln.
    »Kommt sofort.« Schnell schnappt er sich ein Waffelhörnchen, kratzt Eis zu einer Kugel zusammen, die er in das Hörnchen setzt und dann mir reicht, um sich anschließend ebenfalls eins zurechtzumachen. »Köstlich, was?« Beifallheischend schaut er mich an. »Ich liebe diese Hörnchen. Die werden aus echten Waffeln gedreht, schon gemerkt?«
    »Mmm, lecker.« Ich nicke anerkennend.
    »Also …« Er leckt an seinem Eis und schaut mich aufmerksam an.
    »Also …«, sage ich und versuche, ganz entspannt und gar nicht nervös zu wirken, obwohl ich das eigentlich bin. Ich kann es nicht noch weiter aufschieben. Ich muss das Gespräch
auf seine Arbeit bringen. Also hole ich tief Luft und schlucke schwer. »Wegen Ihrer Arbeiten …«
    »Möchten Sie sie sehen?«, fragt er und strahlt dabei wie ein Honigkuchenpferd.
    Vollkommen verdattert starre ich ihn bloß an. Mensch, das war aber einfach. »Supergerne«, sage ich nickend, während mir ein Stein vom Herzen fällt, und grinse von einem Ohr zum anderen. »Liebend gerne.«
    Sein Atelier ist in einer großen Scheune auf der Rückseite des Bauernhauses untergebracht. Als er die Tore zurückschiebt, fällt das Sonnenlicht in breiten

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